Es ist ein kühler Sommermorgen, die Sonne zündelt bereits am Horizont, als in einem Wald bei Chatham in der Grafschaft Kent, ein grauenvolles Geräusch die Bewohner des kleinen Küstenstädtchens weckt. Ein Bersten und Brechen ertönt aus den Wäldern, welche die kleine Hafenstadt umschließen und fest in ihrem Griff halten. Ist dieser geheimnisvolle Wald, um den sich seit jeher Legenden und finstere Geschichten ranken. Gar Hexen sollen noch in diesen Wäldern hausen, die des Nachts kleine Kinder und Lämmer entführen… heißt es. Ist dieser alte Wald, mit seinen jahrtausende alten Ulmen, Eichen und Linden, nun zum Leben erwacht und lässt nun alle geheimnisvollen Geschichten wahr werden? Die Bestie scheint erwacht. Selbst in entfernten Rochester und gar in Gillingham fahren die Menschen in ihren Betten hoch und lauschen, diesen mark-erschreckenden Lärm, angstvoll dabei den Blick gen Waldesrand gerichtet…
Aber der Wald hat nur in den Legenden seinen einstigen Schrecken behalten. Er ist schon längst auf den Rückzug. Auf dem Rückzug vor Chatham, Rochester und auch Gillingham. Kleine Städte, die danach gieren zu wachsen. Sie sind die wahren Bestien und die Bäume sind es, die vor ihnen Angst haben müssten. Könnten sie nur schreien, könnten sie weglaufen. Unnachgiebig schlagen die Äxte auf sie ein. Die alten Ulmenbäume wanken unter den Schlägen. Sie fallen aber nicht. Noch nicht. Die Marinewerft in Chatham lechzt nach frischem Holz. Sie braucht frisches Holz – hat sie doch die Order aus London bekommen ein neues Kriegsschiff für die Royal Navy zu bauen. Die Marine giert nach neuen, starken Kriegsschiffen, um Englands Vormachtsstellung zur See zu sichern und auszubauen und die Emporkömmlinge auf der anderen Seite des Kanals im Griff zu halten, munkelt man.
England ist im Siegestaumel im Jahre 1759, obwohl mitten im Siebenjährigen Krieg, wurden auf allen bekannten Kontinenten wichtige Siege errungen. Egal ob in Indien, der Karibik, ob in Kanada oder in Europa. England und seine Verbündeten behaupteten ihre Stellung, gegen aufstrebende Österreicher, Russen, Spanier und Franzosen. Auch zur See gelingen deutliche Siege – die Seeschlachten bei Lagos und in der Bucht von Quiberon, sollten bald die Geschichtsbücher bereichern und von Englands Stärke zur See schwärmen. Doch waren diese Siege im Jahre 1759 von Dauer? Wenn es nach der Royal Navy und einigen Ministern geht, konnten nur neue, starke Kriegsschiffe die militärischen Errungenschaften auf Dauer festigen und beschützen. So rufen diese Minister schon im Jahre 1758 König George II. an, ihn zum Bau von 10 neuen Linienschiffen, 1. Ranges zu bewegen. Diese über 200 Fuß langen, bis zu 50 Fuß breiten und mit über 100 Kanonen bewaffneten „Göttinnen“ der Meere, sollen Tod und Zerstörung über die Feinde Englands und seine Verbündeten bringen.
King George II. (Quelle: Wikipedia.org/King George)
Eines dieser Linienschiffe soll in der Werft von Chatham gebaut werden. Einer traditionsreichen und erfahrenen Werft, mit einer günstigen Lage am Ärmelkanal und dem Flusse Medway.
Chatham´s Hafenanlagen um 1830/31 (Quelle: Wikipedia.org/Chatham)
Auch der Name dieses Schiffes steht schnell fest – His Majestic Ship „Victory“. Es ist bereits das fünfte Schiff in der Geschichte der Royal Navy, dass diesen Namen trägt. Kein geringerer als Sir Thomas Slade legt bei der Victory Hand an die Pläne und entwirft ein Schlachtschiff, dass zwar einen anderen Namen am Heck tragen soll, aber unterm Strich nur eine kostengünstige Kopie der „Royal George“ von 1756 ist… ;) Aber wer will es ihm verdenken – Design- und Innovationspreise konnte man damals nicht gewinnen und der Dank des Königs führte erst an seinen Admiralen vorbei und die saßen in London hinter dicken Mauern, wenn sie nicht gerade auf dem Deck ihrer Schiffe stolzierten.
So ist es der 14. Juli 1759. als die ersten Äxte niedersausen und die alterwürdigen Ulmen den letzten Lebenssaft in ihre sterbenden Blätter pumpen. Der Stamm wird bald einem anderen Zwecke dienen. Bald wird er unter einer dicken Schicht von Teer, geschützt vor Algen, Muscheln und dem salzigen Seewasser der Meere, durch diese gleiten und als Teil eines der mächtigsten Kriegsschiffe jener Epoche treu ihren Dienst tun und alles zusammenhalten. Aus diesem ersten Stamm entsteht das erste Kielelement und ganze 6 Jahre und 63.176 Pfund Sterling später, bekommt der Kiel zum ersten Mal den eisigen Hauch des Meeres zu spüren.
Doch schon im Jahre 1765 haben sich die Zeiten gewandelt. Englands Feinde erholen sich langsamer von ihren Niederlagen, als gedacht. Einzig in den amerikanischen Kolonien gärt es. Ein ernsthafter Konflikt ist aber weit und breit nicht in Sicht. So treibt die Victory, halb fertig, im Fluss Medway vor sich hin und wartet auf ihren Einsatz und wartet, und wartet, und wartet…
1775 kommt es in den 13 Kolonien zum offenen Krieg, gegen das britische Empire. Die Siedler gieren zunächst nach geringeren Steuerbelastungen und anschließend nach Unabhängigkeit. Ein gewisser George Washington ist ihr Anführer. Ein Gutsherrenbesitzer, massig in der Erscheinung und einziger, fähiger Befehlshaber der „Rebellen“ mit militärischer Ausbildung.
Portrait George Washington von 1780 (Quelle: Wikipedia.org/George Washington)
Belächelt von den Engländern, hoffen diese auf einen schnellen Sieg. Doch egal wie viele Niederlagen sie Washingtons „Bauern-Armee“ zufügen. Sie schlagen ihn nirgendwo vernichtend. Die Weite des amerikanischen Raumes macht es möglich. Ganz im Gegenteil – im Jahre 1778 beginnt sich das Blatt zu wenden. Frankreich, so munkelt man am Hofe Londons, wird in den Krieg auf Seiten der 13 Kolonien einsteigen und tausende Soldaten sollen bereits in Le Havre und Rochefort, in der Karibik auf ihre Einschiffung warten. Die Zeit ist reif, dass England seine Stärke zeigt und dem Treiben in seinen Kolonien ein Ende setzt und die Franzosen in ihren Häfen hält.
Im März 1778 wird die „HMS Victory“ endlich seetüchtig gemacht. Sie erhält ihre Masten und die Takelage. Über 800 Mann werden für den Dienst an Bord rekrutiert. John Lindsay wird ihr erster Kapitän. Dieser war aber wohl auf der „HMS Royal George“ besser aufgehoben, so dass er im Mai desselben Jahres sein Kommando an Admiral Augustus Keppel abgibt (1. Kapitän: Henry Cromwell/ 2. Kapitän: Jonathan Faulknor) und dieser am 9. Juli 1778 von Spithead aus, dass erste Mal in See sticht und damit gegen die Franzosen. Die Victory erfährt ihre Feuertaufe, als über 100 Kanonen ihre todbringenden Ladungen auf die französischen Schiffe „Bretagne“ und „Ville de Paris“ nieder-regnen lassen, so dass sich beide Schiffe zurückziehen.
Die Feuertaufe war bestanden und die Geschichtsbücher nannten diese Schlacht „Erstes Seegefecht von Quessant“.
Im Jahre 1781 folgt das „Zweite Seegefecht von Quessant“ und die mit einem neuen Unterwasserschiff aus Kupferplatten bestückte Victory, fügt abermals den Franzosen einen empfindlichen Schlag zu. Das Kommando hat dabei Konteradmiral Richard Kempenfelt (1. Kapitän: Henry Cromwell).
Danach wird es etwas ruhiger um die Victory, die 13 Kolonien gehen, Dank der Franzosen, an die „Rebellen“ verloren und eine neue Nation entsteht. Von 1782 bis 1789 liegt die „HMS Victory“ in Portsmouth vor Anker und leistet ihren Reservedienst für das Empire.
Erst als ein kleiner Korse beginnt in Italien auf sich aufmerksam zu machen, darf die Victory zur Abwechslung ein wenig im Ärmelkanal patrouillieren. Erst 1792 nimmt die Victory wieder an kriegerischen Handlungen teil, erst gegen die französische Flotte, bei Toulon. Anschließend bei der Eroberung von San Fierenzo und Bastia (Italien).
Napoleon Bonaparte als Oberstleutnant der korsischen Nationalgarde (1792) (Quelle: Wikipedia.org/Napoleon Bonaparte)
Im Dezember 1795 setzt Admiral John Jervis seine Flagge auf der Victory. 1797 kommt es zur Seeschlacht gegen die Franzosen und Spanier bei St. Vincent. Die Navy dominiert das Gefecht, ihr gelingt es aber nicht, den entscheidenden Schlag zu setzen und so können sich die Franzosen und Spanier rechtzeitig vom Schlachtgeschehen entfernen, ehe es den Briten gelingt die Verfolgung zu organisieren.
Admiral John Jervis (Quelle: Wikipedia.org/John Jervis)
Aber ein gewisser Horatio Nelson macht bei diesem Gefecht erstmals vermehrt auf sich aufmerksam, als er mit der „HMS Captain“ dem Gegner mehrere Nackenschläge versetzt. Was ihm nicht nur die Ritterwürde einbringt, sondern auch den Rang eines Konteradmirals. Horatio Lord Nelson (Quelle: Wikipedia.org/Horatio Nelson)
Doch dieser Triumph wurde für die „HMS Victory“ teuer erkauft – bald 40 Jahre sind seit der Kiellegung in Chatham vergangen. Wind und Meer haben zweifelsohne ihre Spuren an der Victory hinterlassen. Selbst die Kupferbeplankung kann nicht verhindern, dass die Victory nicht viel mehr als ein maroder Haufen Holz und Eisen ist. So wird sie im Oktober 1797 an die Kette gelegt. Bis 1799 dient sie noch als Lazarettschiff, ehe Geld da ist, um sie zu überholen. Sie wird nach Chatham gebracht und dort von 1800 – 1803 generalüberholt.
Nun schreiben wir Ende Januar 1800 und es wird noch drei Jahre dauern, bis die „HMS Victory“ wieder seetüchtig ist und die Zeit rast. Der kleine Korse wurde gerade aus Ägypten vertrieben und sinnt auf Rache. Das britische Empire sieht sich einer mächtigen Bedrohung entgegen. Auf die Verbündeten kann nicht gehofft werden, die Truppe kämpft sich langsam aber sicher an ihre Grenzen und es würde niemanden überraschen, wenn eines Morgens französische Schiffe die Themse hinauf segeln. Noch ist der kleine Korse in Italien und kämpft gegen die nichtsnutzigen Habsburger.
Die Zeit rast und es bleibt nicht mehr viel Zeit, dem französischen Expansionsgebaren Einhalt zu gebieten.
So ist es an ihm, dem ehrenwerten Mr. Thadeus Henry Portnoy gelegen,
Thadeus Henry Portnoy – undatierte Aufnahme
seinerzeit erster Schiffszimmermeister der Admiralität und Veteran der ersten Seeschlacht bei Quessant - die ihm ein Bein gekostet hat - die Victory in Chatham wieder auf Vordermann zu bringen und daraus ein Schiff zu zaubern, dass halb Europa zeigt, wer der Herrscher über die See ist…
gez. Jasper Fetherston Biograf der königlichen Admiralität
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
Wir schreiben den 29. Januar 1800. Ein eisiger Hauch liegt über dem Land, der Winter leckt mit seiner kalten Zunge über alles, was sich nicht wehren kann. Die alte Kriegswunde zwickt auch schon wieder ab Knie abwärts.
Heute wird die Helling errichtet – sie soll der Victory ausreichend Halt geben und damit für lange Zeit ihr Zuhause sein. Verwendet wird nur das Beste, was die englischen Wälder hergeben – feinstes Kiefernholz dient als Grundlage für die Helling. Eisenwinkel, geschmiedet an den Hängen des schottischen Hochlandes, sollen das Schiff in Position halten und damit unnachgiebig gegen Wind und Wetter machen. Feinste Flügelschrauben sollen dabei möglichst viel Flexibilität ermöglichen, wenn diese gefordert wird.
Aber nun denn, seht selbst, was meine Männer heute gefertigt haben:
Anschließend griffen die fleißigen Arbeiter zu den ersten Kiel- und Spantenelementen und haben sie, unter fleißiger Mithilfe von feinsten Dübeln und elfenbeinartigen Weißleim, erstmals zusammengefügt.
Die ersten beiden Kielelemente wurden durch kleine Holzbrettchen verbunden und um mehr Stabilität zu gewährleisten wurden diese noch mit Dübeln verstärkt – diese Victory soll stabiler sein, als die Victory die 1765 vom Stapel lief:
Auch Mr. Portnoy lässt es sich nicht nehmen und inspiziert die ersten Fortschritte:
Anschließend waren die ersten drei Spanten dran – festgepresst zwischen zwei Plexiglasplatten, haben sie keine Chance sich zu verziehen:
…und einmal mit Mr. Portnoy in Pose:
Sind Wetter und Zeit weiterhin so gnädig - wird es alsbald Neues zu berichten geben :)
Ergebenst, der Assistent von Mr. Portnoy seines Zeichens Schiffszimmermeister von Königs Gnaden
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
Wir schreiben den 1. Februar 1800. Die Arbeiten auf der Werft sind zum Erliegen gekommen. Was die alte Kriegswunde angekündigt hat, ist nun eingetreten: Der Winter hat nun auch die letzten Handwerker von der Werft vertrieben. Niemand ist heute da, der den Kiel und die Spanten bearbeiten kann - ein eiskalter Wind vom Meer her, macht es unmöglich überhaupt die Augen zu öffnen. Hoffentlich ist uns das Wetter bald wieder gnädig.
Mr. Portnoy hat sich in sein Kämmerlein zurückgezogen und studiert die Pläne. Mr. Slade hat Neue kommen lassen - sie stammen aus Tralien, eine dieser jungen Kolonien am Ende der Welt:
Nach ausgiebiger Sichtung, handelt es sich hierbei wohl um simple Kopien von Mr. Longridge - diesen Thomas Slade sollte man umgehend Kielholen. ;)
Die Pläne haben immerhin eine angenehme Größe, um viele Details zu studieren. Mal sehen, je nachdem wie der Wind aktuell steht, werden sie gewiss hilfreich sein. Ich hoffe nur selbiger bringt bald auch den Frühling - jeder Tag der einen zur Untätigkeit verdammt, ist ein gewonnener Tag für den kleinen Korsen...
Ergebenst, der Assistent von Mr. Portnoy seines Zeichens Schiffszimmermeister von Königs Gnaden
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Wir schreiben den 3. Februar 1800, der Wettergott ist heute gnädiger als in den letzten Tagen. Die Arbeiten an His Majestic Ship konnten wieder aufgenommen werden. Das dritte Kielelement wurde bearbeitet und mit dem Mittelteil verbunden. Holzdübel wurden zur Befestigung eingesetzt. Leider offenbarte sich ein kleiner Spalt, zwischen den Elementen. Wahrscheinlich haben nichtsnutzige irische Heimwerker nicht genau auf die Pläne geschaut. Auf jedenfall musste der Spalt nachgearbeitet werden. Er ist zwar immer noch vorhanden, aber durch Wegnahme von Holz zwischen den Verbindungsstellen, konnte man diesen etwas verkleinern.
Außerdem wurden drei weitere Spanten zusammengebaut. Spant 25 offenbart da allerdings eine kleine Ungenauigkeit in der Passgenauigkeit. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese auswirken wird. Vielleicht muss der Spant ersetzt werden. Allerdings sagt ein walisisches Sprichwort: "Ersetzt du nur einen Spant, musst du alle ersetzen!". Ob der König daher gewillt ist, weitere Silbermünzen zu geben. Der kleine Korse hat seit dem 18. Januar einen eigenen Geldgeber für solche Fälle*.
Ich hoffe Mr. Portnoy wird weise entscheiden, was zu tun ist.
Leider muss der Werftzeichner mit einer Frigore Tactum Esse die Koje hüten. So das ich dem Logbuch heute keine Lichtblitzdingszeichnungen beifügen kann. Aber ich hoffe doch, es wird vor dem nächsten Sonntagsgottesdienst noch nachgereicht.
Ergebenst, der Assistent von Mr. Portnoy seines Zeichens Schiffszimmermeister von Königs Gnaden
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Wir schreiben den 6. Februar 1800 auf königliche Weisung hin, wurde die Helling für die Victory weiter verbessert, nachdem die erste Konstruktion nicht stabil genug erschien, um das Schiff lange genug in Position halten zu können.
Es mussten daher weitere Kiefernstämme herangeschafft werden. Da der hiesige Wald für das Schiff vorgesehen ist, wurden die Baumstämme aus dem entfernten Sherwood Forrest beschafft. Die Hinabfahrt der Themse haben sie glücklicherweise gut überstanden, so dass sie zur Verstärkung der Helling eingebaut werden konnten:
wie man sieht, haben findige Ingenieure eine ganz besondere Konstruktion daraus geschaffen. Es wird gemunkelt, dass es sich bei den Eisen aus Resten von königlichen Möbeln handeln sollen. Erfreulicherweise lässt sich der Kiel der Victory damit wunderbar fixieren. Einzig die schottischen Flügelschrauben, geschmiedet an den Hängen des Hochlandes, sind noch nicht eingetroffen, so dass einfache irische Muttern herhalten müssen. Mal sehen, wie lange die ihren Dienst erfüllen... aber die bestellten Winkel sind ebenfalls noch nicht eingetroffen.
Ergebenst, der Assistent von Mr. Portnoy seines Zeichens Schiffszimmermeister von Königs Gnaden
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Baulogbuch - 4. Tag - Teil 2: Spanten- und Rumpfkonstrukt
Wir schreiben immer noch den 6. Februar 1800. Seit einigen Tagen ist das Wetter außerordentlich gnädig, so dass in der königlichen Werft weiter an His Majestic Ship gebaut werden konnte. Die ersten Ergebnisse lassen sich dabei durchaus sehen. Einige Spanten wurden schon eingesetzt, aber noch nicht entgültig ausgerichtet.
Drei weitere Spanten liegen noch in der Endmontage. Leider offenbart, nach Spant Nr. 25, auch Spant Nr. 14 eine gewisse Ungenauigkeit in der Passgenauigkeit, vor allem im Zusammensetzen der Teile 14a und 14b, herrscht doch auf beiden Seiten ein Spalt von 0,2578mm vor, der sich auch durch Nacharbeiten nicht wirklich beheben lässt.
Mir scheint es fast so, als sei dies ein Sabotage-Akt der Franzosen. Ich werde auf jedenfall mal die Arbeiter mehr kontrollieren. Diese haben eh nichts Besseres zu tun, als vor dem königlichen Zeichner zu posieren:
Auch mein Herr, Mr. Portnoy lässt es sich nicht nehmen, sich für die Ewigkeit auf ein Bild zu binden:
Auch das Bugteil wird seit heute zusammengebaut - hier die ersten Ergebnisse:
Die Rückseite wurde außerdem mit kleinen Stahlstiften verstärkt (Pfeile).
Einen kleinen Bild-Nachtrag gibt es auch noch zur Verbindung des zweiten Kielstücks:
Abschließend gibt es auch noch einen Größenvergleich mit einem anderen Schiff, dass ebenfalls in der Werft von Chatham gebaut wird und schon bedeutend weiter ist, als die Victory:
Wie man sieht, steht es in der Größe der Victory in nichts nach... mal sehen welches der beiden Schiffe zu erst gegen die Franzosen segelt ;)
Ergebenst, der Assistent von Mr. Portnoy seines Zeichens Schiffszimmermeister von Königs Gnaden
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So ist es der 14. Juli 1759. als die ersten Äxte niedersausen und die alterwürdigen Ulmen den letzten Lebenssaft in ihre sterbenden Blätter pumpen. Der Stamm wird bald einem anderen Zwecke dienen. Bald wird er unter einer dicken Schicht von Teer, geschützt vor Algen, Muscheln und dem salzigen Seewasser der Meere, durch diese gleiten und als Teil eines der mächtigsten Kriegsschiffe jener Epoche treu ihren Dienst tun und alles zusammenhalten. Aus diesem ersten Stamm entsteht das erste Kielelement und ganze 6 Jahre und 63.176 Pfund Sterling später, bekommt der Kiel zum ersten Mal den eisigen Hauch
Ich glaube, das Holz wurde schon viel früher geschlagen, so lag die Eiche schon seit dem Untergang des Vorgängerschiffes bereit. Evtl. ist diese lange LAgerzeit auch für das lange Leben des Schiffes verantwortlich.
Baulogbuch – 5. Tag – der Griff zu Feder und Papier
Wir schreiben den 8. Februar 1800.
Es ist vollbracht! Dank der Stärke des eigenen Geistes und der Muskelkraft des stolzen, britischen Werftarbeiters, dessen Liebe zum Empire genauso glüht, wie der Hammer in seiner Hand, den er zum Treiben der Bolzen auf- und niederschwingt, ist es uns gelungen, die Spanten der HMS Victory binnen weniger Tage zusammen zu fügen, so dass sie am Kiel ausgerichtet werden konnten (wie man sieht sind die Winkel und Flügelschrauben inzwischen auch eingetroffen):
Auch die Bugsektion nähert sich zusehend ihrer vorläufigen Fertigstellung:
Aber es gibt nicht nur Sonnenschein in diesen Stunden des Fortschritts – Bauarbeiter zeigten mir einen offensichtlichen Mangel in der Konstruktion von Spant Nr. 30:
Dieser Spalt, ist wie eine klaffende Lücke in der Schlachtformation, durch die der Feind eindringt. Ein Akt der Sabotage, natürlich von den Franzosen, liegt auf der Hand.
Bevor ich aber den Spion und Saboteur in den eigenen Reihen suchen lasse, muss ein eigener Irrtum nahezu unmöglich sein und dies geht am besten am Zeichentisch. Die Pläne von Mr. Longridge offenbaren mir hoffentlich die Wahrheit und inwiefern dieser Spant wohlmöglich nachhaltigen Schaden anrichten wird.
So greife ich doch zu einer festen Schreibunterlage und nehme mir Spant für Spant vor:
Zunächst versuche ich die Formen von 4-5 Spanten auf das Papier zu übertragen.
Verzeiht die Teils wackeligen Bilder – der königliche Hofzeichner hat leider nach dem Sonntagsgottesdienst zu tief ins Glas geschaut:
Auf diese Weise habe ich mich langsam dem Spantenriss angenähert und diesen dann gezeichnet – links vom Strich befinden sich die Spanten von der Mitte zum Heck und rechts die Spantenlinien von der Mitte zum Bug - einzig Spant Nr. 12 fehlt rechter Hand - da an diesem, wie oben zu sehen, noch gearbeitet wird:
Danach habe ich zum Spantenriss von Mr. Longridge gegriffen:
Diesen anschließend meiner Zeichnung gegenüber gelegt:
Der Riss von Mr. Longridge ist leider nicht ganz maßstäblich. Ich muss den Zeichner noch einmal anweisen, diese noch einmal etwas zu vergrößern. Auch habe ich mich bei den Spanten Nr. 29 -31 geirrt und müsste die in meiner Zeichnung ein wenig höher ansetzen. Aber leider sieht man mit dem bloßen Auge schon, dass der Spantenriss von Mr. Longridge bedeutend bauchiger daherkommt, als auf meiner Skizze. Selbst, wenn man noch ein wenig Toleranz durch die Bleistiftlinie hat und die Korrektur der drei Spanten mit einbezieht. Wirkt doch Mr. Longridge´s Version auf den ersten Blick schon glaubwürdiger.
Ich werde meine Zeichnung aber noch einmal erneuern und vielleicht eine noch feinere Feder verwenden, eventuell auch verschiedene Farben, um alle Spanten besser unterscheiden zu können. Außerdem muss ich noch vergleichen, wo Mr. Longridge´s Spanten auf dem Plan ansetzen und ob dies identisch mit meiner Version ist. Außerdem möchte ich jeden einzelnen Spant noch einmal auf Papier bannen, sollte nämlich u. U. ein Nachbau von Nöten sein. Diesen betrifft aktuell vor allem Spant Nr. 30. Mal sehen ob sich noch geeignetes Holz dafür finden lässt. Die Ulmenwälder zwischen Chatham, Rochester und Gillingham sind doch schon arg gelichtet. Die Venezianer und die Rebellen in Nordamerika sollen angeblich Pappelholz für ihre Schiffe verwenden. Ich verzage mich diesem Holz allerdings und greife lieber zu Bewährtem.
Die Leser dieses Baulogbuches dürften auf jedenfall gespannt sein, wie diese Geschichte ihr Ende findet - wenn es denn eines geben wird. Das Magengefühl und die tief fliegenden Möwen, lassen nichts Gutes erahnen. Glücklicherweise ist es aber an Mr. Portnoy gelegen, am Ende eine Entscheidung zu fällen und der lässt sich meistens von solchen „Kleinigkeiten“ nicht aufhalten oder gar demotivieren…
Fortsetzung folgt…
Ergebenst, der Assistent von Mr. Portnoy seines Zeichens Schiffszimmermeister von Königs Gnaden
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
Nachdem der erste Versuch, die Risse der Spanten auf Papier zu bannen, nicht zur vollsten Zufriedenheit der Admiralität erfüllt wurde, habe ich mich erneut niedergesetzt und einen weiteren Anlauf gestartet. Der Riss gestaltet sich etwas ansprechender, als die erste Version - hier der Vergleich:
Skizze vs. Longridge
Skizze vs. Hölzel
Skizze vs. Dea Gostini
Das Ergebnis bleibt dabei allerdings bei allen dreien das Gleiche, wie vorher – Mr. Longridges und nun auch Mr. Hölzels, einem Verlegenheitszeichner aus Hackney bei Portsmouth, oder auch die Variante eines italienischen Iren, Namens Dea Gostini, kommen allesamt zu dem gleichen Ergebnis: Die Zeichnungen kommen bedeutend bauchiger daher, als der Holz-Nachbau.
facit:
Es müssten fast alle Spanten nachgearbeitet werden, um die elegante Form der Risse zu hinbekommen. Dies kann man gut mit schmirgelnden Leder, gegerbt aus dem Fell von schottischen Highland-Ponys hinbekommen und da alle Spanten noch genug „Masse“ haben, ist das sogar ohne zu viel Aufwand möglich. Einzig auf die Symmetrie müsste geachtet werden.
Edit: Vor allem der letzte Spant weicht deutlich von den Planvorlagen ab und muss zusammen mit Spant Nr. 30 (siehe Update Nr. 5) nachgearbeitet werden, da die beiden auch zusammen verleimt werden.
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Anschließend wurde die Gunst der Stunde ergriffen und die Pläne von Mr. Longridge und Mr. Hölzel aus Hackney miteinander verglichen (beide im Maßstab 1:100):
Gesamtansicht
Bug
Mittschiffs
Heck
Unterschiede lassen sich nahezu keine identifizieren. Einzig Mr. Longridge hat bei den Verzierungen etwas mehr Liebe fürs Detail walten lassen. Auch sonst, könnte man sagen, Mr. Longridge und Mr. Hölzel haben sich wohl des Öfteren in Hackney im Pub getroffen. Da aber keiner der Fälschung angeklagt werden kann, hat Mr. Hölzel einfach noch eine Hecklaterne mehr eingezeichnet…
facit: Weder die Rumpfpläne von Longridge, noch die von Hölzel offenbaren signifikante Unterschiede. Folglich ist es Schnuppe, welchen Plan man nimmt. Der Takelplan wurde noch nicht verglichen.
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Als Nächstes hat mich Mr. Portnoy beauftragt, die Geschützpforten/ Geschützpforten-Positionen und Mast-Positionen, anhand der Pläne zu vergleichen, ob diese mit den Kielteilen später identisch sein werden. Der Zeichner der Admiralität ist schon dabei, die Pläne auf entsprechende Größe zu skallieren.
Fortsetzung folgt…
Ergebenst, der Assistent von Mr. Portnoy seines Zeichens Schiffszimmermeister von Königs Gnaden
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
Baulogbuch – 7. Tag - Zwischenfazit der Recherchearbeiten
Wir schreiben den 22. Februar 1800.
Obwohl die Menschen hier gezeichnet von der rauen See und abgehärtet gegenüber dem wunderbaren britischen Wetter sind, so haben doch plötzlich Fieber, Husten und laufende Nasen die Arbeiten auf der Werft nahezu zum Erliegen gebracht. Über eine Woche wütete die Seuche dabei fast so schlimm, wie „Der große Brand von London“ im unglückseligen Jahre des Herrn 1666*.
Immerhin haben die Mediziner und Wunderheiler scheinbar Übermenschliches geleistet, so dass die Arbeiten an His Majestic Ship in diesen Tagen wieder aufgenommen wurden.
So gelingt es mir nun - mit einiger Verspätung - die erste Phase dieses Bauprojektes gen Ende zu führen. Wie schon im vergangenen Eintrag im Baulogbuch erwähnt, sollten die Pläne von Longridge & Co. noch einmal auf den Maßstab 1:84 skaliert und mit den Bauteilen verglichen werden. Hier galt es den Fokus auf die Spanten Nr. 30 + 31 zu legen. Ebenso soll das gesamte Rumpfkonstrukt mit den Plänen verglichen werden.
Dies sei hiermit geschehen und ich fasse folgende Erkenntnisse für die Nachwelt zusammen:
Problemzone: Spant Nr. 30 + 31
Bei Betrachtung des Spantenrisses hat sich schnell herausgestellt (Mr. AnobiumPunctatum gebührt an dieser Stelle mein Dank für sein aufmerksames Auge), dass der Abschlussspant an Achtern einen Formfehler hat. Dies veranschaulichen folgende Zeichnungen:
Spant Nr. 30 in Originalposition anhand des Spantenrisses
Abweichung (rot) von Spant Nr. 30
facit: Offiziell und nun von Mr. Portnoy amtlich bestätigt: Der Abschlussspant ist ungenau. Da Spant Nr. 28 + 29 bedeutend besser mit dem Riss übereinstimmen. Ist ein Austausch von Spant Nr. 30 (+ 31), sofern die Admiralität keine Einwände hat, beschlossene Sache.
Außerdem wurde Spant Nr. 20 mit dem Spantenriss verglichen, da es sich hierbei um den breitesten aller Spanten handelt, kann man mit ihm gut die Gesamtform des Rumpfes abgleichen. Aber auch hier gibt es sabotageähnliche Abweichungen:
Spant Nr. 20 in Originalposition
Der Spant hat zwar in seiner Gesamtheit leichte Abweichungen mit dem Riss. Aber das können leichte Abweichungen bei der Skalierung der Kopie sein, ebenso gibt das Blitzlichtdings nicht eine 100% exakte Ansicht wieder. Trotzdem ist eine Abweichung überdeutlich und zwar auf Höhe des untersten Batteriedecks:
Abweichung (rot) von Spant Nr. 20
facit: Auch hier wurde wenig wert auf Exaktheit gelegt. Folglich würde ein Austausch aller Spanten unvermeidlich sein. Die dadurch explodierenden Kosten und der erhöhte Zeitaufwand, würde aber nur dem kleinen Korsen in die Karten spielen. Aber da die Franzosen dafür bekannt sind, noch schlechtere Schiffe als die Unsrigen zu bauen, ihrer isloierten Lage in Europa sei Dank, muss sich das Empire hier eigentlich keine Sorgen machen, wenn die Rumpfform etwas weniger bauchiger daherkommt… ;)
Zum Abschluss der Recherchearbeiten wurden dann noch Stückpforten und Mastpositionen mit den Plänen verglichen. Das Ergebnis ist dabei durchaus als zwiespältig zu titulieren:
Problemzone II: Mastpositionen und Stückpforten
Auch wenn das Blitzlichtdings ein wenig die Perspektive verzerrt, so ist die Position der Stückpforten doch allesamt in Ordnung. Keine kollidiert mit den Spanten und stimmt damit weitestgehend mit den Plänen des italienischen Iren, Mr. Dea Gostini überein. Was bei allen Verdächtigungen der Sabotage nicht selbstverständlich ist.
Allerdings, bei der Position der drei Masten gibt es deutliche Abweichungen, die selbst durch das Blitzlichtdings nicht verhindert werden können – eher im Gegenteil:
Positionsabweichung Fockmast
Positionsabweichung Großmast
Positionsabweichung Kreuzmast
facit: Jeder sollte vor dem Bau dieses Schiffes, sich schon mal mit einem Fantasieschiff beschäftigt haben, dass macht die Arbeiten an His Majestic Ship unheimlich angenehmer und fördert weniger Magengeschwüre… ;) :pffft:
Damit sind nun die Recherche- und Vergleichsarbeiten vorerst abgeschlossen und die Bauphase kann ins Zentrum des Bestrebens rücken. Hier ist als erstes der Austausch vom besagten Problemspant vorgesehen, leider mangelt es Chatham aktuell an passenden Ulmen, so dass die Hölzer in Toomtown geordert werden müssen, zusammen mit einigen Balsahölzern zur Auffüllung der Zwischenräume und Stabilisierung der Spanten.
Fortsetzung folgt…
Ergebenst, der Assistent von Mr. Portnoy seines Zeichens Schiffszimmermeister von Königs Gnaden
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
Fast auf den Tag genau, ist es einen Monat her, wo die ersten Ulmen in den Wäldern bei Chatham, Rochester und Gillingham ihrer Bestimmung zu Opfer fielen, um für König und Empire ein neues Flaggschiff zu bauen.
Sehr schnell zeigten sich dabei viele Hindernisse, die einen seit der Kiellegung das Leben schwer machen wollen. So zog sich Mr. Portnoy oft zurück und brütete über den Plänen, die ihm zur Hand lagen, während die Arbeiten auf der Werft dabei oft zum Stillstand kamen, weil wieder etwas verglichen werden musste.
Die Erkenntnisse waren dabei so frustrierend, wie die Niederlagen der Koalition auf dem europäischen Festland. Schließlich, bei einem guten Whisky und einer Zigarre, kommt es zu der Entscheidung, einfach unbeirrt weiterzumachen und sämtliche, sich offenbarende Hindernisse hinwegzufegen, so lange sie einen nicht aufhalten.
Als erster Schritt, auf diesen Weg der Erkenntnis, wurde beschlossen, den Rumpf bzw. die einzelnen Spanten zu stabilisieren. Hierfür wurden zwei Leisten in die Spanten versenkt:
Verwendet wurden hierfür zwei 4 cm breite und 0,5 cm starke Leisten, diese richten ohne viel Aufwand, die Spanten im 90 Grad-Winkel zum Kiel aus. Verleimt ist natürlich noch keine Einzige.
Als Nächstes ist es geplant, die „Problemspanten“ auszutauschen und alle anderen Spanten zu verstärken, um somit mehr Fläche für die Planken zu bekommen.
Leider ist das frisch gelieferte Holz - 4 mm Birkenplatten - von offensichtlich minderer, gar französischer Qualität und sind leider kräftig verzogen.
Durch Wässerung und viel Druck, hoffe ich allerdings, dass sich das Holz noch retten lässt und es bald weiter geht. :)
Fortsetzung folgt…
Ergebenst, der Assistent von Mr. Portnoy seines Zeichens Schiffszimmermeister von Königs Gnaden
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
Baulogbuch – 9. Tag - Von Rückschlägen und Fortschritten
Wir schreiben den 13. März 1800.
Heute wurde sich offiziell von dem Gedanken verabschiedet, die Spanten für His Majestic Ship neu auszusägen und einzubauen. Nachdem einige Versuche sich den Spanten durch einen Neuausschnitt zu nähern, sich allesamt als großer Käse entpuppten. Manche munkeln, dass der werte Bauherr einfach einen miesen Tag erwischt hat - andere, das er nicht nur ein Bein, sondern auch nur ein Auge hat und folglich die Dinge schlechter wahrnimmt. Aber wer will Mr. Portnoy da widersprechen… es wird wahrscheinlich beides sein. Offiziell wurde nun beschlossen, die Victory mit dem vorhandenen Spantenmaterial weiterzubauen.
Die Spanten Nr. 30 + 31 wurden somit verleimt und im bekannten Verfahren auch noch mit Dübeln versehen:
Damit man diese, immer noch irgendwie unbefriedigende Lösung, Mr. Portnoy nicht den ganzen Tag vermiest. Wurde nun der Bugbereich für die Beplankung verstärkt bzw. aufgefüllt:
Verwendet wurde zum Auffüllen Lindenholz, dass lässt sich wunderbar verarbeiten und schleifen. Einzig die Ecken werden noch mit Hölzern aufgefüllt.
Da die Füllhölzer sehr „passgenau“ eingearbeitet sind, wurde auch der Spant noch einmal verstärkt, um zu verhindern dass sich dieser wohlmöglich in 100 Jahren verzieht:
Ähnlich, wie dieser Spant, sollen auch die anderen Spanten nun so unterhalb des Batteriedecks verstärkt werden, um so auch genügend Fläche für die Beplankung zu haben.
Fortsetzung folgt…
Ergebenst, der Assistent von Mr. Portnoy seines Zeichens Schiffszimmermeister von Königs Gnaden
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
Das Empire ist ins Wanken geraten, erst fängt unser Linienschiff, die „HMS Queen CHARLOTTE“ in der Nacht des 17. März Feuer und sinkt so schnell vor Livorno, dass 673 tapfere britische Seeleute den Tod finden. Sei dies an Unglück noch nicht genug, so hat uns doch der kleine Korse Ägypten entrissen. Bei der Schlacht von Heliopolis am 21. März, hat sein General Kléber das osmanische Heer von Großwesir Jussuf Pascha geradezu vernichtend geschlagen.
General Jean-Baptiste Kléber, *9. März 1753
Mit diesem Sieg hat das Empire einen empfindlichen Schlag erlitten und ich fürchte, es wird nicht mehr lange dauern, bis britische Soldaten am Fuße der Pyramiden den Franzosen gegenüberstehen werden, um das königliche Anrecht auf Nordafrika, denn Blauen wieder zu entreißen.*
Ägypten im Jahre 1798 und die strategische Position von Heliopolis
Zudem erreicht uns Kunde, dass in Amerika ein neuer Präsident ausgerufen werden soll. Ein gewisser Thomas Jefferson befindet sich offensichtlich unter den Kandidaten. Er soll ja diesen Toilettenwisch, dass die amerikanischen Seperatisten „Unabhängigkeitserklärung“ nennen - mit entworfen haben. Wer hätte schon gedacht, dass dieses Toilettenpapier ihm eines Tages die Präsidentschaft bringen soll. Dabei ist er gewiss genauso korrupt, wie sein Vorgänger John Adams...**
Immerhin wurde ich vor ein paar Tagen, bei einer Stipvisite in London Augenzeuge, als ein gewisser Alessandro Volta der Royal Society eine so genannte "Stromquelle" vorgestellt hat. Er nennt sie „voltasche Säule“:***
Voltasche Säule
Gewiss eine interessante Erfindung, es bleibt abzuwarten, wozu sie irgendwann von Nutzen sein wird. Für die Royal Navy wird sie aber sicherlich untauglich sein, wir stehen doch mehr auf guten Wind, volle Segel und den Donner aus unseren 32-Pfündern :)
So ist es auch in diesen Tagen weiter gegangen in der Werft von Chatham. Andere Werften sind zwar schon weiter mit ihren Linienschiffen, so dass gar schon die Stückpforten ausgesägt wurden. Dafür wird in Chatham viel Wert auf ein stabiles Grundgerüst gelegt ;)
Damit es aber auch bald mit der Beplankung losgeht, wurden die heutigen Fortschritte mal wieder für die Nachwelt dokumentiert. Nach dem Einbauen der Spanten, wurden diese für das Unterwasserschiff mit 4mm Birnensperrholz verstärkt - ursprünglich sollte hierfür Balsaholz verwendet werden, um das Unterwasserschiff damit vollkommen aufzufüllen - die Idee wurde aber aufgrund der horenden Kosten von der Admiralität abgelehnt...:
Leider waren danach die verfügbaren Zwingen aus, so dass die Verstärkung noch nicht für den gesamten Rumpf fertig ist… :(
Abschließend hat Mr. Portnoy die Zwischenarbeiten abgenommen:
Es soll ja Schiffsbauer geben, die das Unterdeck nach dem Einbau mit Tonnen von eingemachten Lebensmitteln so belastet haben, um es so völlig gleichmäßig einzubauen. Hier wurde sich auf einfache Nadeln beschränkt, durch den verstärkten Unterboden, liegt die Deckshälfte ganz gut auf. :)
Fortsetzung folgt…
Ergebenst, der Assistent von Mr. Portnoy seines Zeichens Schiffszimmermeister von Königs Gnaden
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
hier möchte ich doch einen kurzen Zwischenbericht verkünden. Leider wurde der königliche Zeichner beim Porträtieren der wunderbaren südenglischen Kreidefelsen bei Dover von einer starken Bö erfasst und gen Frankreich getrieben. So dass wir die Stelle des KHzDuNgrbritS "Königlichen Hofzeichners zur Dokumentation und Niederschrift großartiger britischer Segelschiffe" neu besetzen mussten. Leider verzögert sich die Ankunft des KHzDuNgrbritS noch ein wenig, da - so ereilte uns die Kunde aus London - ein hinterlistiges Attentat auf unseren glorreichen König "Georg III." im Theatre Royal an der Drury Lane ihn beinahe zu Tode gestreckt hat. So dass, das gesamte Empire zur Zeit in Aufruhr ist und die Straßen von London nach Chatham zahlreichen Kontrollposten, auf der Suche nach dem Attentäter, unterliegen.
Georg William Frederick III.
Theatre Royal an der Drury Lane
So wird es leider noch ein paar Tage dauern, bis die Fortschritte an His Majestic Ship bildlich dokumentiert sind. Aber in meinen Worten soll hiermit zu lesen sein, dass die Verstärkung der Spanten bald abgeschlossen ist und anschließend mit der Beplankung begonnen wird. Die Admiralität erwägt allerdings, aufgrund der Vielzahl von geradezu "victorianischen Schiffen", dieses Schiff bei Fertigstellung der Beplankung einem beachtlichen Umbau zu unterziehen. Genauere Gedanken hierzu, behält der königliche Schiffszimmermeister Mr. Portnoy noch für sich. Aber es wird gemunkelt, dass in gut 20 Wochen gelbe Fenster für das Schiff geliefert werden sollen und dies zu einer mächtigen Magenverstimmung bei Mr. Portnoy gesorgt hat (Königliche Glasbläserei, Eintrag Nr. 58). Da die Fenster wohl von extrem minderer Qualität sind. Die Admiralität sich aber (noch) weigert, dies einzuerkennen und daher keine Notwendigkeit sieht, diese Fenster unbedingt auszuwechseln bzw. zu verbessern. Dieser Umstand scheint allerdings bei Mr. Portnoy eine Kettenreaktion ausgelöst zu haben, so dass er seine Zeichner angewiesen hat, His Majestic Ship, umzugestalten bzw. hinsichtlich Verbesserungsmöglichkeiten zu untersuchen.
Erste Zeichnungen von potentiellen Umbaumaßnahmen hierzu, sollen aus der königlichen Marine-Akademie in Bradford, West Yorkshire alsbald hier eintreffen: (Drawings by Warburton)
(Drawings by Glover)
Die Detailzeichnungen versprechen einiges - vielleicht kennt sie jemand und vermag sie im Vorfeld schon zu beurteilen. Bis sie aus der (e)Bucht angeliefert werden, wird es leider noch ein wenig dauern.
Außerdem gibt es bald wieder neue/ weitere Pläne aus Bradford - die ebenfalls weitere pikante Details des Schiffes zeigen und geradezu einen Vergleich mit bereits vorhandenen Plänen verlangen: (Plans by John E. Skinley)
Auf jedenfall werden wir sehen, wie hilfreich diese neuen Skizzen sein werden. Über eine Vorabbeurteilung eines Kennenden würde sich Mr. Portnoy aber gewiss freuen.
gez. Jasper Fetherston Biograf der königlichen Admiralität
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)