Ich denke, jeder Modellbauer hat eine Art innerer Hitparade der größten Fehler, die er in seiner Bastelkarriere gemacht hat. Auf meiner steht ganz weit oben, wenn nicht an Nummer 1, das Projekt des Umbaus des 2017 frisch erschienenen Revell-Bausatzes der Black Pearl im Maßstab 1:150 in eine kleine holländische Fregatte aus dem siebzehnten Jahrhundert im gleichen Maßstab. Ich habe damals bei dem Versuch, Zeit und Gehirnsschmalz zu sparen, so viel Zeit verplempert, dass ich locker ein halbes Dutzend weiterer Projekte – mit besserer Planung! – hätte realisieren können. Hätte ich mir damals halbwegs praktikable Pläne eines solchen Schiffstyps besorgt, dann hätte ich womöglich in ein paar Nachmittagen einen Rumpf erstellen können, mit dem ich ganz zufrieden gewesen wäre. Stattdessen habe ich Wochen und Monate an dem Plastikstück von Revell herum gefeilt, gesägt und gegossen, bis es sich meinen Vorstellungen annäherte. Zusätzlich bin ich während des Baus auf die leicht bescheuerte Idee verfallen, einen höchst passgenauen Bausatz des besagten Schiffstyps (im Resingussverfahren natürlich) herzustellen. Dabei bin ich in immer neue Probleme gelaufen; und kaum hatte ich die gelöst, überholten mich von hinten die Ansprüche. Ich musste im März 2018 dem Projekt ein Moratorium verordnen, das insgesamt fast drei Jahre dauerte. Wer sich für die Abfolge von kleinen Erfolgen und großen Desastern interessiert, dem sei der gesamte Baubericht empfohlen, aber Vorsicht! Die Lektüre könnte depressiv stimmen. Vielleicht kann allerdings auch als Abschreckung taugen! Mich die Werkelei an dem Modell jedenfalls gelehrt, dass man leicht Gefahr läuft, bei dem Versuch, ein bisschen Zeit zu sparen, eine ganze Menge Zeit verplempert.
Vor ein paar Wochen habe ich dann die extrem umfangreichen Hinterlassenschaften dieser Sisyphos-Bastelei gesichtet, um einen letzten Versuch zu unternehmen, aus dem bestehenden Material etwas entstehen zu lassen, das mir wenigstens so gut gefällt, dass es Aufnahme in meine Dioramen finden kann. Inzwischen ist mein Projekt eines Van de Velde Dioramas ganz in den Vordergrund meiner Arbeit gerückt, und ich habe in den letzten Monaten mit Huker, Kaag, Fähre und Ministaatenjacht eine Reihe von Akteuren in annehmbarer Zeit und mit zufriedenstellendem Ergebnis auflegen und teilweise auch schon fertigstellen können. Was würde nun besser in ein solches Ensemble passen als eine Kleinversion eines damaligen Kriegsschiffes, sprich: besagte kleine holländische Fregatte. Ich habe dazu aus den Teilen (und besonders aus den Formen) herausgesucht, was mir eine gewisse Tauglichkeit und Zukunft zu haben schien. Hier eine Übersicht über den Bestand, den ich in kaum 3 Monaten geschaffen hatte:
Was lange währt – nein, das wird längst nicht immer gut! Die Menschheitsgeschichte und jeder einzelne weiß von Projekten, die lange gedauert haben, um dann bloß zu scheitern oder zu versanden. Deshalb werde ich meine Vorstellung des momentanen Bauzustands meines Projekts „Black Pearl – Zwarte Parel“ auch sicher nicht mit dem „Was lange währt“-Satz einleiten. Allenfalls mit der Hoffnung, dass es jetzt, nach so langer Zeit, fußend auf Erfahrungen und vor allem Misserfolgen, vielleicht doch noch ein glückliches Ende geben kann. Statt weiterer Beschreibungen meiner Irrungen und Wirrungen zeige ich hier zunächst ein paar Fotos von zwischenzeitlichen Bauzuständen. Die Tendenz ging dahin, immer weniger Teile von dem Revell-Bausatz zu verwenden. Schließlich ist fast das ganze Modell aus (kopierten, also abgegossenen) Teilen anderer Bausätze komponiert worden.
Das ist die Vergangenheit. Möge sie ruhen in Frieden. Die folgenden Bilder zeigen, was ich in relativ kurzer Zeit aus den vorhandenen Formen und Teilen komponiert habe, um – leicht verbesserter Form – den Zustand wieder zu erreichen, an dem ich aufgrund schwerer Fehler bei der Formenherstellung mein Urmodell verloren und danach das Projekt storniert hatte.
In Kürze dann Bilder vom aktuellen Zustand. Schmidt
Schon! Musste denken an die Fregatten welche Van der Velden gezeichnet hat. IMG_1077.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Noch zwei kleine Bemerkungen: die kleine Fregatten hatten oft kein Backdeck, das Backberiech war am aussenseite schon sichtbar, aber war offen. Zweite Bemerkung: et hat bei die Hollaender bis vorbei 1800 gedauert bevor das Kampagedeck verschwunden war: da gab es fast immer Halbdeck und kampagnedeck. (Nur bei sehr kleine schiffen fehlte das halbdeck)
IMG_1078.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
(Beide Abbildungen aus die national maritime museum in greenwich)
Ich bin auch schon lange zum Schluß gekommen, daß Bausätze meist zu einem Resultat führen, bei dem das meiste neu gemacht wurde und man Zeit und Geld gespart hätte, wenn man gleich diesen Weg gegangen wäre. Die Artitek-Bausätze sind da eine gewisse Ausnahme.
Zu Authenzität dieser Fregatte kann ich nichts sagen, da ich mit diesem Jahrhundert nicht auskenne. Hübsch zum Ansehen wird das aber schon und dann sicher auch stimmig in einem Diorama.
Jan, du hast vollkommen Recht! Hier habe ich dummerweise noch an der Architektur des Revell-Modells festgehalten. Da in meinen geplanten Dioramen die Schiffe aus Wasserlinienperspektive fotografiert werden, ist die Gestaltung der Decks nicht so entscheidend. Ich habe allerdings aus den Gussteilen gleich ein zweites Modell gefertigt (De Tweeling, Der Zwilling), bei dem ich ein Kampanjedeck irgendwie hineinfriemeln will. Der Zwilling wird auch ein offenes Backdeck haben. Die Van de Velde Zeichnungen waren auch für mich die Vorlage, wenn es um Platzierung der Barkhölzer und Gestaltung des Heckspiegels ging. Bilder folgen. Schmidt
Inzwischen ist, 3 Jahre, nachdem ich das Projekt aufgelegt habe, ist der anspruchsvollste Teil des Rumpfes so gut wie geschafft: Heckspiegel und Seitengalerie.
Das folgende Bild benennt korrekterweise die Herkunftsorte der Bestandteile. Man soll sich ja nicht mit fremden Federn schmücken. 1. Die Bekrönung ist von Hand modelliert. Magic Sculp. Die Mitte soll eine Muschel darstellen, in die am Schluss eine schwarze Perle gelegt wird. 2. Die Ornamente im mittleren Bereich stammen von den beiden Vasa Bausätzen (Airfix/Revell) und sind neu zusammengestellt. 3. Die Fenster stammen aus dem Airfix Bausatz der SotS, die kleinen Figuren von verschiedenen Modellen. 4. Die beiden Eckensteher sind modifizierte Abgüsse von Figuren, die unser Modellbaufreund für die "Wappen von Edam" hergestellt hat. Die Qualität ist atemberaubend! Die Figur, 11 mm hoch, trägt eien freistehende Pistole im Gürtel. Die Bemalung wird eine echte Herausforderung sein. 5. Die Seitentaschen stammen von der Vasa und wurden modifiziert, unter anderem mit einer Glaube versehen. Die beiden Nixen sind modifizierte sitzende Preiserinnen in N, deren Beine ich in einen Schwanz verwandelt habe. Anschließend wurden sie abgegossen, damit die Abgüsse im halbharten Zustand noch besser an ihrem Bestimmungsort angepasst werden konnten. Leisten und Balken sind selbst gegossene Profile aus Resin. Resin hat vor Polystyrol den Vorteil, dass es sich unter Hitzeinfluss sehr leicht biegen lässt und in der gewünschten Position erkaltet. Es lässt sich mit Sekundenkleber hervorragend verkleben und sehr gut schleifen. Verpatzte Stellen können mit einem Tropfen Resin aufgefüllt und dann neu gestaltet werden.
Und hier noch eine Nahaufnahme. Weiß heben sich die Angleichungen und Auffüllungen mit Magic Sculp hervor. Vor der eigentlichen Lackierung sollte eine "Überhauchung" mit einer Farbe im Holzton zeigen, wo noch Ausbesserungsbedarf besteht.
Der angekündigte Nachtrag zum „Zwilling“. Um ihn von der „Perle“ zu unterscheiden, habe ich ihm eine offene Back gebaut sowie ein verlängertes Achterdeck und ein, allerdings winziges, Kampanjedeck. Die Teile sind gerade im Entstehen. Auch hier bitte ich die Historiker gnädig mit mir zu sein. Immerhin habe ich den Decks eine Balkenbucht angeföhnt!
Zitat von Schmidt im Beitrag #6.... 2. Die Ornamente im mittleren Bereich stammen von den beiden Vasa Bausätzen (Airfix/Revell)... und sind neu zusammengestellt....
Jetzt brauchst du nur noch eine schlüssige Neuinterpretation der von der Vasa übernommenen Buchstaben G. A. R. S. (Gustav Adolph, Rex Sueciae). :-)
Da hat er wieder zugeschlagen, der schlimmste Feind des Guten. Das verlängerte Achterdeck mit dem draufgefriemelten Kampanjedeck sieht beim „Zwilling“ so viel besser aus als das von der Black Pearl übernommene Deck auf der „Perle“. Also habe ich die Abrissbirne von ihrem Maulkorb befreit (hihi) und auch die Perle so weit hergerichtet, dass sie 2 Decks aufnehmen kann. Die neuen Schotten sind geklinktert, ein mit einander überlappenden Klebebändern hergestelltes Roh-Gussteil, das entsprechend angepasst wird. Die seitlichen Stufen sind dünne Resinprofile, die aufgeklebt und an Ort und Stelle zu einigermaßen gleichmäßigen Sprossen verschliffen werden.
Ich wünsche allen noch möglichst frohe und unbeschwerte Feiertage. Zum Glück haben wir ja alle unseren Spleen. Der kann in Zeiten wie diesen helfen. Schmidt
Ich kann es ja selbst kaum glauben, aber demnächst sollte aus dem Rumpf, in den ich so viel Anstrengung investiert habe, ein – nun ja – ganz normales Segelschiff des siebzehnten Jahrhunderts werden. Dazu bedarf es – richtig! – Masten. Inzwischen habe ich alle Vorgaben des Revell-Modells längst aufgegeben, und an die Takelage dieses umgebauten Fischdampfers hätte ich mich sowieso nicht halten können. Ich habe mir verschiedene Pläne von ähnlichen Schiffen der Zeit angesehen und danach die Standorte und die Länge der Untermasten bestimmt. Das wird historischen Forschungen nicht unbedingt standhalten; aber ganz wichtig war es doch, die prospektive Takelage an den Rumpf anzupassen. Hier zunächst der dreidimensionale Seitenriss.
Der Fockmast steht ziemlich weit vorne, so dass die Wanten im Bereich des vorderen Aufbaus untergebracht werden können. Für den Großmast gilt ähnliches. Die beiden Figuren, die das Schanzkleid an beiden Seiten der Kuhl begrenzen, werden nicht tangiert. Ich denke mir für den Fockmast 5, für den Großmast 7 und für den Besan 3 Wanten. Die Rüstbretter sind von der Black Pearl genommen und provisorisch befestigt, sie werden noch abgegossen und auf korrekte Länge gebracht. Nun, was meint ihr? Historisch akzeptabel? Ästhetisch unbedenklich? Oder was? Schmidt
Die Fockmast sollte rechtwinklig Um wasserlinie stehen, und die grossmast sollte etwas minder 'valling' haben, es steht nun wie beim Vasa, und das wird rund 1650nicht mehr gemacht.
Mit dem wanten: muss ich eben nachsuchen, da gibt es ein system, basierend auf Schiffslaenge.
Bin ich wieder: die Fock hat ein want weniger als die Hauptmast, die Besan hat die haelfte der Haupmast. Haupmast hat 6 wanten wann die Schiffslaenge kleiner ist als 100 Fuss, und ein dazu duer jede 15 Fuss extra schifspfslange. Prins Willem hat mit 160 fuss laenge darum 10 wanten: 6 + (160-100)/15
Fuer die obermasten gilt: fuer die grossSteng: halbe anzahl der untermast (das gleiche anzahl der besanmast), die Fockesteng wieder ein weniger als die Grosse Steng. Und wiel dies ein kleines schiff ist, hat es wahrscheinlich kein Besansteng.