Nachbau, Rekonstruktion und Restaurierung sind die drei Grundpfeiler des Schiffsmodellbaus, wobei dieser zum allergrößten Teil auf den Nachbau ruht. Man hat seine Pläne, seine Bauanleitung und im Falle eines Baukastens vorgearbeitete Teile zum Zusammenbau. Man bringt seine kunsthandwerklichen Fertigkeiten ins Spiel und freut sich über die gelungene Arbeit. Über den historischen Hintergrund weiß man soviel wie die Pläne oder Baukästen aussagen und man ist zufrieden bis man irgendwo das gleiche Schiff in völlig anderer Aufmachung zu Gesicht bekommt. Man bekommt Zweifel und fragt „Warum!“
Diese Frage bringt uns zur Rekonstruktion. Dazu sollten Forschung, genügendes Fachwissen und „gesunder Menschenverstand“ gehören um sich selbst fragen zu können „Warum“ gewisse Lücken in gesammeltem Material und auftauchende Probleme nur in der oder der Weise gelöst werden können. Wie so manch einer schon erfahren hat bedarf es einer großen Menge Vorarbeit bevor die resultierende dreidimensionale Lösung der Welt vorgestellt werden kann, wobei jede Lösung individuell geprägt ist. Es gibt keine zwei Menschen die unabhängig von einander zu einer hundertprozentig gleichen Lösung kommen. Mathematisch wohl, artistisch nie.
Der Name CHALLENGER ist heute wegen der gleichnamigen Space Shuttle, ihrer vielen Flüge ins All und ihrem tragischen Ende wohl vielen Menschen in der Welt geläufig; aber die wenigsten wissen worauf diese sehr zutreffenden Namen der verschiedenen Space Shuttles basierten. Der Name CHALLENGER wurde von der NASA nicht gewählt weil diese Shuttle das Weltall herausfordern (challenging) sollte; ebenso wie ENDEAVOUR, DISCOVERY u.s.w. waren es Namen mit denen man an die bedeutenden Forschungsschiffe des 18. & 19. Jahrhunderts erinnern wollte. Schiffe, die das Wissen um unsere Welt sehr vergrößert hatten.
Die Frage, ob die hier beschriebene Rekonstruktion eines Modells des britischen Forschungsschiffes HMS CHALLENGER möglich wäre, wurde mir in den mitte-neunziger Jahren vom Kurator der damals noch im Aufbau befindlichen „Ozeanographie und Polar Wissenschaft“ Abteilung des Deutschen Schiffahrtmuseums Bremerhaven herangetragen. Man wollte neben dem von mir bereits geschaffenen und in ihrem Besitz befindlichen Modell der HMS BEAGLE, die hydrographische Forschung representierend, diesem im gleichen Maßstab ein Modell des Schiffes gegenüberstellen das bahnbrechend in der Ozeanographie war. Diese Aufgabe war mehr „challenging“ als der Bau anderer Modelle von denen man wußte das sie bereits bekannt waren. Es ging für mich darum nicht ein Modell, sondern „das“ Modell des Forschungsschiffes für eine richtungsweisende Abteilung eines bekannten internationalen Schiffahrtsmuseums zu entwickeln und dem Publikum näher zu bringen. Das setzte, genau wie Jahre vorher bei meinem Buch „HMS BEAGLE, Survey Ship extraordinary“ und dem damit verbundenem Modell für das DSM, als erstes die große Suche nach brauchbaren Unterlagen in Bewegung.
Zuerst einmal war die Frage nach dem Vorhandensein eines originalen Modells des Schiffes zu klären. Diese wurde letzten Endes leider negativ beantwortet, mit dem Resultat das ein solches in keinem britischen Museum vorhanden war. Es existierten nur im Science Museum London zwei Querschnittmodelle im Arbeitsbrückenbereich mit den entsprechenden Forschungsgeräten. Die weitere Suche nach originalen Bauplänen des Schiffes brachte sieben Pläne hervor, von denen drei die Risse der Spardeck Korvetten Klasse PEARL von 1856 waren zu der auch CHALLENGER gehörte. Diese waren sehr nützlich für die Entwickelung der Linienrisse des Modellrumpfes; die nächsten drei, den inneren Umbau des Schiffes von 1873 zeigend, wären wohl eine ausgezeichnete Hilfe für ein Interiormodell des Forschungschiffes, waren jedoch völlig ohne Nutzen für das gewünschte Exteriormodell. Der siebte war noch ein einfacher Segelplan der Korvette als Forschungsschiff, aus dem man die Form und Anzahl der Segel entnehmen konnte.
Hier sind die im National Maritime Museum Greenwich erhältlichen sieben Pläne nach Namen und Nummern aufgeführt:
NPA 8437 Admiralty 21st M ay 1856 A Design for building a Corvette with a covered deck on the Lines of the ‘PEARL’. Sent to Woolwich to be copied for CHALLENGER.
NPA 8439 Admiralty 8th September 1856 Plan of Spar Deck for the CHALLENGER, CLIO and RACO
NPA 8443 Admiralty 22nd May 1856 Midship Section for the Corvette with a covered Deck to be build on the Lines of ‘PEARL’
NPA 8446 Sheerness Yard 9th January 1873 CHALLENGER Plan of Main Deck as fitted
NPA 8447 Sheerness Yard 9th January 1873 CHALLENGER Plan of Lower Deck as fitted
NPA 8448 Sheerness Yard 9th January 1873 CHALLENGER Plan of Hold as fitted
NPA 8449 Admiralty March 1872 CHALLENGER Sketch of Sails for Fitting for special Service.
Mit der Hilfe des Deutschen Schiffhrtsmuseums konnte ich auch den Report on the Scientific Results of the Voyage of H.M.S. CHALLENGER during the Years 1873-76 by Sir C. W. Thomson & J. Murray 1885 einsehen und fand in diesem eine Übersichtsskizze des für die Forschung umgebauten Spardecks (Oberdeck). Mit dieser und der Sammlung von Photos des der Expedition beigeordneten Photographen, unter denen auch ein paar auf das Schiff bezogene waren, konnten dann auch das Spardeck und die zum Forschungsschiff gehörigen Boote exakt nachgebildet werden. Dieser glückliche Umstand, das man diesem Report als Illustration einen kleinen Übersichtsplan des umgebauten Spardecks beifügte, und das zwischen den vielen Bildern des Photographen auch einige waren die an Bord aufgenommen wurden, machte es möglich eine naturgetreue Rekonstruktion dieses für die Wissenschaft so wichtigen Schiffes zu schaffen.
HMS Challenger1.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Übersichtsplan des umgebauten Spardecks
Für die Bemastung und Takelung standen u.a. auch John Fincham’s Treatise on Masting Ships & Mast Making 3rd Edition 1854 und George S. Nares Seamanship, 2nd Edition 1862 zur Verfügung. George S. Nares war auch der erste Kapitän des Forschungsschiffes. Bevor hier der Bau des Modells erörtert wird soll vorweg die Geschichte des Schiffes selbst vorgestellt werden.
Es gab in wissenschaftlichen Kreisen Großbritanniens während der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts lebhafte Diskussionen über die Absichten amerikanischer und deutscher Kreise Expeditionen durchzuführen um das menschliche Wissen über das Leben in den und über die Tiefen der Ozeane zu bereichern. Man ließ der Royal Society und der britschen Admiralität dringend wissen das damit die britische Vorherrschaft auf dem Gebiete der Hydrographie in Frage gestellt würde und man solle doch ein Schiff der Flotte umrüsten um auf diesem neuen Gebiet der Ozeanographie nicht zweitklassig zu werden. Die Regierung erkannte nicht nur den wissenschaftlichen sondern auch die politischen Vorteile dieser Petition und stimmte zu. Bei Ende des Jahres 1870 wurde HMS CHALLENGER zum Hydrographic Office überstellt um entsprechend ausgerüstet zu werden.
HMS CHALLENGER war das vierte Schiff dieses Namens in der britischen Royal Navy. Am 13. Februar 1858 auf der Woolwich Marinewerft vom Stapel laufend war sie eine dampf-unterstützte Spardeck-Korvette und ihre Hauptabmessungen waren:
Länge zwischen Vor- und Achtersteven 200 Fuß (englisch) Größte Breite 40 Fuß 6 Zoll Tiefe im Hold 23 Fuß 11 Zoll Tiefgang am Steven 17 Fuß 4 Zoll Tiefgang am Achtersteven 18 Fuß 10 Zoll Verdrängung 2306 tons Geschwindigkeit unter Dampf 10.8 Sm Besatzung: Offiziere, Mannschaft & Wissenschaftler 290
Sicher wird nun die Frage aufgeworfen, was war eine Spardeck-Korvette und was unterschied im 19. Jahrhundert eine Korvette von einer Fregatte? Es war nicht die Größe des Schiffes, es war nur die Anordnung der Decks. Eine Fregatte hatte das Zwischendeck völlig für die Besatzung eingerichtet, während auf dem Oberdeck eine Breitseite von Geschützen stand. Das Halbdeck und die Back waren ebenfalls mit Geschütze versehen und über der Kuhl gab es zwischen den beiden ein Verbindungsdeck das aber über den auf dem Oberdeck stehenden Booten offen war.
Im Gegensatz zur Fregatte führte eine normale Korvette ihre Geschütze nur an Oberdeck, während eine Spardeck-Korvette, ähnlich einer Fregatte, ein Deck über dem Oberdeck besaß das aber zu leicht war um Geschütze aufzustellen. Es diente nur dazu die Batterie auf dem Oberdeck bei schlechten Wetter trocken zu halten.
Nach ihrer Indienststellung wurde HMS CHALLENGER der West-Indien Station zugeordnet und nahm 1860 an der Besetzung des mexikanischen Hafens Vera Cruz teil. Mexiko sollte gezwungen werden Wiedergutmachungszahlungen an die in der revolutionären Zeit verletzten britischen Bürger zu entrichten. Sie segelte dann in 1866 nach Sydney um als Flagschiff der Australien Station die Dampf-Fregatte CURACOA abzulösen. In dieser Funktion diente sie vier Jahre, segelte einige Male nach Neuseeland und beschoss als Vergeltung für die Ermordung eines Missionars und seiner Familie in August 1868 auf Fidschi Dörfer im Distrikt Reva. Im September 1870 wurde sie abgerufen und übergab das Kommando der Australien Station an ihr Schwesterschiff CLIO. Daraufhin kehrte sie nach England zurück und wurde an das Hydrographic Office übergeben.
Ihr Dasein als Kriegsschiff endete auf der Sheerness Werft, wo sie vollkommen zum ozeanographischen Forschungsschiff umgebaut wurde. Alle Geschütze, mit der Ausnahme von zwei, die für zeremonialle Anlässe benötigt wurden, entfernte man und auf dem Oberdeck wurden Laboratorien und die Unterkünfte der Wissenschaftler geschaffen. Das Spardeck wurde verstärkt und zum eigentlichen Oberdeck, es erhielt mittschiffs eine Arbeitsbrücke für die Wissenschaftler, vor dem Besanmast wurde eine Navigationsbrücke errichtet und im Achterschiff gab es noch eine Hütte für wissenschaftliche Arbeiten. An Booten erhielt sie an Deck eine Launch, eine Dampflaunch und zwei Walboote; während außenbords sechs Kutter und achtern eine Gig hingen; insgesamt waren es elf Boote.
Die berühmte Reise begann drei Tage vor Weihnachten 1872 mit der Aufgabe die Tiefseekonditionen in den Ozeanen bis herunter zum Südpol zu erforschen. Ein neues Wissensgebiet, denn bislang ging es in den hydrographischen Bureaus aller Nationen hauptsächlich darum Seekarten der Küstengebiete zu erstellen und die Tiefen der interkontinentalen Fahrwaserstraßen u.s.w. zu ermitteln um diese Handelswege sicherer zu machen. Das Wissen um die Ozeane, ihre Tiefen, Strömungen, Temperaturen, den Druck des Wassers in unterschiedlichen Tiefen, wie weit das Licht in die Tefe dringt, was für Kreaturen in der Tiefsee leben und viele andere Fragen waren den Menschen bis zum letzten Viertel des 19. Jahrhunderts noch völlig unbekannt. Es waren Fragen die das neue Forschungsfeld der Ozeanographie beantworten sollte und für die das Forschungsteam bekannter Wissenschaftler unter der Leitung von Professor Sir Charles Wyville Thomson sich bemühte auf der jahrelangen Weltumsegelung Antworten zu finden.
Auf dieser Reise von 68.890 Seemeilen (127.580 Km) machten die Wissenschaftler 497 Tiefseelotungen, holten mehr als 130 mal mit speziellem Baggergerät Erdproben vom Ozeanboden, gingen viele male mit dem Tiefsee-Schleppnetz durchs Wasser um unbekannte Meerestiere zu finden und checkten Wassertemperaturen in verschiedenen Tiefen. Die Reise währte 1251 Tage und endete am 24. Mai 1876 im Hafen von Spithead / Hampshire.
HMS Challenger2.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Galionsfigur der HMS CHALLENGER
Die Expeditionsreise startete unter der Leitung von Kapitän George Strong Nares, Captain RN, von Portsmouth über Lissabon zu den Kanarischen Inseln, dann über den Atlantk nach Mittelamerika, von dort nördlich entlang der Ostküste nach Kanada. Wieder wurde der Atlantik gekreuzt, diesmal zu den Azoren; von dort zurück nach Brasilien und Südafrika und hinunter zum Eis des Antarktischen Kontinent. Das nächste Ziel war Australien, gefolgt von Neu Seeland, Tonga und anderen Inseln des Pazifiks. Zurück nach West Australien segelte man nordwärts zu den Indonesischen Inseln, den Phillipinen und nach HongKong. Dort erhielt Kapitän Nares die Nachricht nach England zurückzukehren um eine andere Aufgabe zu übernehmen.
Nach der Übergabe des Kommandos an Kapitän Frank Tourle Thomson suchte HMS CHALLENGER nochmals die Phillipinen auf, segelte nach Japan, Hawaii und Tahiti, dann zur Südspitze des Südamerikanischen Kontinents. Nachdem die Magellan Straße passiert wurde waren die Falkland Inseln die nächste Station. Danach entlang der Südamerikanischen Küste heimwärts und nach einer weiteren Überquerung des Atlantischen Ozeans zum letzten Ziel - England. HMS CHALLENGER war zu ihrer Zeit das größte für Forschungszwecke umgebaute Schiff und wurde zwei Jahre nach ihrer berühmten Weltumsegelung wegen zu großer Unterhaltungskosten aufgelegt. Während ihrer letzten Jahre im aktiven Dienst wurde sie als Küstenwach- und Royal Navy Reserve Training Schiff in Harwich stationiert und bald darauf zur Chatham Marinewerft gesandt um dort 1878 aufgelegt zu werden. Sie verblieb dann bis 1883 in Reserve und wurde danach zum „Receiving Hulk“ (gewöhnlich ein seeuntaugliches Schiff das, abgetakelt und mit einem barackenähnlichen Aufbau versehen, in jedem Marinehafen Seeleute der R.N. die zeitweilig ohne Schiff waren aufnahm und beträute) auf dem Medway umgewandelt. Im Januar 1921 kam dann ihr Ende. Sie wurde zum Abwracken verkauft, wobei es dabei in der Hauptsache um den Wert ihres Kupferbeschlags ging. Ein unrühmliches Ende für eines der wenigen R.N. Schiffe, die berühmt wurden weil sie in Friedenszeit Wissenschaft förderten. Nur die Galionsfigur steht als Erinnerung an das Schiff in dem National Oceanography Centre in Southampton.
Wie bereits erwähnt, Kapitän der HMS CHALLENGER war George Strong Nares, Captain RN., ein Seeoffizier mit einer langen Erfahrung auf Spezialschiffen. Als junger Leutnant nahm er an der Polarexpedition von 1852 teil, die nach der verschwundenen Polarexpedition von Sir John Franklin und seinem Schiff HMS ERBERUS suchten. Er diente im Crimean Krieg und schrieb das Werk The Naval Cadet’s Guide; or Seaman’s Companion, erstmalig published in 1860, mit der zweiten Ausgabe jetzt unter dem Titel Seamanship.(IBSN 0 905418 37 9) Er kommandierte die Seitenrad-Schlup SALAMANDER während hydrographischer Vermes-sungsarbeit vor der Küste Queenslands und leitete für die ersten zwei Jahre der Weltumseglung HMS CHALLENGER, bis er zum Ende 1874 in HongKong nach England gerufen wurde um das Kommando der Polarexpedition von HMS ALERT und DISCOVERY zu übernehmen. Er erreichte den Rang eines Vize-Admirals und wurde geadelt. G. S. Nares starb 1915 in einem Alter von 84 Jahren.
Nach dem Sammeln der Unterlagen begann die zeitraubende Arbeit des Präparierens der für den Bau notwendigen Zeichnungen in dem vom Museum gewünschten Maßstab. Zuerst geschah dies nur in Bleistift als Arbeitszeichnung. Einmal der dem Forschungsschiff angepassten Linien und Spantenriss und zum anderen eine Seiten und Draufsicht. An eine Veröffentlichung dieses Materials war zu der Zeit nicht gedacht. Die dann ausführlich in Tinte gezeichneten, wie die folgende mit Deckquerschnitten, Bug und Heckansicht wuden erst vor wenigen Jahren im Rahmen meines letzten Buches A MILLENNIUM OF SAILING SHIPS geschaffen.
HMS Challenger3.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) HMS CHALLENGER 1873 Seitenansicht
HMS Challenger4.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Linien und Spantenriss der HMS CHALLENGER 1873
Dann begann die dreidimensionale ca. 1 ½ Jahre andauernde Bearbeitung des gewünschten Modells. Kiel, Vor- und Achtersteven wurden zuerst auf einer Ebene zusammengefügt. Aus den Bilde wird ersichtlich daß nur die innere Tiefe des Kiels bis zur Sponungslinie benutzt wurde. Der Grund dafür war die Bearbeitung der Spanten. Man konnte auf diesem Wege mit einem Sandpapierblock deren Oberfläche sorgfältig schleifen ohne die Sponung oder die Oberfläche des außenstehenden Kiels zu verletzen. Zwischen den Spanten sind Abstandshölzer geklebt um diese in Position zu halten und um das ganze Gefüge zu stabilisieren.
HMS Challenger5.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Auf diesem Bild ist die Beplankung vollendet.
HMS Challenger6.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Das Setzen der Spanten auf einem Grundbrett ist sicher vielen Modellbauern bekannt und braucht hier wohl nicht weiter erläutert werden. Es macht des Übertragen von Planlinien auf den Modellkörper einfach und ist auch sonst eine gute Arbeitsfläche um die Oberfläche der Planken zu schleifen. Hier sind auch verschiedenfarbige Hölzer verwendet worden um das Unterwasserschiff deutlich zu machen. Der äußere Kiel und die Steven mit Scheg wurden danach angebracht. Gleichzeitig wurde der Ständer angepasst und fertig gestellt um das Modell nach der Befreiung von der Helling aufzustellen.
Bevor wir mit dem „Stapellauf“ beginnen laßt uns erst noch einen Blick auf das etwas ungewöhnliche Heck eines frühen Dampfsegelschiffes werfen. Im oberen Bereich sind beidseitig die Galerien sichtbar und unten sieht man zwei Achtersteven. Am inneren endet die Beplankung und tritt die Schrauben-welle aus. Zwischen diesem und dem äußeren Steven befindet sich die Schraube und der Schraubenschacht, der bis zum obersten Deck führt und in dem die Schraube an Laufschienen hochgezogen wird wenn das Schiff unter Segel ist. Zur Rückseite des hinteren Stevens wird dann das Ruder montiert. Außerdem ist der kreisrunde Ruderkoker sichtbar.
HMS Challenger7.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
HMS Challenger8.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Auf diesem Bild ist der Rumpf bereits seinen „Fesseln“ entronnen. Überstehenden Spantköpfe wurden entfernt, die Innenwegerung ist geplankt und mit einem Schandeckel abgeschlossen. Sichtbar sind auch die eingesetzten Decksbalken und der Wassergang. Desweiteren sieht man außenbords die mit Bleistift markierten Geschützpforten, die zwar noch vorhanden, jedoch ohne Geschütze waren. Es gab nur noch zwei, mittschiffs stehend, die beim Besuch hochrangiger Personen an Bord, oder zur Ehrung von Kriegsschiffen Salut feuerten. Alle Stückpforten wurden beim Bau nur noch zur Markierung leicht angeritzt und mit Scharniere versehen.
Hier ist das Deck bereits geplankt und das Vor-schiff mit dem Scheg, den Rege-lingen, der fal-schen Reling zu beiden Seiten der Galion mit dem Butluvloch, der Galionsfigur mit geschnitzten Ornamenten ver-sehen. Auf dem über dem im Bug erhöhten Schandeck sitzt ein Halbrund mit den Führungslöchern der Stagsegelleinen und all die weiter vorhandenen Details bis zur Lotungs- und Logging Plattform direkt vor dem Fockrüst sind angebracht. Wie die Linien im Vorsteven zeigen wurde dieser in der gleichen Weise wie im Original zusammengefügt. Das Unterwasserschiff zeigt mit seinen grauen Flecken noch nicht abgeschliffene Spachtelmasse, die aufgetragen wurde um minimale Fugen zwischen den Planken zu schließen.
HMS Challenger9.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Im gleichen Bauzustand befindet sich das Achter-schiff hinter dem Großrüst und dem Heck mit der Galerie. Die unter den Pforten eingesetzten Messinghülsen sind Wasseraustritte und die begonnene Schandeck Erhöhung ist für die Aufnahme der Hängematten bestimmt. Deutlich sichtbar ist auch die Aufhängung des Ruders. Das zur gleichen Zeit aufgenommene Heck macht dies auch von einer etwas seitlichen Perspektive sichtbar. Die beiden Messingaugen in der Gillung dienen der Sorgleine und die dicht unter dem Koker erkennbaren Metallwinkel stabilisieren den hinteren Steven, während die beidseitigen Scharniere unter dem Heckbalken zu kleinen Ladepforten gehören. Das teilweise sichtbare schwarze Quadrat darunter zeigt die Öffnung der Schraubenaufhängung an.
Der Schraubenschacht ist hier von oben gesehen. In der Umrahmung sitzt eine Gräting. Das Deck ist, wie schon aus vorherigen Abbildungen ersichtlich gelegt. Dabei sind die normalen, stumpf gegen einander stoßenden Planken hell gehalten; die breiteren und dickeren,eichenen Stabilisierungsplanken, wie Fischung, Scheerstöcke oder Scheerstroken, Leibhölzer und Wassergänge erscheinen in einem anderen Ton. Die Verbindung dieser breiteren Planken war nicht stumpf, sondern lief mit einer Hakenlaschung über zwei Deckbalken.
HMS Challenger13.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) HMS CHALLENGER 1872, Längsschnitt des umgebauten Spardecks
Nachdem die Holzarbeit am eigentlichen Rumpf beendet war erfolgte die Farbgebung und die Detailierung des oberen Decks. Zur Verfolgung der weiteren Abbildungen soll hier erst ein Längsschnitt des obersten Decks vorgestellt werden. Die Farbgebung war schwarz/weiß mit einem gekupferten Unterwasserschiff. Von der zeitraubenden Arbeit einer maßstabgerechten Kupferung wurde abgesehen und durch einen Kupfer/-Bronze Anstrich ersetzt. Der beginnende detailierte Aufbau ist aus der Zeichnung erkennbar.
HMS Challenger14.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Starten wir nun mit der Betrachtung des Bugs und des Schegs. Dominierend sind hier die Galionsfigur, die mit Ketten abgesicherten Butluvs und die „seats of ease“, (die Toilettensitze) außerhalb der Bordwand. Innerhalb dieser sind noch die Belegnägel des Vorgeschirrs, eine der Festmacherkästen und ein Warpanker erkennbar. Man sieht hier die auf der vorherigen Seitenansicht schwach erkennbaren Aufbauten des Vordecks deutlicher. Direkt im Bug stehen die drei offenen Behälter für Festmacher und dazwischen ruhen an Deck zwei Warpanker. In der Mitte dahinter befindet sich eine Handwinde zum Einholen dünnerer Leinen. Auf gleicher Linie sind außenbords Davits angebracht. Gefolgt ist dies mittschiffs von einem Oberlicht, dem Fockmastbeting und dem vorderen Niedergang. Auf den binnenbords angebrachten Rollen sind Lotungsleinen aufgespult; etwas dahinter befinden sich Belegbänke für die Leinen des Fockmastes. Den Abschluß des Bildes bilden die Lüfter des Maschinenraums und der versenkbare Schornstein. Dieser Blick hinter die Windhuzen und dem mit Drahtsailen abgestagten Schornstein zeigt die an Deck festgezurrten Boote. Mittschiffs auf einem langen, eisernen Lüftungsgräting sitzt die große Launch, in dieser ist die Dampflaunch verzurrt und zu beiden Seiten neben der Launch liegen kieloben zwei Walboote. Umrahmt ist diese Bootgruppe von der erhöhten Arbeitsplattform der Wissenschaftler. Der hinter der Fockrüste außen-bords befestigte Pflichtanker ruht auf einem ausklappbaren eisernen Stuhl. Dies ist die Arbeitsplattform von hinten gesehen mit der halb darunter befindlichen Dampfwinde und dem Niedergang zur Plattform. Dahinter dann die Großmastspur und die Beting des Mastes; gefolgt vom Lüftungsgräting der Kombüse mit dem darin befindlichen Schornstein. Dahinter dann der hintere Niedergang. Im unteren Ende des Bildes sehen wir noch das Gangspill.
Anschließend an Niedergang und Gangspill zeigt das mittlere Bild eine Ladeluke, beidseitig Belegnagelbänke und mit Grätings versehene Trocknungsbänke der achterlichen Festmacher. Dahinter dann achteckige Kabinenoberlichte mit dem Bb.Treppenabsatz der Brükkenniedergänge. Zu sehen sind auch noch die durch die aufzubauende Brücke versteckten Einzelheiten des großen Messraumoberlichts, die doppelten Steuerräder und die achterlichen Belegpoller ebenso wie das Besanbeting. Achterschiff dominierend ist die Navigationsbrücke mit dem Kartenhaus und dem Hauptkompass dahinter. Das große Oberlicht an Deck darunter ist teilweise sichtbar, außerdem zwei Kompasse, (je einen für den Rudergänger und den wachhabenden Offizier), dahinter dann das doppelte Steuerrad. Direkt hinter der Brücke sitzt die Besanmastspur und ein uförmig umgreifendes Beting. Sechs kleine, achteckige Oberlichte befinden sich noch unter der Brücke und neben dem Oberlichtaufbau der großen Kabinen des Kapitäns und des leitenden Wissenschaftlers. Gefolgt ist dies von dem Schraubenschacht. Im hintersten Bereich des Achterschiffs gab es noch eine etwa 6 qm große Hütte, die sicher der ersten, groben Verarbeitung der gebaggerten oder gefangenen Funde diente. In den Bootdavits hingen sechs 28 Fuß Kutter wobei die hinteren, zwei Boote tragenden, Davits Steigeisen aufwiesen. Das in den Heckdavits hängende Boot war eine 22 Fuß Gig.Soweit das Modell ohne Takelage. Die beiden folgenden Bilder geben noch Ganzeindrücke des Modells wider; das untere zeigt all die Aufbauten vom Backbord Bug aus gesehen und auf dem unteren sehen wir es von Steuerbord achtern.
Auf dem ersten dieser Bilder ist nicht nur alles stehende Gut zu erkennen. Es zeigt auch in wieweit die Masten, Marsen, Stengen und das Bugspriet schwarz gestrichen waren. Sichtbar sind auch, besonders hinter dem Großmast, die Treisegelmasten von Fock und Großmast.Dieser Blick auf das Bugspriet läßt erkennen warum ein nicht mit der Takelung vertrauter Modellbauer hier bereits die Hände in die Luft werfen und verzweifeln möchte. Dabei ist es doch nur das Bugspriet mit dem Eselshaupt und die Stampfstock-Kombination mit den sich darum gruppierenden Stagen die hier zusammenkommen.
Modellbau ist ein Geduldspiel, das wissen wir alle; die volle Takelung eines Schiffes kann man jedoch mit Geduld hoch 2 bezeichnen. Es ist nicht nur langwierig, man muß sich auch vergewissern wo alles hingehört. Auf diesem Bilde haben wir z.B. von oben gesehen Vorstage und Vormarsstengestage, an den Seiten Backstagpaare, von unten Wasserstage, dann die durch den Stampstock laufenden Stampfstage, die Butluv Verstagung u.sw.
Werfen wir nun einen Blick um den Fockmast mit seinen Wanten und Pardunen. Oberhalb der Juffern ist eine Spreizlatte angebracht und binnenbords sitzt unter dieser eine Be-legnagelbank Am Niedergang begegnen wir zwei Seeleute. Diese und weitere Personen wurden auf Wunsch der Museumsleitung hinzugefügt um dem Beschauer ein optisches Größenverhältnis zwischen Mensch und Schiff zu vermitteln.
Auf der Arbeitsbrücke sind zwei Wissenschaftler im Gespräch vertieft. Neben den Figuren steht ein Azimuthkompass und auf der den Booten zugewandten Reling hängen zwei Rettungsringe. Dieses ist, wie andere, ein Detail das aus einem Originalphoto entnommen wurde. Unter der Plattform befand sich, wie schon erwähnt, eine Dampfwinde, an der links daneben dessen Betreuer, ein Maschinist, steht. Rechts ist der Niedergang der Arbeitsbrücke erkennbar. Das hinter dem Großmast befindliche Beting, der Niedergang usw. sind zum Teil durch die Wanten verdeckt. Der im Deck sichtbare starke Bolzen war ursprünglich für ein doppeltes Besanstag vorgesehen. Alten Reisephotos entsprechend fuhr das Schiff jedoch nur ein einzelnes, in genügender Höhe zum Großmast verzurrtes Besanstag.
Drehen wir uns nun einmal um und schauen nach achtern. Als erstes fallen die Großmastwanten und Pardunen mit der Spreizlatte in den Webleinen auf. Vor diesen hängen beidseitig je ein klinkergebauter, mit Bootstropps seefest gezurrter Kutter in den Davits, während sich in den über die gesamte Länge des Schandeckels angebrachten Boxen die mit Segeltuch verdeckten Hängematten befinden. Vor dem Besanmast steht in 10 Fuß über Deck die Schiffsbrücke. Neben beidseitigen Aufgängen hatte diese eine mit Segeltuch bedeckte offene Reling. Das in der Mitte der Brücke befindliche Kartenhaus ist auf dieser etwas vorwärts platziert um beiderseitigen Zugang zu dem dahinter stehenden Brückenkompass zu ermöglichen. Ein auf der Brücke befindlicher wachhabender Offizier wirft ein kritisches Auge auf die Tätigkeiten an Bord.
HMS Challenger29.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Auf der nachfolgenden achterlichen Ansicht fallen besonders die doppelten Bootdavits ins Auge. Sie haben auf der Rückseite Steigeisen um ins obere Boot zu gelangen und sind wegen des grösseren Gewichts am Besanmast verstagt. Im Gegensatz zu den seitlich seefest gestroppten Kuttern ist bei der kleineren Gig in den Heckdavits ein dreifacher Bootsstropp benutzt worden. Oberhalb des Baumes sind am Besanmast die Ringe für den dort zu befestigenden Besan sichtbar. Die Baum Dirk ist doppelt gehalten.
Kommen wir nun zur nächsten Phase des Takeln und beginnen mit den Schratsegeln.
Die auf dieser Gesamtansicht der Stag- und Gaffelsegel der CHALLENGER sichtbaren Segel sind von vorn gesehen: ein Klüver, ein Binnenklüver zum Klüverbaum gerefft, das Vormars-stengestagsegel und das Vorstagsegel vor dem Fockmast. Am Schnaumast dieses und dessen gestroppte Gaffel saß ein gerefftes, mit Reihleine befestigtes Treisegel (wenn das Schiff segelte wurde der Schornstein eingefahren). Am Großmast sind Treisegel und Schnaumast sichtbar; der Besan am Besanmast war dagegen ein Gaffel-und Baum-Segel das mit seinem Mastliek zu den auf und nieder gleitenden Mastringen gebunden war. Der Besan an der fierbaren Gaffel war mit einer Reihleine befestigt, der Hals zum Baum gezurrt, während die Besanschot über eine Scheibe im äußeren Baumende lief und in einem Takel endend an einer Klampe zum inne-ren Baum belegt wurde. Die Baum-schot selbst war unabhängig von der Segelschot. Hier nun ein paar Details der Takelage: Bild dominierend ist hier das Sicherheitsnetz, das von den Spreizbäumen des Bugspriets ausgehend zur Mitte des Klüverbaums befestigt wurde. Die Spreizbäume zeigen Toppnanten und Klüverbaum Backstage. An Stagen sehen wir von außen nach innen den Klüverbaumstampfstag zum Bb. Scheg gezurrt; den Vorroyalstag, der durch einen Block am Klüverbaum lief, dann durch das zweite Loch im Stampfstock um an zum Stb. Bug gezurrt zu werden. Von der Bramstengesaling folgte der Klüverstag der in der gleichen Weise durch das dritte Loch im Stampfstock zum Bb. Bug lief. Der Klüver ist zum Stag mittels einer Reihleine befestigt und wir sehen an diesem noch einen Niederholer und einfache Schoten. Vom gleichen Punkt kommt der Vorbramstengestag nieder zur Mitte des Klüverbaums und läuft durch die vierte Öffnung im Stampfstock.
Die nächste Abstagung ist der inner Stampfstag, eine Kette die vom Klüverbaum zu einer Öse an der Vorderseite des Stampfstocks geht. Die am gleichen Band sitzende hintere Öse hat eine kurze Kette von der geteilte Backstage zu beiden Seiten des Bugs führen. Der Binnenklüver ist niedergeholt und am Klüverbaum festgemacht. Er steht mit Stagreitern am Binnenklüverstag und hat in der Piek nebst dem Niederholer einen Aufholer fest der über einem Block an der Vormarsstengesaling läuft. Der Binnenklüverstag ist der oberste und letzte noch über dem Stampfstag durch den Stampfstock (Dolphin striker) führende. Die zum Ende des Bugspriets laufenden zwei Vormarsstengestage wurden dort durch die Violinen geführt und mittels Taljen im inneren Teil des Bugspriets festgesetzt. Am hinteren dieser Stage hing das Vormarsstagsegel. Weiterhin sind hinter den Violinen die Laschungen der Vorstage mit dem unteren Teil des Vorstagsegels erkennbar.
HMS Challenger32.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Hier sind noch einmal das Vormarsstengestagsegel und das Vorstagsegel mit ihrer Befestigung an den Stagen sichtbar. Bei diesem Blick aus der Vogelperspektive auf das mittlere Deck dominiert der Großmast mit dem gesetzten Treisegel. Es ist wie bereits erwähnt ein Gaffelsegel, gereiht zu einer gestroppten Gaffel; ferner zu dem hinter dem Mast befestigten Schnaumast. An diesem Segel sind folgende Leinen sichtbar: oben eine Piekgording, dann die Mittel- oder Nockgording und ein vom Schothorn über einen Block in der Mitte des Segels zum Mastliek laufender Aufholer um das untere Segel über den Besanstag heben zu können. Die Treisegelschot bestand aus einer Talje die jeweils auf der Leeseite neben dem großen Oberlicht eingehakt werden konnte. Außerdem hatte die Treisegelgaffel, wie jede gestroppte Gaffel, beidseitig von der Piek zur Seite herunterführende Gaffelgers.
Der letzte Blick auf das Achterdeck läßt uns einen hart am Steuerrad arbeitenden Rudergänger erkennen. Darüber die Navigationsbrücke und hinter dieser der Besanmast mit seinem Baum und dem an Ringe genähten Besan. Außenbords die doppelt gehängten Kutter.
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Aus diesem Segelriss der Quersegel sind die Verdoppelungen eines englischen Royal Navy Segels aus der Mitte des 19. Jahrhunderts erkennbar. Auf der Rückseite dieser sind es nur die Verdoppelungen (Stoßlappen) im Bereich der Marsen, während die Vorderseite (siehe rechts oben) einschließlich der Bramsegel eine Segelbahnbreite Verstärkung an den Seitenlieks und den Fußlieks aufweisen. Die leichteren Oberbramsegel hatten nur kleine Verstärkungsflecken in den Nocken und Schotecken des Segels. Dazu kommen an den unteren und den Marssegeln vollbreite Mittelbänder. Die unteren Segel hatten außerdem zwischen Mittelband und Fuß vier senkrechte, und die Bramsegel zwei diagonale Gordingbänder von gleicher Breite. Unterhalb der Reffbänder befinden sich noch im Bereich des Refftakels beidseitig kurze Verdoppelungen eingenäht. Die Reffbandverstärkungen von 1/3 Segeltuchbreite selbst sind auch auf der Vorderseite angebracht. Es sind am unteren Segel unseres Schiffes jeweils ein Band auf ¼ Höhe vom Toppliek und an den beiden vorderen Masten jeweils vier Bänder die vom Toppliek und zwischen jeden einzelnen 1/8 der Segeltiefe hatten. Am Besanmarssegel waren es nur drei. In jede Segelbahn (24Zoll Breite) kamen zwei Löcher.
HMS Challenger36.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Auf dem nächsten Bilde befindet sich eine Steuerbord-Bugansicht des fertig getakelten Schiffes. Wie bereits erwähnt sind bei einer Fahrt unter Segel der Schornstein und die Schiffsschraube eingefahren, hier jedoch der Ansicht wegen völlig sichtbar. Fragen eines Laien wie: „Warum ist der Schornstein nur ein kurzer Stummel und wo ist denn die Schiffsschraube geblieben?“ können dadurch vermieden werden. So mancher wird in der Takelung auch die Oberbramsegel am Fockmast und dem Besanmast vermissen. Ich habe dabei auf Originalbilder zurückgegriffen die das Schiff in diesem Zustand darstellten. „Übertakelung“ eines Modells macht es nicht unbedingt sehenswerter, im Gegenteil es vermittelt dem Beschauer eine gewisse „Leblosigkeit“. Seeleute unter uns stimmen darin mit mir sicher überein, denn für sie ist ein Schiff ein „lebendes Wesen“. Deshalb sind hier auch der Binnenklüver und die Fock beschlagen, während Vor-Treisegel und Großsegel für bessere Sicht aufgetucht wurden; das heißt die Geitaue und Gordinge wurde dicht geholt.
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Das obere Bild ist eine Backbord dreiviertel Achteransicht der H.M.S. CHALLENGER die uns einen Blick auf die Marse und in die Rückseite der Segel gewährt. Bei genauerem Hinsehen erkennt man auch den Verlauf der Stage, Brassen, Geitaue, Bulins, usw. usw. Man sieht das die stehenden Gaffeln der Treisegel von der Piek aus Gaffelgere seitwärts zum Deck führte während die fierbare Besangaffel diese nicht benötigte. Außerdem erkennt man auch die unterschiedliche Takelungsweise des Treisegels zum Besan, dessen Schot durch das Ende des von einer doppelten Dirk gehaltenen Baums führte und nichts mit der eigentlichen Baumschot zu tun hatte.
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Auf der oberen Darstellung kann alles was sich so an stehendem und laufendem Gut, nebst Segel um den Mars des Fockmastes gruppiert eingesehen werden. Zu der Fockrah mit ihren Leesegelspieren ist die Fock beschlagen. Davor sichtbar ist die Piek des mit Stagreiter am gleichnamigen Stag laufenden Vorstagsegels mit Auf- und Niederholer. Darüber befindet sich das Vormarssegel mit Gordings, Bulins und Refftakel. Die vorher erwähnten Doppelungen konnten bei der Größe der Segel nur angedeutet werden, genau so wie doppelte Nähte der überlappenden Segelbahnen im Modellmaßstab nur ½ mm apart lägen. Eine aktuelle Verdoppellung beider hätte dem Ansehen des Modells nur geschadet. Die Brassenverindung mit der Rah war eine kurze „Dog and Bitch“ Verbindung und die von der Gaffelpiek herunterführenden Geffelgerschenkel hatten in Kauschen eingehängte Blöcke.
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Diese letzte Detaildarstellung zeigt die Behandlung der Großrah mit dem aufgetuchten Großsegel, welches nur ein Einholen der Geitaue und Gordings ist. Über diesem sichtbar ist das Großmarssegel mit den vorwärts führenden Bulins. Hinter dem Großmast ist das dazu gehörige Treisegel gesetzt und ganz links im Bild der Besanmast mt dem von Gaffel und Baum regierten Besansegel. Die an diesem Mast gesetzte Kreuzrah führt kein Segel und ist nur für das Spreizen der Besanmarssegelschoten notwendig. Sichtbar an dieser sind die Fußpferde. Die Brassen dieser Rah sind vorwärts geleitet.
Mit diesen kleinen Einblick in die komplizierte Takelage eines vollgetakelten Schiffes möchte ich den Baubericht beenden. Er wird den „Alten Hasen“ der Branche wohl nicht viel Neues gebracht haben, kann aber den sich noch auf Baukästen stützenden gewisse Ideen vermitteln. Wie ich bereits eingangs ausdrückte ist ein Schiffsmodell gleich einem Bild, oder jedem anderers gearteten künstlerischen Gegenstand ein individuelles Unterfangen. Was für den einen die interessante Unterbrechung eines monotonen Alltags ist, mag für den anderen die Herausforderung sein zu beweisen daß er neben geistiger Arbeit auch fähig ist manuell etwas zu schaffen. Dazu kommt dann der wachsende Kreis der vom „Schiffsmodellbauvirus“ infizierten, die mit dem von ihnen geschaffenen Modell zu dem Allgemeinwissen um die „Evolution des Schiffes“ beitragen wollen. Ich hoffe das ich mit diesem Bildbericht den Kreis der „Virus infizierten“ vergrößern kann. In meinen Jugendjahren sagte mein Vater einmal zu mir: „Schiffsmodellbau ist wie eine unheilbare Krankheit, wenn du einmal davon angesteckt bist wirst du sie nie wieder los“. Meine Erfahrung zeigt das er Recht hatte.
Karl Heinz Marquardt
Abschließend noch ein Photo der HMS CHALLENGER auf ihrem entgültigen Platz im DEUTSCHEN SCHIFFAHRTSMUSEUM Bremerhaven
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Zitat „Schiffsmodellbau ist wie eine unheilbare Krankheit, wenn du einmal davon angesteckt bist wirst du sie nie wieder los“. Meine Erfahrung zeigt das er Recht hatte.
Guten Morgen Karl Heinz, vielen Dank für deinen ausführlichen und sehr lesenswerten Bericht zu einem etwas anderen Schiff und seiner Geschichte. Prima finde ich die Hinweise auf und die genauen Informationen zu den vielen Details. Das Schiff sieht toll aus und als Brückenschläger zwischen Dampf und Segel ist es ein wirklich gelungenes Beispiel. Beste Werbung für den historischen Schiffsmodellbau (und für das Deutsche Schifffahrtsmuseum Bremerhaven)!
auf der Suche nach Ideen für ein schwimmfähiges Modell, bin ich auf deinen sehr interessanten und für mich lehrreichen Bericht gestoßen. Im M 1:50 wäre die HMS Challenger ja dann in etwa 1,2 m lang, was genau meinen Vorstellungen entspricht. Zudem ist das Deck, ähnlich der Amerigo Vespucci, mit vielen Details versehen. Ich sage das deshalb, weil mich der Bau eine ganze weile beschäftigen sollte 😎. Gibt es für mich eine Möglichkeit die Pläne für den Nachbau zu erwerben ?