Es ist Montagmorgen. Schwere Nebel wabern ums Haus. Aber das sage ich nur so, um ein bisschen Stimmung zu machen. Tatsächlich habe ich noch gar nicht nach draußen geschaut, das lässt mein Adrenalinpegel nicht zu. Gestern Abend habe ich nämlich die letzten Ausbesserungen am neuen Urmodell vorgenommen und für heute Morgen sind die Herstellung der Form und der erste Abguss geplant.
Erste Station: Fest gemauert in der Erden – auch das ist schon wieder Quatsch, denn die Form ist traditionell aus Legosteinen erstellt; und schon dabei bekomme ich eine Ahnung von der Größe, auf die ich mich hier eingelassen habe, denn tatsächlich geht mein ganzer Handvorrat an Legosteinen drauf, und ich muss zusätzliche Steine herbeiholen. Vom Eingießen des Silikons kann ich leider keine Fotos zeigen, da mir dazu der dritte Arm schmerzlich fehlt. Außerdem würden Fotos wenig sagen, man müsste eigentlich ein Video erstellen, das zeigen würde, wie ich das Material einfließen lasse, um Lufteinschlüsse (möglichst!) zu vermeiden.
Zweite Station: Dem Silikon ist es zum Glück ziemlich egal, wie viel davon man anrührt und eingießt, es bleibt bei seiner Standard-Topfzeit. Kein Problem ist es natürlich, die Legosteine zu entfernen.
Dritte Station: Wie zu erwarten, ist etwas Silikon unter das Modell geschlüpft und hat sich im Inneren gesammelt. Es ist aber nicht so viel, wie ich befürchtet hatte, nur eine Ansammlung im vorderen Bereich.
Vierte Station: Das überschüssige Silikon, das ins Innere gedrungen ist, wird mit einer scharfen Schere entfernt, um nicht beim Ausformen dafür zu sorgen, dass die Form beschädigt wird.
Fünfte Station: (zwei Bilder) Mit einer ganz frischen Cutterklinge schneide ich am Bug und am Heck die Form auf, um sie hier spreizen zu können. Die Materialstärke der Form ist an diesen Stellen ausreichend, um zu gewährleisten, dass sich die Form wieder sauber schließen lässt, ohne dass man sie mit Hilfsmitteln zusammenpressen muss. Wiederum nicht zu zeigen ist das Ausformen des Urmodells, das insbesondere aufgrund der beiden Einschnitte gut gelang.
Sechste Station: Das Urmodell hat keine nennenswerten Schäden davongetragen! Ich habe offenbar aus dem ersten misslungenen Versuch ausreichend richtige Lehren gezogen. Lediglich zwei Klebestreifen der Vertuining haben sich gelockert und können leicht wieder befestigt werden.
Siebte Station: Eine genaue Kontrolle der Form ergibt die üblichen „Häutchen“, die dort entstehen, wo etwas Silikon in eine (noch so kleine!) Spalte gedrungen ist. Sie sollten allesamt sauber entfernt werden, da hier die Gefahr besteht, dass beim Abguss diese Ritzen sich mit Resin füllen, das beim Ausformen als Widerhaken wirken und die Form beschädigen kann. Ein kleines sogenanntes Hautmesser ist dafür das richtige Werkzeug. Eine mir unverständliche Fehlstelle ist auf der Mitte des Fotos an einem Barkholz zu erkennen. Im Abguss sollte das allerdings nur eine kleine Beule ergeben, die man leicht wegschleifen kann.
Achte Station: Und jetzt ist erst mal Schluss mit der Erfolgsgeschichte! Ich hatte nicht vorgehabt, die Form in einem einzigen Guss voll auszugießen. Aber schon einhundertfünfzig Gramm Resin (eine Menge, die ich noch nie angerührt habe) beschleunigen die Topfzeit dramatisch, so dass etwa das letzte Drittel aus dem Gefäß schon halb abgebunden in die Form platscht. Verständlicherweise ist daher auch äußerst wenig Zeit, um beim Eingießen des Resins eine eventuelle Blasenbildung zu beobachten und zu verhindern.
Neunte Station: Um den Abguss nicht gleich aufzugeben, lasse ich das Resin abbinden und fülle mit weiteren hundert Gramm Resin die Form auf. Auch hier vollzieht sich das Abbinden so dramatisch schnell, dass ich keinen „Deckel“ mehr auflegen kann.
Zehnte Station: Und jetzt wird es richtig ernst. Wiederum kann ich keine Fotos von dem Vorgang des Ausformens des mit so viel Spannung erwarteten ersten Abgusses zeigen. Er funktioniert einigermaßen reibungslos, jedenfalls gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Form beschädigt wird. Das Baby kommt dann gleich auf die Waage. Tatsächlich ist es mit fast zweihundert Gramm das schwerste Gussteil, das ich je hergestellt habe.
Elfte Station (zwei Bilder): Die folgenden beiden Fotos zeigen praktisch alle Fehlstellen des Abgusses. Wie erwartet liegen sie überwiegend in den unteren Barkhölzern, für deren Freiräumen während des chaotischen Gussvorgangs praktisch überhaupt keine Zeit bestand. Solche Stellen lassen sich allerdings mit Magic Sculp ganz gut ausbessern, so dass tatsächlich schon der erste Abguss verwendet werden kann! Zudem kann ich darauf hoffen, dass bei einer verbesserten Gusstechnik Abgüsse mit noch weniger Fehlern möglich sind. Momentan sieht es auch so aus, als werde die Form durch das Abgießen nicht allzu stark strukturell strapaziert. Die Anwendung eines Trennmittels sollte dennoch erwogen werden.
Zwölfte Station (zwei Bilder): Erste Passproben zeigen, dass die Abgüsse das Urmodell in seinen Maßen ausreichend genau reproduzieren. Sowohl der Heckspiegel als auch Vorsteven und Galion passen so gut wie beim Original.
Dreizehnte Station: Ein buchhalterischer Nachtrag. Die Form wiegt knapp über fünfhundert Gramm und kostet damit etwa 13 Euro an Silikon. 200 Gramm Resin kosten etwa 10 Euro.
Wundertoll! Danke fürs Zeigen! Und Glückwunsch zum Resultat!
Ich hatte mir angewöhnt, das Silikon in kleine Würfel oder Streifen zu schneiden und an strategisch unbedeutenden Stellen in das weiche Silikon zu drücken. Vernetzt sich super mit dem frischen Silikon und senkt die Formkosten dramatisch. Ich schneide nur die Stellen aus den alten Formen weg und entsorge sie, wenn sie Trennmittel enthalten. Ich nehme für die Teile Silikonspray und da ich meist mit zwei Schalen arbeite auch mit dick Vaseline in die Trennfuge außen am Formrand.
Ich nehme mittlerweile anstelle Lego auch alte Tupperware, Frischkäsebecher, u. ä. für die Silikonform. Hab schon ne schöne Sammlung für alle Größen. Hat den Vorteil, dass so die Formen wieder formstabil zusammengesetzt werden können. Und habe auch schon wenn der obere Teil der Form abgenutzt war, nur den oberen nachgießen können, nachdem ich die Unterform in Gefäß und das Teil wieder reingesteckt hatte :-)
Ließe sich der Gussvorgang nicht enspannter gestalten, indem du das Füllen der Gussform in mehrere kleine Etappen zerlegst, und dadurch bessere Kontrolle über Lufteinschlüsse hättest? Fernerhin stelle ich mir vor, dass sich auf die erste Grundlage Füllelemente stellen lassen; das sparte Resin. Entweder man gießt sie ein oder lässt sie aus der Gussform ragen, um sie nach dem Aushärten zu entfernen.
Da Du, Schmidt, ja etwas in den Fußstapfen von Artitect wandelst: wenn ich mich richtig an die Sequenz in der DVD über das Texel-Modell entsinne, dann schwenken die Artitecler die Form mit ein wenig Harz zumindest nach dem ersten Einguß. Damit bildet sich eine dünne Schicht auf der Innenseite der Form, die nur wenige Luftblasen enthält.
Ich habe kaum praktische Erfahrung mit Gießharzen, aber ein Problem ist eben die Wärmeentwicklung bei der Polymerisation, die die Topfzeit drastisch herabsetzen kann. Man kann aber das Mischgefäß in ein Eisbad stellen und so einen Teil der Wärme abführen. Auch die Komponenten kann man bis zum Anmischen im Kühlschrank lagern.
Ansonsten hätte ich auch gedacht, daß ein Kern (aus Silikonkautschuk) den Verbrauch und damit auch die Menge des anzurührenden Harzes reduzieren würde.
Vielen Dank für die Hinweise zur Verbesserung der Gusstechnik. Tatsächlich hatte ich nie vorgehabt, das Modell in einem Schwung zu gießen. Aber die Menge an Resin, die ich für die erste Tranche vorgesehen hatte, war bereits viel zu groß. Woraus lernt man? Richtig, aus Fehlern. Ich bin jetzt dabei, einen zweiten Rumpf zu gießen, in Tranchen von zunächst zweimal zwanzig Gram, dann mehrmals zehn Gramm. Ich bin jetzt etwa bei der zehnten Tranche und noch immer nicht fertig. Es wird sich zeigen, ob die Resin-Einsparung und ein besseres Ergebnis für den Mehraufwand entlohnen. Ob ich auch einmal mit dem Einsatz einer Innenform experimentieren werde, weiß ich noch nicht. Der Gedanke ist elegant und verlockend, aber der Teufel steckt bekanntlich in der Ausführung. Was die Technik bei Artitec angeht, muss ich klein beigeben. Ich war ja einmal da und hab mir die Sache angesehen. Ohne einen gut funktionierenden Vakuumraum geht da gar nichts, und so etwas werde ich nicht auf die Beine stellen können. Das lohnt sich einfach nicht.
Gleichzeitig mache ich mich an die Produktion weiterer Gussformen. Hier versuche ich, mit Knetsilikon die gestaltete Rückseite des oberen Heckspiegelornaments inklusive der Plankenstruktur darunter zu reproduzieren.
Zweikomponentensilikon mit der Konsistenz von Kinderknete. Das rosa Zeuchs im Bild.
Formt aber nicht so genau ab wie das Gießsilikon, kann man aber nehmen, wenn Guss nicht machbar ist.
Wenn dünn appliziert nicht sehr Grundformstabil, wenn zu dick dann fehlt der Anpressdruck, bei mir sind dann sogar manchmal noch die Fingermuster erkennbar gewesen ...
Ich habe schon verschiedene Knetsilikone ausprobiert. Das vorletzte produzierte ausgesprochen scharfe Abdrücke, vernetzte sich aber in so kurzer Zeit, dass ich den Wettlauf gegen die Uhr um eine praktikable Form häufig verloren habe. Das Knetsilikon, das ich im Moment benutze, ist weicher und tendiert zu etwas verschwommenen Formen, dafür hat man Zeit genug, es zu platzieren. Ich werde es demnächst einmal mit einer doppelten Form probieren, also zunächst das Material dünn auflegen, damit der Anpressdruck reicht, es gut über die Strukturen zu legen, und dann anschließend eine dickere zweite Schicht auflegen, die die Form besser handhabbar macht.
Zurück zur Perle. Nummer zwei ist heute Morgen nach ca. 15 separaten Gussvorgängen aus der Form geschlüpft. Der Arbeitsaufwand ist erheblich größer, aber der Abguss hat praktisch keine Fehlstellen. Einer der besten, die mir je gelungen sind.
Ein Blick ins Innere. Der Platz für die Gräting ist jetzt offen. Man könnte also einen Niedergang darstellen. Möglich wäre es auch, den Bereich hinter einzelnen Stückpforten aufzufräsen, um ganze Geschütze einsetzen zu können und einen gewissen Durchblick zu fingieren. Die Materialersparnis beträgt ca. ein Drittel. Der erste Abguss verbrauchte 195, der zweite 128 Gramm Resin.
Und hier noch ein mit Bordmitteln hergestellter Entwurf für eine schwenkbare Gussplatte.
Nachtrag: Ich schaue den Profis ja inner gerne zu. Bei meinem Zahnarzt hab ich bei einem Abdruck gesehen, wie er erst mit Knetsilikon die Grobform abgenommen hat, und danach etwas dünnflüssiges Silikon auf die Abdruckfläche gab und die Form passgenau auf das Original zurückdrückte. So hatte er einen Zwitter mit einigen Vorteilen. Ich nehme das Knetsilikon ja auch gerne als Inlay in meinen Silikonformen zum Platzieren des Formstückes oder um Hinterschneidungen und andere Spezialsachen aufzufüttern. Beide Silikone vernetzen sich ganz gut :-)
Hier ist jetzt jedenfalls schon mal die überarbeitete Version meiner Schwenkgussvorrichtung.
Das folgende Bild versteht man richtig, wenn man sieht, dass sich die Form in einem ca. 70-Grad-Winkel zur Erdoberfläche befindet. An der Kante spielt ein Malerband den Damm für das Resin.
Die Schwenkgussplatte (ich nenne sie mal so) verkürzt zwar nicht den Gussvorgang bzw die Gussvorgänge,aber man spart trotzdem Zeit, weil man nicht so lange als menschlicher Halter fungieren muss. Die neuen Abgüsse haben zwar immer noch ziemlich dicke Bordwände, aber mit nicht allzu viel Aufwand lassen sich die Stück Pforten von hinten aufdremeln, so dass man ein paar Geschütze einsetzen kann, hinter denen ein Hohlraum erkennbar wird.nach meiner Erfahrung trägt das doch sehr zum guten Erscheinungsbild des Modells bei.