Also, ich habe natürlich auch noch andere Dinge zu bearbeiten. Es sollte vielleicht aufgefallen sein, dass das Besteck noch einige Seiten zu bieten hat. Nebenbei möchte ich ja auch noch die eine oder andere Zeichnung hinzustellen.
Entschuldige bitte, wenn es missverständlich war, es war nur als freundschaftlicher (wenn ich in Anbetracht der Tatsache, dass wir uns eigentlich überhaupt nicht kennen so sagen darf) Scherz gemeint. Ich bin ja froh, dass Du uns hier in dieser Form an deiner Arbeit teilhaben lässt. Also nichts für ungut, hoffe ich.
Zitat von Cirdan im Beitrag #48wo nach der Ankündigung der sinngemäßen Übersetzung nichts mehr kommt, was tatsächlich etwas sehr knapp ist grin]
Hallo Werner, die letzte Bemerkung war natürlich auch von mir nur scherzhaft gemeint, keine Kritik. Kann ja mal vorkommen, daß man was vergißt, vor allem, wenn so viel konzentrierte Arbeit dahintersteckt. Ich finde diese Unternehmung sehr interessant und beeindruckend, sonst würde ich sie ja nicht liken.
Noch ein Wort zu diesem Besteck: Ich glaube, dass es sich dabei um ein Retourschiff handelt. Denn in den Schiffslisten bei van Dam (Amsterdam) kommt das Wort retourship nur noch bis 1683 vor.; danach heißen die größten Schiffe Pinassen. Somit IST ab da die Pinasse jetzt das Retourschiff! Dieses Schiff ist deutlich in der Flachbauweise gebaut; steht das Flach, werden 2 Bauchstücke mit Sitzern eingebaut und das Boijsel errichtet (unteres Drittel der Beplankung bis zur Holte); fakultativ und damit unsicher bleibt, ob es 5 oder 6 Fuß hoch sein soll.
Für mich ist es bemerkenswert, dass schon wenige Jahre später (1697) die Dimensionen des Unterrumpfes an 9 Stellen sehr exakt angegeben werden können. Die größte Breite des Rumpfes, und ich glaube, das ist auch hier bei diesem Schiff schon der Fall, liegt bei 4/9tel der Länge über Steven.
Im gesamten 17. Jahrhundert waren die Bestecke der (Oorlogschiffe) und scheinbar auch die der O.I.C. der Allgemeinheit zugänglich. Wenn ich an die Eendracht erinnern darf. Noch während das Schiff in Rotterdam gebaut wurde, gab es schon in Zaandam ein gleiches Schiff nach dem Besteck der Eendracht. Es wurde sogar der Admiralität zum Kauf angeboten. Also alles legal.
habe in den vergangenen Tagen ein wenig an dem Schiff weitergewerkelt. Es ging mir dabei um die Gestaltung des Flachs. Es ist ja bei einem Schiff ein wichtiges Teil. Da das Besteck nur das Wesentliche zu den einzelnen Bauteilen preisgibt, musste ich mich mit Pieter van Dam kurzschließen. Wir haben im Nationaal Archief in Den Haag die handschriftlichen Dokumente der Schiffbauer gefunden. Sie hatten Van Dam zugearbeitet. Van Dam war ja Jurist und hatte die Aufgabe bekommen, die Geschichte der Ostindischen Compagnie zu verfassen. Das ist ihm natürlich sehr gut gelungen. Wer das im Einzelnen nachlesen möchte, kann das bequem im Internet tun. Hier der Link:
Doch kommen wir nun zur Flursente. Die Niederländer nannten diese Sente natürlich nicht so, sondern sprachen vom Flach.
So habe ich dann die bekannten Daten zur Flursente bearbeitet und ausgewertet. Zuerst eine Tabelle für das 160-Fuß-Schiff der OIC.
Flursente.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Dann die Tabelle des 145-Fuß-Schiffes.
Unbenannt-145.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Und dann daraus die Ableitung für das 152 Fuß erstellt.
Unbenannt-152.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Flursente.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Eine interessante Feststellung konnte ich doch machen. Nur im Vorschiff und im Hinterschiff gab es in der Seitenansicht Unterschiede. Die unterschiedlich gefärbten Senten kann man sicher in der Abbildung erkennen.
Man muss natürlich berücksichtigen, dass wir es hier mit zwei verschiedenen Herangehensweisen zu tun haben. Die dem Besteck zugrunde liegende, teilt das Schiff in drei Abschnitte ein. Gemessen über die Außenkante der Steven. Die Schiffbauer, die 1696 für die Herren 17 die Entwürfe gemacht haben, waren schon etwas weiter in der Entwicklung der Konstruktion. Die Einteilung in drei Abschnitte können wir auch bei den Admiralitäten sehen. Sie haben dieses Verfahren bis in das 18. Jahrhundert beibehalten.
Die ersten Linien das Flachs sind ganz grob erstellt. Sie werden sich noch ändern, da die Querspanten im Augenblick nur bis zur äußeren Linie des Flachs gerechnet sind. Wenn es weitere Längslinien, oder Senten gibt, wird sich die Kontur der Spanten noch verändern.
wie wurden denn bei den Niederländern die Senten ermittelt? D.h. durch welches Verfahren ist man zu den Angaben gekommen, die im Besteck niedergelegt sind? Denn das Besteck selbst gibt dieses Verfahren ja nicht an, sondern listet nur die Ergebnisse auf.
das ist eine ganz gute Frage, nur man kann sie aber nicht exakt beantworten.
Die Niederländer haben ja bis in das 18.Jahrhundert ihre Entwürfe basierend auf Fachwissen und Erfahrung gemacht. Im übertragenen Sinn (aber bitte ganz vorsichtig) bestand das System auf Versuch und Irrtum. Jedes neu gebaute Schiff wurde akribisch beobachtet und diente entweder für einen Neubau oder auch nicht.
Das passt aber nicht zu den vielen gebauten Schiffen, die die niederländischen Schiffbauer viele Jahrzehnte in die Welt verkauft haben. Da muss es doch wohl etwas mehr gegeben haben, was wir heute allerdings kaum oder nicht mehr wissen. Die Bestecke sind der Teil, den wir heute als Bauspezifikation beschreiben würden. Ich kenne kein Besteck, dass Aufschluss über die Schiffsform geben kann. Uns sind ja ca. 400 niederländische Bestecke bekannt.
Um 1690 oder kurz danach, oder eventuell schon viel früher haben dann die Schiffbauer der großen Handelskompanien damit begonnen, gut gebaute Schiffe zu vermessen. Da die Kompanien nicht die ganz große Auswahl an Typen und Größen hatten, war das sicher nicht das Problem. Es kann auch sein, dass man schon viel früher das System mit den Mallen kannte. Hier hatte man einen Satz Mallen für verschiedene Querschnitte und die passenden Senten. Sicher in ähnlicher Form wie die Zuarbeiter für Van Dams Werk. Diese Dinge sind aber nicht belegbar. Es gibt untzählige Dokumente in den Archiven, aber zur eigentlichen Konstruktion fehlen sie. Warum das so ist, kann auch niemand erklären. Nun könnte man meinen, dass die Schiffbauer kein System hatten? Das widerspricht aber der Tatsache, das im 17. Jahrhundert tausende Schiffe gebaut und verkauft wurden. Ich kann mir daher nicht vorstellen, das sie ohne System gearbeitet haben.
Ich denke, die Orientierung an erfolgreichen Modellen war hier wohl entscheidend. Ist mal ein bestimmtes Schiff von einem bestimmten Typ für einen bestimmten Zweck erfolgreich eingesetzt worden, hat man es vermessen und den daraus resultierenden Certer beim nächsten Bau wieder verwendet. Reine Erfahrungsdaten, keine "Wissenschaft" dahinter.
es geht mit den Linien ein wenig weiter. Die überlieferten Werte für das Boeysel der Schiffsgrößen 160 und 145-Fuß wurden ausgewertet und an das 152-Fuß-Schiff angepasst. Erst die angepasste Tabelle:
Sente-Boeysel.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Dann das Hauptspant:
Boeysel-2D.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Und nun eine 3D-Ansicht der neuen Linien.
Boeysel-3D.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Die Linien sind im Vorschiff wie auch im Hinterschiff noch sehr schlecht. Das wird sich aber im Verlauf des nächsten Arbeitsgangs bessern. Im nächsten Schritt geht es dann um den Scheergang. Diese Sente war die wichtigste von allen, begrenzte sie doch die größte Schiffsweite entlang der Schiffsform.