Für meine Victory bin ich gerade dabei mich mit der Ausrüstung der Boote zu befassen.
Hierbei frage ich mich nach der Länge der Riemen.
Gab es hier eine Standardlänge? Wie waren die Varianzen bei kleiner 1-Mann-Jolle normalen, beidseitig geruderten Booten und Kapitänsbarken, die ja teilweise alternierend besetzt waren.
Für die Kaiserliche Marine und die k.u.k. Marine gibt es Tabellen zu der Länge der Riemen für jeden Bootstyp. Peter Rückert hatte vor 30 Jahren diese Information in drei ModellWerft-Artikeln zusammengefaßt:
RÜCKERT, P. (1993): Bootsriemen – Eine kleine Exkursion durch das Bootswesen der Kaiserlichen Marine 1871-1918.- ModellWerft, 17(11): 15-20. RÜCKERT, P. (1993): Bootsriemen – Eine kleine Exkursion durch das Bootswesen der Kaiserlichen Marine 1871-1918.- ModellWerft, 17(12): 27-31. RÜCKERT, P. (1994): Bootsriemen (Teil 3) – Eine kleine Exkursion durch das Bootswesen der Kaiserlichen Marine 1871-1918.- ModellWerft, 18(1): 50-53.
Ich habe nicht nachgesehen, aber gibt es in
MAY, W.E. (1974): The Boats of Men of War (Maritime Monographs and Reports No. 15: 35 S., Greewich (National Maritime Museum). MAY, E.W. (1999): The Boats of Men-of-War.- 128 p., London (Chatham Publishing).
Die Riemenlänge der Kriegsschiffe richtet sich nach der Anzahl der Geschütze, andere Schiffe nach der Tonnage.
Bei den Booten richtet sich die Riemenlänge nach der Breite.
Oar-Making
The different parts of oars are described by the engraved figures, and their dimensions by the tables.
Ships’ sweeps and oars are made of hand-masts, or rafters, suited to the size and length, as per table. They should be chosen straight-grained, free from large knots, shakes, or rind-galls. They are first sawed, or jambed in a snatch-block, and hewed nearly to their size; then raised on horses, and completed by the drawing-knife, spoke-shave, or plane. Open handles are nailed to the sides of the loom in the direction of the flat of the blade, made of oak, about one inch and three-quarters deep, and two inches and one-quarter thick, hollowed to admit the hand easy between that and the loom: the length of the handle is one-third the length of the loom.
Oars Ships.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Barges’, lighters’ and ships’ boats’, oars are made of fir-rafters, similar to ships’, without handles to the sides of the loom.
Oars Barges lighters fire boats.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
N.B. The looms of boats’ oars are often made round.
Oars and sculls for barges, wherries, and skiffs, are made of ash (and sometimes of fir) rafters, which should be chosen tough, straight-grained, without shakes or large knots. The rough wood is taken off with an axe, and finished in a neat manner on horses by drawing-knives, spoke-shaves, and planes. A leather button is nailed on the foreside, about two inches from the loom, and that edge rounded, to work easily in the rowlock: the lower end of the blade is strapped round with tin to prevent its splitting.
N.B. Oars or sculls made of fir exceed the dimensions in the above tables one-eighth of an inch. The price of fir oars is seven shillings less than ash oars, and fir sculls three shillings and sixpence less than ash sculls.
Hier noch der kurze Hinweis zur Terminologie: Sweeps sind die langen Riemen die wie bei Galeeren für größere Schiffe vorgesehen waren. Oars sind die Riemen, von denen der Ruderer nur einen gerudert, also einseitig. Die andere Bootsseite wird jeweils von einem anderen gerudert. Dies kann "single banked" oder "double banked" erfolgen, je nachdem wie viele Ruderer auf einer Ducht saßen, also parallel oder alternierend. Skulls sind kleinere Riemen, die der Ruderer beidseitig bedient. Im Unterschied zum Riemenrudern bedient jeder Ruderer beim „Skullen“ zwei Skulls, jeweils eins je Hand. Skulls und deren Ruderblätter sind zwar kleiner als Riemen, jedoch ist die Gesamtfläche beider Skullblätter größer als die eines Riemenblattes. Der Skullruderer hat deshalb einen höheren Druck zu bewältigen als der Riemenruderer.
https://de.wikipedia.org/wiki/Skull Da mir der Begriff skullen bisher noch nicht bewusst untergekommen ist die Frage, gibt es dafür noch andere Namen? Klassischerweise werden die kleinen Mietruderboote auf den Dorfweihern ja konsequenter Weise geskullt :-)
Bei einem Bausatz sind 2 Bootstypen dabei, der lange Cutter 10,3 Meter auf 2,4 Meter, also Breite 7,9 Fuß die breite Launch 7,9 Meter auf 2,7 Meter, also Breite 8,8 Fuß
Laut Tabelle 2 müssten die beiden Arbeitsboote des Bausatzes 20 Fuß Riemen bekommen, also 6 Meter lang und mit geradem Blatt.
Die Kapitänsbarke auf dem Victory-Modell von 1765 hat Ruder deren Länge hinkommen könnten, die Blätter sind leicht gebogen. Kommt nach Tabelle 3 optisch hin.
Auch sind hier immer wieder Unterschiede in der Ausformung des Griffs zu sehen. Dieser ist in früheren Darstellungen und Modellen noch quadratisch bevor er in den runden Schaft übergeht, später ist dann auch der Griff rund. Weiß jemand etwas über diese Entwicklung?
Der Unterschied zwischen 'oar' and 'scull' ist m.W., daß erstere ein gerades, symmetrisches Blatt haben, während bei letzterem das Blatt löffelförmig gebogen ist. Oars sind (See)Riemen während sculls nur auf Binnenfahrzeugen verwendet werden. Sculls eignen sich nicht zum Pullen auf See, weil sie richtig in den Dollen orientiert werden müssen, wozu u.U. keine Zeit ist.
Zum Thema 'single-banked' vs. 'double-banked': nach meinem Verständnis bedeutet ersteres, daß nur ein Mann auf der Ducht sitzt, wobei es unerheblich ist, ob er ein oder zwei Riemen bedient, während letzteres bedeutet, daß eben zwei Leute auf jeder Ducht sitzen (und dabei notwendigerweise nur einen Riemen bedienen).
'Captains' skiffs' verwenden möglicherweise sculls, da sie ja in der Regel nur im Hafen und auf der Reede und bei leichtem Seegang verwendet werden. Sculls sind mechanisch gesehen effizienter als Riemen und können dem Boot eine höhere Geschwindigkeit geben.
Riemen mit quadratischem 'loom' werden zwischen den alten Dollen verwendet, die aus zwei Holzpflöcken bestehen. Riemen mit rundem 'loom' in den metallenen Rundseln späterer Boote und in den eisernen Rudergabeln. Scull haben oft quadratischen Querschnitt, da bei ihnen ja die Orientierung wichtig ist. Deswegen wurden sie auch in Rudergabeln mit entsprechendem Querschnitt verwendet. Rennruderboote verwenden meist runde sculls, da diese beim Ausholen nach vorn (in Fahrtrichtung) ja gedreht und flach über das Wsser geführt werden, womit man Zeit und Kraft spart.
Und damit machen die verschiedenen Griffvarianten plötzlich Sinn, danke.
Wobei ab 1850 bei den Modellen im RMG runde Handles und eine weiße Kennzeichnung an steuerbord zur Unterscheidungzu finden ist.
rs0753.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Full hull model; Plank-on-frame; Rigged model; Sails set; Oar Oar with white mark denoting starboard from full hull model of the 'Mariners Friend' (1877), a pulling and sailing lifeboat mounted on its launching carriage.
Noch ein Gedanke, die Seeriemen wurden auch deshalb gebraucht, weil man damit stehend-schiebend rudern kann, was bei Marine-Arbeitsbooten häufig notwendig ist. Sie eignen sich auch zum Wriggen über das Heck, wofür dann ein Auschnitt im Heck vorgesehen wurde.
The rough wood is taken off with an axe, and finished in a neat manner on horses by drawing-knives, spoke-shaves, and planes.
Das Rohholz wird mit der Axt vorkonfiguriert und dann auf der Schnitzelbank mit der Ziehmesser, dem Schweifhobel und Hobeln geglättet.
Musste erst ein mal nach Schweifhobeln schauen :-) Ist ein Mittelding zwischen Ziehmesser und Hobel. Quasi ein Katroffelschäler mit beidseitigem Griff ;-)
"A leather button is nailed on the foreside, about two inches from the loom, and that edge rounded, to work easily in the rowlock: the lower end of the blade is strapped round with tin to prevent its splitting."
Ich habe gesucht, aber bisher keine guten Darstellungen dieses Details gefunden. Form wäre klar, nur aus Leder kann ich mir die nicht funktionell vorstellen.
Es gibt im Internet Filme von Wagnern, die die Anwendung des Ziehmessers bzw. Scheifhobels bei der Herstellung von Radspeichen zeigen. Aus Skandinavien gibt es auch Videos, die Herstellung von Riemen zeigen.
Zu "A leather button is nailed on the foreside, about two inches from the loom, and that edge rounded, to work easily in the rowlock: the lower end of the blade is strapped round with tin to prevent its splitting.":
- Da Riemen städndig Wechselfeuchte ausgesetzt sind und das Blatt sehr dünn ist, besteht in der Tat die Gefahr des Aufspaltens. Deshalb wird in oberhalb der Rundung der Ecken des Blattes ein Kupferstreifen (in billigeren Ausführungen später auch Zink) rund um das Blatt genagelt.
- Was das das mit dem Lederflecken auf sich hat verstehe ich allerdings nicht. Normalerweise wurde eine Ledermanschette um den Bereich des Riemens genagelt in dem er in den Dollen zu liegen kommt. Das Leder wird regelmäßig gefettet, damit es nicht brüchig wird.
Ich nehme an, daß die Riemen im 3D-Druck hergestellt werden sollen? ... wenn ich daran denke, was das für ein Aufwand war die Riemen für die Boote von SMS WESPE aus mehreren Lagen lasergeschnittenen Papiers aufzubauen ...
Den Knick oberhalb des Blattes habe ich etwas weniger ausgeprägt gestaltet als in Steels Skizze, da zeitgenössische Modelle von Riemen eine harmonischere Biegung aufzeigen. Auch ist der Beschlag unten am Blatt meist nur als Manchette ausgeführt.
Damit hab ich die Master fertig. Auch wenn sich die Handles bei den verschiedenen Längen nicht ändern, der Rest der Riemen scheint einigermaßen logisch skalierbar zu sein. Je kürzer um so breiter im Verhältnis das Blatt.