Die Trabakul und ihre einmastige Schwester, die Braccera, waren die "Arbeitspferde" in der Adria. Sie wurden von Italienern, Slowenen, Kroaten, Albanern und Griechen eingesetzt. Es waren einfache, bauchige Rundgatter mit Lugger- oder Lateinersegel. Sie fanden Verwendung als Transportfahrzeuge und Fischerboote.
Ihr Pendant auf Sizilien war die Schifazzo. Der Schiffstyp wurde erstmals im 13. Jh. erwähnt. Ihr Aussehen ist jedoch erst durch vier Zeichnungen von P. A. Hennique von 1882 belegt. Dieser französische Marineoffizier war einige Monate vor Gabes, Tunesien mit seinem Kanonenboot stationiert und zeichnete während dieser Zeit viele Segelschiffe. Später (1888) hat er die Zeichnungen veröffentlicht und einige wurden auch in der Sammlung von Vizeadmiral Paris (Souvenirs de Marine) aufgenommen. Sergio Bellabarba/Eduardo Guerreri haben in ihrem Buch "Vele italiane della costa occidentale", Milano 2011 Henniques Zeichnungen und Risse übernommen und berichten über diesen Schiffstyp, Giampiero Musmeci hat 2003 an der Universität von Bologna eine Examensarbeit für Schiffsarchitektur mit dem Titel "Lo schifazzio nella traditione cantieristica trapanese" eingereicht, Harald Göhren hat im Arbeitskreis historischer Schiffbau (Logbuch) sein Modell vorgestellt (es ist nach den Plänen von Bellabarba/Paris gebaut) und im Internet gibt es einige wenige Hinweise auf diesen Schiffstyp. Man hat den Eindruck, dass sich bei der sehr spärlichen Quellenlage ein Autor auf den anderen beruft. Die Schifazzo war ein Küstensegler, der im Westen Siziliens beheimatet war. Er segelte mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu verschiedenen Häfen der Insel und wohl auch nach Apulien und Kalabrien. Sie wurde auch in der Fischerei verwendet, wobei häufig 2 Schiffe parallel ein Netz zogen (Trawl). Andere Schiffazzo waren in der Schwammfischerei tätig. IMG_5629.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)IMG_5631.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)IMG_5633.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)IMG_5630.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) Die vier Bilder stammen aus dem Bellabarbabuch. Die kleine Zeichnung links auf dem ersten Bild und die folgenden beiden Bilder sind von P. A. Hennique gezeichnet, auf dem letzten der 3 Bilder werden Schwämme getrocknet, und neben der Schifazzo ist eine Anzahl von kleinen Fischerbooten (Dories) zu sehen. Mit ihnen wurden die Schämme gefischt. Alle dargestellten Schiffe haben eine unterschiedliche Besegelung, d.h. die Bemastung und Segelführung waren nicht die typischen Merkmale einer Schifazzio.
Das Aussehen einer Schifazzo wird durch die Rumpfform vorgeben. Im Querschnitt ist es eine runde Bootsform, zuweilen ist ein Flach ausgebildet. Die Steven sind beide etwas eingezogen. Der Vordersteven trägt eine archaische pernaccia, die einem lockigen Haarschopf oder einem Fell ähnelt. Es ist ein Spitzgatter, der bei Seegang weichere Bewegungen ausführt, als ein Schiff mit Spiegelheck. Das Deck ist im letzten Drittel leicht angehoben, damit der Rudergänger trocken steht und der Schiffsführer in seiner Kabine etwas mehr Kopffreiheit hat. Im vorderen Bereich steht ein Drehspill. Neben dem Aufholen der Anker wird er haupfsächlich für das Setzen der schweren Ruten benötigt. Wenn man sich Henniques Bilder genauer anschaut, sieht man, dass die Schiffe jeweils noch längere Ruten mitführen. Bei schwachem Wind wurden größere Lateinersegel aufgefiert.
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Ihr seid nicht nett! Wenigstens zu Coronazeiten wäre etwas mehr Feinfühligkeit angebracht.
Zum Ursprung des Schiffes. Einige Forscher vermuten einen orientalischen Entwurf und verorten das Boot nach Syrien oder Nordafrika. Da gab es nämlich ein ähnliches Boot mit dem Namen "Schirazzo". Es führte aber immer ein Rahsegel. Wahrscheinlicher ist die Ableitung des Namens von den Wörtern Skiff, Ship, Schiff. Es kann sich bei dem Schiffstyp ursprünglich um ein Beiboot von einer Galeere oder einem Segelschiff gehandelt haben, das später vergrößert und autark wurde. Die folgenden Bilder sind aus einer PDF Datei und ich konnte sie nicht kopieren. Die Qualität ist suboptimal, aber man erkennt was mit gutem Willen. Giampiero Musmeci hat in seiner Examensarbeit auf einen besonderen Einsatz dieser Schifazzo hingewiesen. Zwischen Trapani und Marsala erstreckt sich eine einzigartige Landschaft mit Salinen. Zwischen den Becken stehen Windmühlen. Hier wurde früher das Salz gemahlen und das Meerwasser wurde in andere Becken gepumpt. Die Salinen waren bereits im Mittelalter die wichtigste Einnahmequelle im westlichen Sizilien. Bis 1984 wurden im Flachwasser und in den Kanälen dieser Salzgärten rund 100 Schifazzio eingesetzt. Sie wurden mit dem "weißen Gold" beladen und dann zu den großen Frachtschiffen geschleppt oder gesegelt.
Das erste Bild zeigt viele aufgegebene Schifazzo, die im Salztransport eingesetzt waren.. Die Bilder 2 und 3 geben die "San Giacomo" wieder. Dieses sehr verbrauchte Schiff ist eine schifazzo, die zu einer Freizeitjacht umgebaut wurde. Das letzte Bild zeigt die "Gesù", ebenfalls ein Schifazzorumpf, besser gepflegt und noch besegelt.
Die Jungs von der allerhintersten Bank haben mich ja schon nach meinen Baubemühungen gefragt. So eine Schifazzio war maximal 15 Meter lang. Das ist im Maßstab 1 : 35 machbar. Das Modell würde gerade mal 40 cm lang. Ich würde nicht die Ausführung von Bild 1 (Beitrag # 1) mit den drei Masten wählen. Hier überschneiden sich die Segel zu stark, sie würden beim Umschlagen hängen bleiben. Ich würde die Bemastung von Bild 3 wählen, mit Stagfock, Lateinersegel am Großmast und Luggersegel am Besan. Tatsächlich war das große Segel zumeist kein Lateinersegel, sondern ein trapezförmiges Dausegel.
Ich bin aber noch in der Findungsphase........
Gruß Jörg
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Irgendwie fand ich den Namen immer irgendwie irritierend - 'fare schifo' meint im Italienischen 'Sch...e bauen' ... die Etymologie des Namens wäre interessant.
Eberhard, was besseres als die Ableitung von Skif/Ship kann ich nicht bieten. Die wenigen Autoren wissen auch nicht mehr und schreiben alle voneinander ab.
Die Schifazzo hat eine gewisse Übereinstimmung mit der Lautello auch in Hinblick auf die eingezogenen Steven. Dieser Segler war ja ebenfalls aus dem Bereich von Trapani, war aber größer und hatte den aufgesetzten Hecküberbau.
Es begab sich im letzten November: 1. Ich recherchierte über den Schifazzo, einen sizilianischen Küstensegler 2. Ich verlor die motorisierte Kielflosse im Morast des Maßgrundweihers. 3. Ich baute das Modell eines Seeewers.
Heute habe ich Material bei Conrad bestellt und will den Bau des Schifazzos beginnen. Da es meinem Weiberl nicht gut geht, werde ich weniger Zeit für den Bau haben. Sie will aber, dass ich wieder bastel "Du brauchst das!" Mal sehen, wie das alles geht. Schauen wir uns nochmal die Bilder vom Beitrag # 1 an. Ein Fahrmodell wie in Bild 1 kann ich nicht verwirklichen, alle vier Segel überlappen sich. Ich werde die Ausführung von Bild 3, links umsetzen, die Stagfock lasse ich weg. So habe ich das Vorsegel, das Großsegel und das Besansegel in Lugerform. Das rechte Schiff in Bild 3 zeigt eine ganze Anzahl von "Dories" und waagerechte Bäume an denen sie angebunden waren. Es sind Taue angebracht an denen Schwämme trocknen. Tatsächlich wurden viele dieser Schifazzos für die Schwammfischerei vor Tunesien eingesetzt. Die Wesensmerkmale eines Schifazzos.: Es ist ein symetrisches Boot, wie wir den Längsrissen entnehmen können. Es hat ein Rundgat und der Hecksteven ist senkrecht ausgeführt. Der Vordersteven ist im oberen Bereich nach innen gebogen und wird von einer perniccia gekrönt. Sie wirkt wie eine lockige Perücke. Der Großmast ist leicht nach vorne geneigt, der Besanmast steht vermutlich nicht mittig, damit die Pinne geschwenkt werden kann. Die Decksbalken sind stark gewölbt. Das Achterdeck ist höher gesetzt, damit die Schiffsführung nicht von überkommenden Wellen belästigt wird und man mehr Kopffreiheit in der Heckkabine hat. Die Bordwand ist in diesem achterlichen Bereich hoch ausgeführt und bietet ausreichenden Schutz. Im Bugbereich gibt es einen vom Laderaum abgegrenzten Raum. Er erscheint mir aber zu kurz um als Vorunter zu dienen. Das Besansegel dient als Treibersegel. Es hält das Schiff auf Kurs, wenn es driftet, während die Dories auf Fang sind.
Überlegungen zur Unterbringung der Besatzung: Im 19. Jh. war der Güterverkehr in Süditalien über Land sehr mühsam. Die meisten größeren Ansiedlungen lagen am Meer oder nicht weit davon. So wurde der Inselverkehr und der Warentransport nach Kalabrien mit Schiffen ausgeführt. Ein Segler, wie ich ihn plane, hatte wohl 5 - 6 Mann Besatzung. Sie konnten in der Heckkabine gewohnt haben. Wahrscheinlich haben sie auch an Deck geschlafen, wenn das Wetter es zuließ. Ein Schwammfischerboot hat jedoch eine große Mannschaft. Bei 8 Dories kamen 16 Bootsleute (Fischer und Ruderer) zusammen, dazu der Schiffsführer und der Koch. Wahrscheinlich mussten viele im Laderaum untergebracht werden.
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Wir haben in der Ortsmitte eine Buchhandlung. Da steht auch ein Kopierer. Den kann Vanessa, eine ehemalige Schülerin - mir sehr gewogen- bedienen. So kam ich zu meinen vergrößerten Rissen. Das Boot wird 43,5 cm lang und 14,3 cm breit. Chapmanpläne kommen immer hin, die sind perfekt. Bei Bellabarba stimmt es nie. Die Seiten sind nicht deckungsgleich und ich musste die Mallen G, F und E anpassen. Auch die beiden Bugmallen waren nicht in Ordnung. Klar, die meisten Jungs mosern über schlimme Pläne und dann liegt es meist an ihrem Unvermögen. Aber ich kenne meinen amigo Bellabarba. Der machts mit einer gewissen italienischen Leichtigkeit - facilità italiana. Der Mallenriss wird jetzt 14 x vervielfältigt, dann so viele Mallen hat das Modell. Der Abstand beträgt meist 3.2 cm, das ist o.k. Oben ist wieder ein Zusatz, denn der Rumpfbau erfolgt wie gewohnt über Kopf.
Gruß Jörg
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Zitat von Gebbi im Beitrag #9Chapmanpläne kommen immer hin, die sind perfekt. Bei Bellabarba stimmt es nie. Die Seiten sind nicht deckungsgleich und ich musste die Mallen G, F und E anpassen. Auch die beiden Bugmallen waren nicht in Ordnung.
immer wieder Stoße ich auf solche Planänderungen, es wird langsam Zeit für mich, das ich mir dieses Thema mal intensiver vorknöpfe. wird wohl was, für die dunkleren Wintertage.
Ein Leben ohne 3D Druck ist möglich, aber nicht sinnvoll