Zitat von victory78 im Beitrag #75 Sind die Scheiben am Großmast funktionell oder angedeutet?
Es sind zwar ganze Scheiben, aber festgeklebt. Bei einem Standmodell sehe ich keinen Grund dafür, die Scheiben drehbar zu machen. Ich werde allerdings noch Achsen (die bisher nicht drin sind) einsetzten, die sind an den Wangen ja sichtbar.
Herstellung der Taue: Wie gestern schon angeführt, brauche ich, obwohl der Rumpf noch nicht fertig ist, demnächst die ersten Taue. Ich beabsichtige alle Taue selbst schlagen, da es im Handel kaum wirklich qualitativ hochwertiges Takelgarn in den benötigten Abmessungen und Arten (Hawsers,3 und 4 strängige Kabel) gibt.
Um festzustellen,was ich alles brauche, habe ich begonnen, die Informationen aus Anderson's Buch "Rigging of Ships in the Days of the Spritsail Topmast" in eine Excel Tabelle einzuarbeiten. Im Buch (und damit in meiner Tabelle) sind die Abmessungen aller Taue in Abhängigkeit vom Umfang (bzw. Durchmesser) des Großstags als stärkstes Tau angegeben, der Großstag wiederum in Abhängigkeit des größten Durchmessers des Großmasts.
Wenn die Tabelle fertig ist, kann ich sie für auch andere Modelle der gleichen Periode verwende, ich brauche lediglich den Mastdurchmesser einzusetzen und bekomme damit alle Taustärken.
Als nächstes habe ich dann begonnen, probehalber verschiedenen Taue aus dem dünnsten Garn, das ich im Nähzeug meiner Frau gefunden habe, zu schlagen, um festzustellen, welche Durchmesser ich bei Verwendung von mehr oder weniger einzelnen Garnen für Haswers und Cables (3 und 4 strängig) erhalten kann.
Meine Reeperbahn habe ich aus einfachsten Mittlen selbst gebaut. Das Planetengetriebe für den Looper (hier weiß ich auch wieder nur die englischen Ausdrücke) habe ich aus Lego gebaut, der Traveller ist ein Winkel aus Sperrholz, in den ich einen Haken drehbar eingesetzt habe und der Top ist ein konisches Stück Rundholz, in das 7 Kerben als Führung der einzelnen Stränge eingearbeitet sind. Der Looper hat 4 Haken, damit ich wahlweise drei- oder viersträngige Taue schlagen kann, deshalb auch die 7 Nuten im Top (bei viersträngigen Tauen verwende ich andere Nuten als bei dreisträngigen). Looper und Traveller sind nicht fix auf dem Grundbrett montiert, ich spanne sie mit Schraubzwingen auf und bin damit in der Länge flexibel.
Hier ein Bild der gesamten Reeperbahn, auf einem verhältnismäßig kurzem Grundbrett montiert:
Als erstes habe ich verschiedene rechts- und linksgeschlagene Taue hergestellt, um ein Gefühl für die richtige benötige Spannung und vERdrillung zu bekommen, nach einigen Versuchen war das Ergebnis schon ganz passabel. Im Bild fünf verschiedene links- und ein rechts geschlagenenes Tau:
diese Taue sind alles sogenannte Hawser, die aber normalerweise alle rechts geschlagen sind. Links geschlagen Taue sind üblicherweise Kabel (das sind Taue die aus 3 rechts geschlagenen Hawsern dann links geschlagen werden - englisch: cable laid).
Herstellung eines 3 strängigen Kabels:
Die 3 über den Top eingespannten Hawser, noch nicht verdrillt am Haken des Travellers:
Obwohl sich ein gut gefertigtes Tau an Schnittstellen kaum aufdröselt, sichere ich die Enden mit einem Tropfen UHU Hart.
Das nächste Bild zeigt ein Kabel (ca. 1,7 mm Durchmesser) und die 3 Hawser aus denen es geschlagen ist. Aus 3 x 4 Garnen mit ca. 80 cm Länge bekomme ich Haser mit ca. 60 cm Länge, 3 solcherHawser ergeben dann das aus 9 Strängen geschlagenen Kabel mit ca. 42 cm Länge. Das heißt, im Endprodukt sind 36 Garne mit einer Gesamtlänge von ca. 24 m verarbeitet! Ich war zuerst ziemlich überrascht, wie schnell eine 100 m Spule Garn aufgebraucht war. R0020073 (800x600).jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Zitat von amateur im Beitrag #78Sieht gut aus. Wass fuer Garen verwendest du?
Jan
Ich habe bisher 2 verschiedene Garne verwendet, beide sind Polyestergarne verschiedener Hersteller . Das braune Garn ist nicht ganz so fein wie das helle. Ich mache jetzt Versuche das helle Garn zu färben. Ich habe mich noch nicht entschieden, was ich endgültig nehmen werde. Gestern habe ich mit dem hellen Garn das dünnste damit mögliche Kabel geschlagen (3 Hawsers aus je 3 Garnen), das Ergebnis war ein Kabel mit ca. 0,4 mm Durchmesser, das mich aber vom Aussehen her nicht überzeugt hat. Ein links geschlagener Hawser (3 x 3 Garne) mit ungefähr gleichem Durchmesser sieht besser aus.
Ein sehr schöner Gesamteindruck, freigestellt wirkt das Modell richtig fein. Eine Frage hätte ich dann doch. Ist die Masttoplänge nicht ein wenig kurz? Die Sailinge fehlen noch, bleibt da am Großmast noch viel übrig?
Zitat von pollux im Beitrag #82Ein sehr schöner Gesamteindruck, freigestellt wirkt das Modell richtig fein. Eine Frage hätte ich dann doch. Ist die Masttoplänge nicht ein wenig kurz? Die Sailinge fehlen noch, bleibt da am Großmast noch viel übrig?
Bei den Abmessungen habe ich mich an das Buch von Anderson und Brian Lavery's "Susan Constant" gehalten (Lavery beruft sich dabei auch wieder auf Anderson). Der Abstand von Oberkante Saling zur Unterkante Eselshaupt ist 12 mm (entspricht 768 mm bei Originalgröße), das sollte genug Platz sein.
Zitat von amateur im Beitrag #83Andere Frage: hatten die englishe Schiffen in diese Zeitraum schon das System mit mastcaps, und Bewegliche Stengen?
Jan
Anderson beschreibt in seinem Buch nichts anderes. Das früheste Werk, das er als Quelle benutzt und das diese Art von beweglichen Stengen mit Topropes benutzt, ist von 1625 (es scheint kein früheres zu geben), bewegliche Stengen werden aber zu diesem Zeitpunkt sicher keine brandneue Erfindung gewesen sein. Lavery hat für die Susan Constant von 1605 die Topmasten auch so ausgeführt. Ich glaube man kann den beiden trauen.
Zitat von pollux im Beitrag #82Eine Frage hätte ich dann doch. Ist die Masttoplänge nicht ein wenig kurz? Die Sailinge fehlen noch, bleibt da am Großmast noch viel übrig?
Ich möchte nochmals auf diesen Punkt zurück kommen. Nachdem Holger's scharfes Auge Ungereimtheiten bei der Länge des Masttops festgestellt hat, hat mir das keine Ruhe gelassen und ich habe die Angelegenheit noch einmal anhand meiner Bücher überprüft und auch Fotos von verschiedene Modellen angesehen um festzustellen, ob ich nicht doch einen Fehler gemacht habe. Die Bilder einiger Modelle schienen das zu bestätigen. Sowohl beim Hohenzollernmodell (holländischer Zweidecker) als auch bei der Prins Willem ist das Eselhaupt weit höher über den Marsen als es bei meinen Masten (mit den jetzigen Dimensionen) der Fall wäre. Dann habe ich meine Zeichnungen nochmals mit den Angaben von Anderson und Brian Lavery überprüft und zu meiner Beruhigung festgestellt, dass ich mit der gewählten Länge für mein Modell doch richtig liege . Laut Anderson ist die Länge des Großmasts (von der Mastspur bis Oberkante Eselshaupt bei großen englischen Schiffen 2,5 x die Schiffsbreite, bei kleinen bis zu 3 x die Breite. Nachdem die Mayflower ein eher kleines Schiff war habe ich in Anlehnung an Lavery's Susan Constant 2,8 x Breite angenommen (bei holländischen Schiffen wird bis zu einer Breite von 27 Fuß die 3 fache Breite als Mastlänge angegeben). Als Länge des Masttops gibt Anderson sowohl für englische als auch holländische Schiffe 1/10 der Mastlänge an, wobei das untere Drittel davon für auf die Hounds entfällt (damit ergibt sich die Unterkante der Saling), die oberen 2/3 sind vierkantig. Allerdings schreibt er etwas weiter hinten in seinem Buch, dass bei verschiedenen (speziell kontinentalen) Modellen die Tops doch etwas länger sind, bis zu 1/7 der Mastlänge. Anfang des 17. Jahrhunderst waren die Tops relativ kurz und wurden später länger. Ich habe dann auch bei Ketting (Prins Willem) nachgelesen und der schreibt, dass das Zehntel der Mastlänge für den Teil des Masts gilt, der über die Mars hinausragt - das gibt schon einen ziemlich großen Unterschied. Laut James Lees war bei englischen Schiffen bis 1670 die Länge des Tops 3,75 Zoll pro Yard Mastlänge (entspricht 1/9,6), verlängerte sich dann auf 4,5 Zoll pro Yard (1670 bis 1700), 4 Zoll/Yard von 1700 bis 1719.
Unter dem noch nicht eingebauten Halbdeck habe ich die Kreuzhölzer für die Großschoten eingeklebt und wollte dann noch das Spill einkleben, um endlich das Deck einbauen zu können. Dann habe ich mich aber entschlossen, auch noch die Deckplanken zu dübeln (noch einmal ca. fünf hundert zusätzliche Dübel). Für die Decks habe ich mich für die bekannte Zahnstochermethode entschieden (Lochdurchmesser 0,6 mm), das sollte mich nicht zu lange aufhalten:
in der Tat wurde für die Topp-Länge 1/10 der Mastlänge gewählt. Dieses Maß wurde vom Schlossholz aus gemessen. Der Bereich, wo die Umlenkrollen angeordnet waren, wurde auf ca. 5 Fuß festgelegt und zählte nicht zur Länge der Stengen.
die seitlich am Mast angeordneten Hölzer waren im übertragenen Sinne als Knie zu sehen. Du solltest sie weiter nach vorne verlängern. Dann könnten sie ihrer Aufgabe gerecht werden, nämlich das Gewicht der Stengen usw. aufzunehmen und an den Untermast weitergeben.
die seitlich am Mast angeordneten Hölzer waren im übertragenen Sinne als Knie zu sehen. Du solltest sie weiter nach vorne verlängern. Dann könnten sie ihrer Aufgabe gerecht werden, nämlich das Gewicht der Stengen usw. aufzunehmen und an den Untermast weitergeben.
Das habe ich einmal als Mast für die Golden Hind nach der Rekonstruktion von Hoeckel gebaut, ist aber laut Anderson und James Lees für die Zeit vor 1640 falsch, bis dahin ragten die Hounds noch nicht nach vorne bis zum Topmast hinaus. Das war auch den Masten der Wasa noch nicht der Fall.
Ja, das war mein Anliegen. Ich wusste natürlich nicht, wann diese Knie in der von mir vorgeschlagenen Form eingeführt wurden. Da ich mich mehr in der Mitte des 17. Jahrhunderts bewege, ist mir das wohl nicht aufgefallen. Danke für den Hinweis.