Im Prinzip ja. Die Forcola ermöglicht es, sowohl stehend-schiebend zu rudern, wenn genügend Platz ist und es schnell gehen soll, als auch ein Wriggen in engen Kanälen und beim Rangieren.
P.S. der Wikipedia-Artikel beschreibt das Wriggen auf Booten (nicht nur der Gondola) mit Forcola nicht ganz korrekt. Zum Wriggen wird dabei der Riemen in eine der Rundungen auf der Vorderseite der Forcola oder zwischen diese und die Bordwand geleget, wobei er mehr oder weniger nach hinten zeigt. Der Übergang zum Rudern ist allerdings fließend, da die Riemenposition ständig geändert wird, je nach Erfordernis. Der Hauptunterschied zwischen Rudern und Wriggen sensu strictu ist, daß bei letzterem das Blatt nicht aus dem Wasser gehoben wird.
Es gibt in Venedig am Bacion Orseolo ein Hotel von dessen Bar-Balkonen aus man wunderbar die verschiedenen Rudertechniken bei einem Drink studieren kann ...
Im übrigen verwenden auch Kanuten zum Manövrieren eine ähnliche Technik, wobei das Paddel am Dollbord gehalten wird und die eine Hand als 'Wriggloch' fungiert, während die andere das Paddel führt.
im Winter Oberbayern, im Sommer an Bord im Mittelmeer
Zitat von wefalck im Beitrag #17[quote=dafi|p234636]...
Die Riemen sind u.U. je nach Position im Boot unterschiedlich lang. So ist möglicherweise der Riemen für die vorderste Ducht kürzer, weil das Boot dort schmäler ist. .....
Hat nix mit der Position im Boot zu tun, sondern mit der Funktion desjenigen, der am Riemen sitzt: Der Schlagmann hebt mit jedem Schlag den Riemen kurz an und schlägt ihn dann zurück ins Rundsel (oder meintwegen in die Dolle) und gibt damit ohne Worte dem Rest der arbeitenden Bevölkerung (resp. Besatzung des Bootes) den Rhythmus zum Pullen vor.
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Noch was: Der Unterschied zwischen Skulls und Riemen (oars ist im englischen nach meiner Kenntnis i.d.R. der Überbegriff über beide) ist, dass der Seemann beim Pullen mit Riemen jeweils nur das Arbeitsgerät auf seiner Seite der Ducht verantwortlich ist (und deswegen für den Vortrieb des Boots beide Seiten personell zu besetzen sind, z.B. Marinekutter, "Deutschlandachter" u.Ä.), bei einem Boot mit Skulls hingegen auf beiden Seiten eins zu bedienen hat (z.B. "Einer", "Doppelzweier", "Doppelvierer" oder schlicht der typische Angel- oder Ausflugskahn).
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Zitat... Im übrigen verwenden auch Kanuten zum Manövrieren eine ähnliche Technik, wobei das Paddel am Dollbord gehalten wird und die eine Hand als 'Wriggloch' fungiert, während die andere das Paddel führt.
Exakt das ist ja im Kanusport der Unterschied zwischen Kajak und Kanadier. Abgesehen von der Sitz- bzw. Knieposition wird im Kanadier im Gegensatz zum Kajak (bei dem Doppelpaddel gefahren werden) das (Stech-)Paddel grundsätzlich nur auf ein und derselben Seite des Boots geführt; Vortrieb und Steuerbewegung gehen ineinander über. Hat nix mit historischem Schiffbau zu tun, ich weiß; aber vielleicht hilft's, Zusammenhänge besser zu verstehen.
Wenn ich deine Frage richtig verstehe ja. Die Manschette bzw. der Metrallstreifen um die untere/äußere Kante der Oars dient nur zum Schutz gegen das Splittern. Beide Varianten des Schutzes sind für diese Zeit in den Modellen im RMG zu finden. Wobei die Manschette bedeutend häufiger zu finden ist.
Im Gegensatz dazu sind an den geraden Sweeps im RMG genau wie bei Steel keine Verstärkungen zu finden. Einerseits sind sie etwas stabiler und auch die Geometrie ist nicht so extrem.
Und wie oben in den Tabellen beschrieben richtet sich hier die Riemenlänge nach festgelegten Faktoren, bei den kleinen Booten nach der Breite, bei den größeren nach der Länge. Wobei mir hier die Positionierung der Lederstücke, und damit die Länge wie weit der Griff ins Boot ragt, noch nicht nachvollziebar ist.
Bei diesen Arbeitsbooten hätte ich auch auf einheitliche Riemenlänge für alle Plätze getippt, denn die 4 Kürzeren der ersten beiden Duchten aus dem Bundle von 14 rauszufinden, vor allem wenn es schnell gehen soll, ist denke ich logistisch eine Herausforderung, vor allem beim begrenzten Platz und schaukeligem Wellengang.
Zitat von wefalck im Beitrag #17[quote=dafi|p234636]...
Die Riemen sind u.U. je nach Position im Boot unterschiedlich lang. So ist möglicherweise der Riemen für die vorderste Ducht kürzer, weil das Boot dort schmäler ist. .....
Hat nix mit der Position im Boot zu tun, sondern mit der Funktion desjenigen, der am Riemen sitzt: Der Schlagmann hebt mit jedem Schlag den Riemen kurz an und schlägt ihn dann zurück ins Rundsel (oder meintwegen in die Dolle) und gibt damit ohne Worte dem Rest der arbeitenden Bevölkerung (resp. Besatzung des Bootes) den Rhythmus zum Pullen vor.
Gruß
Benno
Hat schon etwas mit der Position zu tun, da ja das Boot unterschiedlich breit ist. Ein Riemen mit der richtigen Länge binnenbords für die Mitte des Bootes, wäre zu lang für den einzelnen Mann ganz vorne im Boot. Kann man z.B. im Brix nachlesen und auch in den Inventarlisten verschiedener Schiffe der KM z.B.
.... Die Manschette bzw. der Metrallstreifen um die untere/äußere Kante der Oars dient nur zum Schutz gegen das Splittern. ....
XXXDAn
Genau deswegen hab ich gefragt, denn der (kürzere) Bugriemen wird auch gern mal hergenommen, um das Boot von etwas (Bordwand des Schiffes, Pier, Fels, was auch immer) abzuhalten, und dafür braucht's den Splitterschutz. Hinsichtlich der Ledermanschetten hab ich leider keine Idee.
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[quote=wefalck|.... Hat schon etwas mit der Position zu tun, da ja das Boot unterschiedlich breit ist. Ein Riemen mit der richtigen Länge binnenbords für die Mitte des Bootes, wäre zu lang für den einzelnen Mann ganz vorne im Boot. Kann man z.B. im Brix nachlesen und auch in den Inventarlisten verschiedener Schiffe der KM z.B.[/quote]
Nun, ich bin kein Historiker, sondern nur Seemann, aber aus der Praxis heraus leuchtet mir das nicht ein. Hab mir gerade mal die Pläne der Boote der Pandora angesehen, da unterscheiden sich die Längen der Duchten zwischen der kürzesten am Bug und der längsten mittschiffs (von der Ducht des Schlagmanns brauche ich gar nicht zu reden) um maximal ca. 50 cm. Das heißt, für jeden der Bugleute stehen theoretisch 25 cm weniger zur Verfügung als für die Kuttergasten mittschiffs, was im Sinne Deiner Argumentation sicher eine Rolle spielen könnte, aber: in der Praxis sieht's doch so aus, dass sich die konkrete Sitzposition nicht an der Mittschiffslinie orientiert, sondern am Dollbord, was wiederum bedeutet, dass die auf den verschiedenen Duchten jeweils aufzuwendenden Kräfte sich - wenn überhaupt - nur marginal unterscheiden. Bei Skulls sieht's natürlich anders aus, da spielt die Breite eine weitaus größere Rolle.
Die Begründung für die kürzeren Schlagriemen hatte ich ja schon genannt; was die ebenfalls kürzeren Bugriemen angeht, so sei auf deren Doppelfunktion (siehe meine letzte Antwort auf dafi) hingewiesen: Wenn ich den Riemen auch zum Abhalten benutze(n muss), habe ich deutlich höhere (Hebel-)Kräfte aufzuwenden als beim bloßen Pullen, deswegen also kürzer.
Aber wie gesagt, ich bin kein Historiker.
Gruß
Benno
P.S.: Bin seinerzeit sehr gern am Bug gesessen; war nämlich leichter
Ich habe mir mal die Boote der Victory angeschaut. Also nicht die des Bausatzes sondern die, die sie haben sollte. Hier ist der Unterschied zwischen den Duchten mitschiffs und am Bug und im Heck tatsächlich nicht sehr groß.
Beim genauen Vergleich der Boote meines Bausatzes fiel mir dann eher ein Problem auf, dass fast alle Ruderboote der Plastik-Kits haben: Die Duchten sind auf einer Höhe mit dem Dollbord, so dass der Rudergast viel zu hoch sitzt. So thront der Gast links so hoch, dass wenn das Blatt aus dem Wasser ist, es gegen seine Knie schlägt.
Beim genauen Hinschauen sieht man auch, dass die Füße des Gasts jetzt nicht mehr nur baumeln, sondern auf den Planken im Boden gut aufsitzen.
Dazu war einfach einige Evergreenprofile eingezogen, die die Originalkonstruktion widerspiegeln.
Damit kann ich dann hoffentlich das Zusammenspiel Gast, Ducht, Dollbord und Riemen nachprüfen.
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Hallo dafi,
nach meiner Erinnerung befanden sich die Rundseln knapp über Bauchnabelhöhe; dass ich Kutter gepullt habe, ist allerdings schon Jahrzehnte her und Fotos davon hab ich auch keine mehr, daher kann ich's nicht präziser ausdrücken.
Im Longridge finden sich zu den Booten der Victory leider weder Schnitte noch Risse, sondern nur Ansichten; wirklich zuverlässige Erkenntnisse kann ich daraus auch nicht ziehen.
Muss allerdings gestehen, dass ich mich mit Beibooten noch nicht hinreichend beschäftigt habe; bin bislang immer davor zurückgeschreckt, meine modellbauerischen Fertigkeiten reichen an den Qualitätsstandard dieses Forums leider (noch) nicht genügend heran.
Gruß
Benno
carpe diem
hat folgende Dateien an diesen Beitrag angehängt
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Über allgemein gültige ergonomische Verhältnisse in einem Beiboot wurde einmal hier im Forum LINK berichtet und das hier von unserem leider verstorbenen Forumskollegen Peter Rückert gezeigt: Screenshot 2025-02-11 125545.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Die verlinkte Information stammt aus einer Artikelserie von Peter Rückert in der ModellWerft:
RÜCKERT, P. (1993): Bootsriemen – Eine kleine Exkursion durch das Bootswesen der Kaiserlichen Marine 1871-1918.- ModellWerft, 17(11): 15-20. RÜCKERT, P. (1993): Bootsriemen – Eine kleine Exkursion durch das Bootswesen der Kaiserlichen Marine 1871-1918.- ModellWerft, 17(12): 27-31. RÜCKERT, P. (1994): Bootsriemen (Teil 3) – Eine kleine Exkursion durch das Bootswesen der Kaiserlichen Marine 1871-1918.- ModellWerft, 18(1): 50-53.
Aus der in diesen Artikeln zitierten Literatur stammt auch die Information, daß zumindest bei einigen Bootstypen der KM der Bugriemen und auch der Schlagriemen kürzer waren, als die anderen Riemen.
In den diversen Ausgaben des 'Brix' seit 1878 gibt detaillierte Längschnitte von Booten (nicht nur der KM), aus der man die relativen Höhen von Boden, Duchten und Rundseln (bzw. Dollen) ablesen kann. Auch im Archiv der dänischen Marinewerft gibt es Querschnittszeichnungen in denen die Duchten eingezeichnet sind.
Zur Physiologie, Mechanik und Geometrie des 'Pullens' kan man auch bei
MCKEE, E.(1983): Working Boats of Britain.- 256 p., London (Conway Maritime Press).
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Zitat von wefalck im Beitrag #44.... Aus der in diesen Artikeln zitierten Literatur stammt auch die Information, daß zumindest bei einigen Bootstypen der KM der Bugriemen und auch der Schlagriemen kürzer waren, als die anderen Riemen. ....
Das ist auch bei den heutigen Marinekuttern (die noch vor gut 20 Jahren als "normale" Beiboote der schwimmenden Einheiten im Einsatz waren) noch so.