So, weiter im Text: Meine Hauptänderungen zum mitgelieferten Bauplan betrafen das stehende Gut. Die Spanner sind im Bausatz als geätzte Messingteile mitgeliefert (allerdings auch zu wenige). Auf den Bildern der Verpackung sind die auch alle nicht angemalt, sondern Gold glänzend. Schwarzes Takelgarn war erst gar nicht vorgesehen. Als ich aber bei Joachim war und seine Reeperbahn begutachtete, habe ich festgestellt, dass das stehende Gut in Schwarz erstmal originalgetreuer ist und zweitens auch noch viel besser aussieht. Ich habe mich dann in Unkosten gestürzt und mir das entsprechende schwarze Takelgarn in zwei verschiedenen Stärken besorgt. Von Joachim hatte ich den Tipp mit dem Umwickeln der Spanner mit Streifen aus Tempotaschentüchern.
Bei den "Füsschen" der Wanten und der anderen Taue musste ich etwas herumprobieren, bis ich die einigermaßen zufriedenstellend hinbekommen habe. Überall, wo ich gut hinkam habe ich direkt an der Öse mit einem dünnen Garn einen Knoten gemacht und dann die beiden Taue nach oben hin umwickelt. Anfangs konnte ich das Ganze nicht spannen, da sich das Tau immer mit verdreht hat oder die Windungen sich überkreuzt haben. Irgendwann hatte ich es aber raus: Mit einer breiteren Pinzette habe ich jede neu hinzukommende Windung festgehalten und dann alle 5 Windungen mit einem Halbschlag die bisherige Arbeit etwas fixiert. Oben noch ein Knoten und ein Tropfen Sekundenkleber und fertig. Damit war ich dann zufrieden. Bei den Stellen, wo ich nicht so gut hinkam, habe ich die von Joachim vorgeschlagene Methode verwendet: Immer abwechselnd ein Knoten vorne und hinten, dann wird das auch recht gleichmäßig und fällt nicht auf.
Die meisten Fehler bzw. Unklarheiten im Originalplan waren beim laufenden Gut. Ich weiß nicht, wieviel Stunden ich nur vor dem blöden Plan gehockt bin und mir überlegt habe, wie jetzt das Tau verläuft und wo es befestigt werden soll. Ein paar offensichtliche Fehler waren leicht zu korrigieren, und beim Rest bin ich dann mit gesundem Menschenverstand vorgegangen und habe mir überlegt, wie ich das als erfahrener Seemann machen würde... Das Schwierigste dabei war die Reihenfolge, wie die Takelage nacheinander angebracht und verzurrt werden muss, damit ich nachher auch an die entsprechenden Stellen drankomme. Für die ein oder andere Leine habe ich da schon mal eine Stunde gebraucht.
bevor ich mich in den Urlaub verabschiede kommt mein letzter Bericht mit noch ein paar Bildern.
Wie ihr sicher schon bemerkt habt, ist das 1:100 Modell etwas einfacher gehalten und so gab's hier auch nicht die schönen Umlenkrollen unter den Belegbänken. Ich habe also die Takelleinen unterhalb des jeweiligen Belegnagels herumgeführt und dann drüber geschlungen. Die Bänke selber habe ich zwecks Standfestigkeit mit kleinen Metallstiften zusätzlich zum Sekundenkleb auf Deck verankert.
Belegbänke.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Die meisten Relings habe ich vorgebogen um saubere Ecken zu bekommen und danach erst die Stützen eingefädelt. Die ersten zwei bis drei Stützen zu fixieren ist zwar ein ganz schönes Gefriemel, aber wenn das geschafft ist geht es ganz gut und es sieht einfach sauber aus.
Leider bin ich auf diese ausführliche Bauanleitung erst kurz vor Bauende gestoßen, sonst hätte ich mir ein paar graue Haare erspart. Als wichtige Erkenntnis daraus habe ich mir vorgenommen, bei meinem nächsten Bauprojekt zunächst eine umfangreiche Recherche durchzuführen, bevor ich auch nur eine Spante in den Kiel einsetze!!
Ich bin übrigens immer noch ganz begeistert von meiner neuen Kamera. Alle Bilder (außer den Beibooten s.o.) sind ohne künstliche Beleuchtung und ohne Blitz aus der Hand fotografiert. Wenn ich da reinzoome kommen aber oftmals auch Details zum Vorschein, die ich lieber versteckt hätte...
Hiermit möchte ich meinen Baubericht schließen und hoffe, dass euch die Bilder gefallen haben und ich vielleicht doch den ein oder anderen Tipp geben konnte. Ich möchte ausdrücklich auch jeden ermuntern, sich an solche Modelle heranzutrauen, auch wenn sie nachher nicht so perfekt aussehen wie die meisten der hier vorgestellten Projekte. In diesem Forum tummelt sich schon die Bundesliga der Modellbauer und wenn man dann selber "nur" in der Landesliga mitspielt ist man trotzdem besser als 99% der Bevölkerung. Und wie hat schon Konrad Adenauer gesagt: Es ist noch kein Bundesligist vom Himmel gefallen.
Hi Andreas, Viele schöne Bilder zum Abschluss, muss ich mir dann in Ruhe nach dem Urlaub anschauen. Wünsche dir auch einen schönen Urlaub, wohin solls denn gehen? Wir sind übrigens seit ner Woche in Südfrankreich am Mittelmeer, ganz ohne Unfall angekommen, jeden Tag blauer Himmel und Meer, Hochsommer pur. Liebe Grüsse Joachim
Schöne Grüße Joachim
Mein neues Buch in Deutsch und Englisch erhältlich: "Die Farbe Blau im historischen Schiffbau - von der Antike bis in die Neuzeit" siehe dazu: http://www.modellbau-muellerschoen.de
Moinsen die Runde! Ich habe mir mal diesen Baubericht über das wirklich toll gebaute Schiff weitgehend durchgelesen und bin immer wieder über die Bemerkung gestolpert, daß offenbar der Hersteller des Bausatzes etliche Sachen zuwenig mitgeliefert hat. Ja, sagt einmal, hat sich den noch niemand direkt an diesen gewandt und das moniert? Und wenn doch: Wie war die Reaktion?
Hast Du, in Deutschland, die Hoffnung, das sich wegen einer Beschwerde etwas ändert?????????? Ausreden sind der Trumpf!!! Die beliebteste Ausrede, z.B. von Mechaniker, die ihre Arbeit nicht verstehen: Das sind normale Betriebsgeräusche, da kann man nichts machen...
Also so schlecht wie es jetzt rüber kommt ist es wirklich nicht. Ich habe ja den Mantua-Bausatz in 1:83 und der ist als Bausatz wirklich sehr, sehr gut. Und wenn man den reinen Bausatz baut ist er auch vollständig. Aber natürlich geht hin und wieder was schief und dann kann es auch sein, dass man sich Teile nachbauen muss. Und das sollte auch kein Problem für den Modellbauer darstellen, denn, wer sich an dieses Modell heran macht, sollte auch über ein gewisses Maß an Modellbaukenntnisse verfügen oder sich diese aneignen und dann stellen Teilenachbauten auch kein Problem dar, ansonsten hat man eh das falsche Modell gewählt. Dass dann manche Materialien, Holzleisten etc. knapp werden ist klar, aber das sehe ich nicht als Mangel am Baukasten sondern es ist selbstverständlich so, dass man sowieso eine gewisse Menge an Material darüber hinaus hat, das braucht man eh immer wieder für alles mögliche. Also alles gut, aber man sollte für dieses Modell seine eigenen Möglichkeiten realistisch einschätzen und im Zweifel lieber ein einfacheres Modell wählen.
Grüße, Joachim
Schöne Grüße Joachim
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Tjo, bei meinen kleinen Buddelschiffchen muss - und will - ich ja eh nach dem ersten und letzten Bausatz komplett auf vorgefertigte Teile verzichten...
Ein Genuß die Bilder von Deiner Amerigo anzusehen! Welch schöne Arbeit ist Dir da gelungen!
Ich werde immer ganz aufgeregt wenn ich (auch bei Joachims Modell ) die Bilder der Amerigo ansehe. Ich hatte vor etlichen Jahren im Rahmen einer Reportage mal das Glück einige Tage auf dem Schiff mitzufahren. Einfach ganz großes Kino.
Und zur Takelage: am meisten hat mich und meine Kollegen beeindruckt wieviel und was für eine Arbeit eine Wende oder Halse bei diesem Riesenschiff unter vollen Segeln für die Crew macht.
Beste Grüße
Hartmut
To the optimist the glas is half full. To the pessimist the Glas is half empty. To the ingenieur it is twice. As big as it needs to be.
Auf der Helling „Witsen“, holländisches Pinassschiff,1671. Nach Plänen von Ab Hoving