Kurz gesagt, über dieses Modell hat man sich außer dem von Heinrich Winter 25 Jahre nach seiner fotografischen Beschäftigung mit dem Objekt geschriebenen Buchmanuskript (1) keine intensiveren Gedanken gemacht. Nicht immer kann ein altes Schiffsmodell bildlich oder aktenkundich namentlich identifizert werden und es wird noch schwieriger wenn dieses Kunstobjekt nicht mehr existiert. Wenn ein solches gewöhnlich ein „Kriegsschiffsmodell“, in der Größenordnung des fast immer geläufigen als „Admiralitäts“ Maßstab bezeichneten ¼ Zoll zu 1 Fuß (1:48) hergestellt wurde, fällt es nach vergeblicher Namenssuche verhältnismäßig leicht es entsprechend seiner Abmessungen, dem Baustil und der Bewaffnung als „unbekanntes Fahrzeug“ einer bestimmten epochalen Bauphase, Nationalität und Größe einzuordnen.
Ist ein solches Modell aber in einen anderen, größeren Maßstab wie z.B. ¾ Zoll : 1 Fuß (1:16), ½ Zoll : 1 Fuß (1:24), 3/8 Zoll : 1 Fuß (1:32) oder wie in diesem Falle ½ Duim : 1 Voet (1:22) gebaut, fragt man sofort auch nach dem „Warum“. Jedes einzelne dieser Großmodelle wurde sicher für einen außergewöhnlichen Anlaß geschaffen; sie waren in der Bauzeit und den damit verbundenen Kosten ihrer Herstellung weitaus aufwendiger als die im „Standard“ Maßstab erstellten; selbst diese waren nicht die von Winter erwähnten „dockyard models“, oder wie er sie auch bezeichnete „Werftmodelle“. Sie entstanden nach dem Bau des Schiffes und es gab oftmals einen speziellen Grund dafür. Es waren Geschenke für hochstehende Personen, oder von solchen für sich selbst in Auftrag gegebene, für ein Schiff das sie für die Flotte finanzierten oder auf dem sie dienten und gerne als Modell haben wollten; hinzu kamen die vom Marine-Oberkommando für ihre Sitzungsräume bestellten. Es gab etliche Gründe für den Bau der uns überkommenden Zeitzeugen und besonders spezielle für die im doppelten oder größeren als gebräuchlichen Maßstab erschaffenen, sie waren bis auf zwei uns bekannte Fälle nicht die dreidimensionale Zeichnung eines zu erbauenden Schiffes. Es kommt also darauf an einen entsprechenden Grund im Umfeld des Modells zu suchen.
Ein sehr frühes Beispiel kommt von Phineas Petts Autobiographie. Er arbeitete 1596 bei seinem Bruder Joseph, der in Woolwhich als Schiffbauer den Umbau der TRIUMPH leitete; und war danach bei meinem Bruder in Limehouse beschäftigt um ein kleines Modell für den Lord Treasurer, William Cecil, Lord Burghley herzustellen. Desweiteren schrieb er von einem anderen Modell: Im Dezember des Jahres 1599 begann ich mit einem kleinen Modell das, nachdem es fertig gestellt, ausnehmend genau ausgestattet und getakelt war, ich meinem guten Freund,, Mr John Trevor, schenkte, der dieses mit Dank in Enpfang nahm. (2)
Interessant ist auch das Phineas Pett, der nicht nur ein ausgezeichneter Schiffbauer und wahrscheinlich ein ebenso guter Modellbauer war, im April 1607 in der Autobiographie vermerkte daß er für seinen Prinz und Gebieter, dem 14 jährigen Prince of Wales, ein aus seiner Idee heraus entwickeltes Schiffsmodell baute (es war die neue Idee einen Dreidecker zu bauen), für dessen Arbeit er etwas länger als ein halbes Jahr benötigte. Nachdem er es dann, mit Schnitzereien und Farbe usw. ausgestattet, am 10. November 1606 dem Lord High Admiral übergab wies ihm dieser an es am nächsten Tag nach Richmond zu bringen wo sich der Prinz zur Zeit aufhielt. Am 12. November um drei Uhr nachmittags wurde das Modell dann vom jungen Prinz, dem Lord High Admiral und von König Charles I besichtigt. Der König war so begeistert von der Arbeit daß er Phineas Pett für eine ganze Weile über mit dem Bau eines solchen Schiffes zusamenhängende Fragen ins Gespräch verwickelte und ihm beauftragte beim Bau des Schiffes in allen Punkten genau dem Modell zu folgen, denn er würde eigenhändig die Übereinstimmung zwischen Modell und Schiff kontrollieren. Das Schiff, die PRINCE ROYAL, lief dann drei Jahre später (1610) als erster Dreidecker der englichen Flotte in Woolwich from Stapel.
Wie aus dem zeitgenössischen Bericht hervorgeht war es die in dem Modell verkörperte neuartige Idee die den König so sehr beeindruckte, daß er diese als Schiff nachbauen ließ. Entsprechend zeitgenössischer Dokumentation hatte Phineas Pett auch vor dem Bau der SOVEREIGN OF THE SEAS ein Modell für Charles I geschaffen. Dieses lag ebenfalls in der Wissbegierde des Königs begründet, der sich an dem Modell für das zu erbauende größte Schlachtschiff der Welt begeisterte. Der Bau des Schiffes wurde im August 1634 vom König selbst veranlaßt und unter Phineas Petts Aufsicht von seinem Sohn Peter durchgeführt. Stapellauf war am 16. Oktober 1637.
Samuel Pepys (1633-1703) schuf sich als Clerk of the Acts und später Chief Secretary of the Admiralty eine Schiffsmodell-Sammlung, die nach seinem Tode der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte. Jedoch die einzelnen Modelle gingen in private Hände über und nichts ist weiter darüber bekannt. Von einem dieser Modelle, der ROYAL JAMES ex RICHARD, erwähnte er in seinem Tagebuch am 5. Oktober 1661 ..blieb den ganzen Nachmittag im Haus um meines Lords (Earl of Sandwich) Modell der ROYAL JAMES , das ich vor einer langen Zeit borgte, in meinem Raum aufzuhängen.(3)
1.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) 1.) Ein vom Zahn der Zeit angegriffenes Modell einer wahrscheinlich holländischen Galeone um ca. 1560/70. Dies mag uns eine Vorstellung über die Art der Schiffsmodelle vermitteln von denen Phineas Pett in seinen jüngeren Jahren berichtete.(4)
In weiteren Auszügen aus Pepys Tagebuch dokumentiert John Franklin wie in 17. Jahrhundert diese völlig ausgeschmückten und getakelten Schiffsmodelle von Schiffbauern an hochgestellte, einflußreiche Persönlichkeiten verschenkt wurden um daraus Vorteile zu erlangen; er führte auch einen Fall an wo ein seltener Verkaufsbericht davon spricht daß das Modell eines 4. rangigen Schiffes die fürstliche Summe von 55 Guineas erzielte.
Ich habe mit diesem kleinen Ausschnitt nur herausstellen wollen das, in einer Zeit in der die visuelle Darstellung wichtiger war als eine literarische Beschreibung, ein völlig detailiert dargestelltes Schiffsmodell zu einem Schaustück „extraordinär“ wurde das preislich selbst über dem eines sehr guten Gemäldes stand.
Über die Bauzeit eines größeren Modells geben von Brian Lavery entdeckte zeitgenössische Schriftstücke Kunde.(5) Es geht dabei um ein am 12. Juni 1740 bei der Werft in Woolwich von der Admiralty für ihren Sitzungssaal in Auftrag gebenes Modell. In der am 9. Februar 1744 erfolgten Antwort auf die Navy Board Anfrage über den Verbleib des Modells schrieb man daß der Rumpf fertig wäre, auch die Masten, Anker, Blöcke u.s.w, aber da sie für diese seltene und ermüdende Arbeit der Takelung auf der Werft nicht die richtigen Leute finden können wird wohl die Ablieferung bis Ende Juni dauern, aber wenn wir von der Deptford Werft die Aushilfe dreier in dieser Arbeit versierter Personen erhalten könnten, wird angenommen das es im Mai fertiggestellt werden kann. Soweit über die Schwierigkeit richtiges Personal für die Kunst des Schiffsmodellbaus zu finden und auch ein Hinweis auf die Arbeitsdauer die ein gutes Modell erforderte; etwas von der auch ein heutiger Schiffsmodellbauer ein „Lied singen kann“. Von dem sehr seltenen Schriftverkehr bezüglich der Bauzeit eines Modells; in diesem Falle 4 Jahre, ist bereits erkennbar das dies keine „Werftmodelle“ im Sinne einer dreidimensionalen Vorlage eines zu erbauenden Schiffes waren; im Gegenteil, sie stellten das dreidimensionale Abbild eines bereits vorhandenen dar.
2.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Eines der ältesten russisches Halbmodelle im Maßstab 1:48, des 1716 auf Stapel gelegten 66 Kanonenschiffes ISAAK-VIKTORIA. Schiffbauer Joseph Nash (englisch). Sammlung Zentrales Museum der Seestreitkräfte, St. Petersburg
Werftmodelle der eigentlichen Art waren bereits Werkzeuge des Mittelalters und sie verschwanden auch nicht um 1580 nach dem Erscheinen erster Ansätze von Schiffbauzeichnungen, (Fragments of Ancient English Shipwrightry). Es waren aus einem Block geschaffene Halbmodelle mit denen der Schiffbauer die vom Auftraggeber gewünschte Schiffsform darstellen konnte. Sie waren ein für weitere drei Jahrhunderte von Schiffbauer benutztes Werkzeug und es wurde, wie aus einer für den Schiffbau wichtigen Verordnung des 18. Jahrhunderts hervorgeht, auch verlangt vor dem Bau oder Umbau eines Schiffes neben einer Zeichnung auch noch ein Modell einzureichen.
Solche Modelle, horizontal in bestimmte Schichten geteilt, ergaben für den Zeichnungsunkundigen die auf einer Zeichnung eingetragenen „Half-Breadth Lines“, also Wasserlinien. Teilte man ein derartiges Modell in regelmäßige vertikale Segmente so erhielt man die der Position entsprechende Spantform. Es waren Halbmodelle, da man für die Linien eines Schiffes nur die eine Seite brauchte. Die Benutzung dieser Modelle muß weit in die Jahrhunderte zurückreichen, denn ohne deren Hilfe wäre die Entwicklung der Fahrzeuge unserer Urahnen kaum möglich gewesen. Es ist schade das es keine schriftlichen Hinweise darauf gibt. J. Franklin erwähnte u.a. das ein Auftrag von 1645 festlegte das „Moddless“ vor dem Beginn des Baus geliefert wurden und das man in einer Verordnung des englischen Navy Boards 1716 die Meister-Schiffbauer aufforderte für jedes Design neben einer Zeichnung ein „Solid“ oder Modell einzureichen das exakt mit dieser übereinstimmt und in dem die Ladewasserlinie, die Höhe der Decks, der Berghölzer, der Rüsten, der Pforten, Gallerien u.s.w eingezeichnet waren. Mit dieser Anordnung wurde wahrscheinlich offiziell festgelegt was die besseren Schiffbauer für einige Zeit bereits freiwillig taten. Es hob das einfache Blockmodell auf eine höhere Ebene. Ich kann nur mutmaßen das man es mit diesen, nun pflichtgemäß eingezeichneten, Einzelheiten den auftragsgebenden Personen leichter machen wollte die Position dieser Details auf einem Blick zu erkennen.
3.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Dieses Blockmodell im Maßstab 1:48 von 1732 erscheint auf dem ersten Blick wie ein auf Spanten gebautes, ist aber ein der Vorschrift entsprechend bemaltes Halbmodell. Laut Franklin gibt es mehr als sechzig dieser Modelle im NMM Greenwich. (6)
Die hier gezeigten sind englische und russische Beispiele, jedoch sind sie auch in anderen Bereichen zu finden. Nehmen wir die 1720 gebaute WAPEN VON HAMBURG III. Der Kontrakt des Schiffbaumeisters beginnt mit: Jacob Mencke hat mittels seiner eigenhändigen Unterschrift angelobet und versprochen, daß mit ihm zu M. 41.000 Ct. bedungene Convoy Schiff nach den obenstehenden und von ihm unterschriebenen zu bauen [.......] und sich dahin bestreben, daß die Façon nach dem errichteten Model, oder wie es künftig hin vor gut oder besser angesehen werden mögte, einzurichten.
Wie aus dem Buch von Reincke (7) weiterhin hervorgeht waren es J. Mencke und G. Gerdsen jr. die sich um den Bau bewarben, wobei Mencke den Zuspruch erhielt; demzufolge müssen für die Bewerbungen zwei unterschiedliche Modelle vorgelegen haben. Modelle in der Art von Abb.2. (wahrscheinlich ohne Bemalung), aber nicht wie das umstrittene im Museum für Hamburgische Geschichte befindliche. Um dieses über vier Meter lange und 3 ¾ m hohe Modell mit dem Convoyer in Verbindung zu bringen übersah man großzügig das die Entscheidung über den Bau eines völlig neuen Schiffes, anstelle eines Umbaus des alten erst nach dem 31. März 1719 fiel; eine Auschreibung konnte demzufolge erst in den Wochen danach erfolgt sein. Mencke hatte in seinem Angebot vom 11 Oktober 1719 46.000 CtM gefordert. Die Entscheidung aus den eingereichten Bauzerters erfolgte dann mit dem im Dezember 1719 unterzeichneten Kontrakt; es blieb für den Bau der eingereichten Modelle nur sehr wenig Zeit (2-3 Monate?), wobei die Bauzeit eines völlig ausgerüsteten Modells im Maßstab 1:16 nicht in Monate, sondern in Jahre gerechnet werden mußte. Ferner erwähnte Prof. Reincke daß die im Kontrakt aberkannten 5000 CtM., es waren nicht 41000 sondern 46000 CtM. die Mencke ursprünglich forderte, die ihm im Ende auch bezahlt wurden, wohl als Preis für das große Modell gesehen werden konnte. Ich kann in dieser Annahme leider nur die Erklärung eines Laien sehen, der absolut keine Ahnung vom Wert eines solchen abnormal großen schiffbaulichen Kunstwerk hatte.
Aus einem Auszug der Baukosten entnehmen wir das von den Gesamtkosten des Schiffes von M. 143,360 Ct. ohne Inventar, Bewaffnung us.w. Jacob Mencke, als der für den Bau des Rumpfes verantwortliche Zimmermeister, mit 46000 CtM. (aus den er die von ihm beschäftigten Arbeiter am Rumpf bezahlte) weniger als ein Drittel dieser Summe erhielt. Es ist auch daraus zu lesen daß die Bezahlung der Mastbauer, Reepschläger, Segelmacher und andere extra aufgeführt waren, so auch der Bildhauer von der Heyde mit einer Summe von 1200 CtM. und der Schnittger (Holzschnitzer?) Heydorn mit 3200 CtM. Dies waren sicher die Zahlungen für den Entwurf und die Ausführung des Schnitzwerkes. Ferner ist eine á conto Zahlung von 500 CtM. für einen Maler genannt. All dies weist darauf hin daß die ursprünglichen Modelle nur die Form des Rumpfes darstellten.
Evidenz über die Benutzung dieser einfachen Modelle kann in der Literatur bis ins 20. Jahrhundert hinein verfolgt werden, zuletzt jedoch nur noch bei den im Holzbau beschäftigten kleineren Werften. Hier ein Auszug von 1839 aus dem ersten amerikanischen Buch über den Schiffbau THE PRACTICAL SHIPBUILDER(8) , das von einem Bruder des bekannten Klipperschiff-Erbauers Donald McKay, Lauchlan McKay, Schiffbauer und Zimmermann der U.S. Navy geschrieben wurde. Die ersten Zeilen der TREATISE ON SHIP BUILDING begannen mit: Hinweise für die Herstellung von Modellen; für die Übertragung dieser Form auf das Zeichenbrett.... Die ersten Gedanken bei der Konstruktion eines Fahrzeuges sind die, das bei der Wahl des Modells dieses bestens für das vorgesehende Gewerbe geeignet ist; zur gleichen Zeit aber auch so weit wie möglich die notwendigen Qualitäten für andere Gewerbe in Betracht ziehend für den Fall daß der Besitzer es nicht mehr benötigt und verkaufen möchte. L. McKay beschreibt den Ausdruck „Modelling“ als den Vorgang die Form eines Fahrzeuges darzustellen.
Hans Szymanski berichtete 1934 in DEUTSCHE SEGELSCHIFFE (9) mehrfach über den Gebrauch von Modellen im deutschen Bereich; auf Seite (12): 1823 wurde in Danzig der Kgl. Schuner DANZIG nach dem Modell eines schnellen amerikanischen Schuners konstruiert [......] Das Focke-Museum in Bremen besitzt ein Halbmodell eines Klippers (13)[.......] Aber nicht alle Schiffe wurden nach Zeichnungen gebaut, oft nur nach Halbmodellen und Mallen oder nur nach Mallen [......] Der Holzschiffbau beruhte eben zum guten Teil auf alter Überlieferung, die vielen Schiffbauern ermöglichte, auch ohne Zeichnungen gute Segler zu bauen. Das gilt nicht nur für den Kleinschiffbau, sondern auch für größere Segler, ist doch z.B. die Schunerbark THEKLA auf der Werft Albrecht Beckmann in Papenburg 1897 ohne Zeichnung entstanden (350 BRT) [.......] (14) Halbmodelle sind in erster Linie Hilfsmittel für den Schiffbau gewesen, von diesen stammen die ältesten bei uns aus den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts [......] Verwendet wurden Modelle jedoch viel früher in Deutschland. Kluge zitiert einen Altonaer Schiffbaukontrakt von 1742 „Es verbindet sich vorbemeldter Schiffs-Zimmerbaß, eine gute Pladtbordigte 3 Mast Gallioth nach dem von ihm gefertigten Modell zu verfertigen“. (siehe auch: Mencke 1719 Modell und Bauzerter).
Hans Szymanski, den ich in jungen Jahren noch als Freund meines Vaters kannte, beschrieb auch etwas intensiver, als es hier auf Seite 3 angeführt ist, auf Seite 14 seines Buches das Halbmodell als Werkzeug, welches zum besseren Verständnis hier noch zitiert wird; Es gab Blockmodelle (aus einem Stück Holz hergestellt), Vertikalschnittmodelle (senkrecht durchgeschnittenes Blockmodell, jeder Schnitt stellt ein Spant dar), Wasserlinienmodelle (d.h. Schichtmodelle; aus übereinander befestigten Brettern bestehend) und Skelettmodelle (mit vollen Halbspanten und Senten). Mit Ausnahme der Vertikalschnittmodelle wurden die Halbmodelle meistens auf einem Brett befestigt, auch wurde für die Herstellung der Wasserlinienmodelle gewöhnlich zweierlei Holz (helles und dunkles) gewählt. Einige Modelle reichen nur bis zum Schandeckel, andere bis Oberkante Reling. Die auf einem Brett befestigten Halbmodelle erhielten des besseren Aussehens wegen Kiel, Steven, Ruder und kurze Rundhölzer, wie auf den Linien-Längsrissen. Weil es früher gebräuchlich war daß von größeren Seglern die eine Hälfte des in der Längsrichtung durchgeschnittenen Modells der Besteller erhielt und die andere die Werft behielt, sind Halbmodelle (Block und Wasserlinienmodelle)namentlich von Rahseglern und Schunern häufig in einigen Museen wie auch im Privatbesitz vorhanden, obwohl die meisten inzwischen verbrannt worden sind [......] Jüngeren Ursprungs sind die Längsschnittmodelle von Kauffahrern, die auf der einen Seite die Außenhaut und auf der anderen Seite die innere Konstruktion und Einrichtung zeigen; man hat sie für Ausstellungzwecke oder als Lehrmittel hergestellt.
4.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Die offene Mitschiffseite des Halbmodells der Auswanderer Bark THEONE von 1864. Es wurde für das Historische Museum Bremerhaven, dem vom Verfasser restaurierten und zeichnerisch erfassten originalen Claussen Modells nachgebaut.
Dieser Beschreibung, von einem Schiffbauhistoriker verfasst der noch viele der damals existierenden Werften besuchte und mit den vielfach älteren Besitzern und Schiffbauern sprach, vorhandene Halbmodelle besichtigte und sich damit vertraut machte wie diese Modelle verwendet wurden, kann nicht mehr viel hinzugefügt werden. Es ist ein Exkurs in die Zeit der früheren Segelschiffahrt, in der das Halbmodell im Holzschiffbau dominierte.
Man sprach damals nicht von Werftmodelle, nur von Modelle die einer Bauzerter und im 18. Jahrhundert den Zeichnungen beigefügt sein mußten um dem Auftraggeber ein Bild von der Form seines zu bauenden Schiffes zu geben. Der Ausdruck „Werftmodell“ wurde erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geprägt als Werften begannen „ihre Ware zur Schau zu stellen“; wo sie mit dem Modellnachbau dieser neuen, eisernen und später aus Stahl gebauten Dampfschiffe Reklame machten und Spezialisten damit beauftragten diese maßstabgetreu und sehr detailiert herzustellen. Ich habe dies in meinem Beitrag VERGOLDETE PROPELLER, VERSILBERTE RELINGS, POLLER UND DERGLEICHEN vom Werftmodell zum „Werftmodell“ mit verschiedenen eigenen Arbeiten deutlich gemacht.
Kommen wir nun zu dem „Hohenzollernmodell“
Heinrich Winter hatte mit seinen Fotos und seiner Niederschrift über dieses große holländische Modell (10) , in der er von seiner Untersuchung und wie es dazu kam, berichtet und versucht etwas Licht in die Geschichte dieses Kunstwerks des 17. Jahrhunderts zu bringen. Damit wurde das Wissen um das hervorragende, vor nahezu einem Dreiviertel-Jahrhundert zerstörte Schiffsmodell der Nachwelt aufrecht erhalten, aber eine Identifizierung des Holländischen Kriegsschiffmodells von 1660/70 war ihm leider nicht gelungen. Die Möglichkeiten dazu waren in den Vorkriegsjahren auch gering. Wie er selbst schrieb wurde er 1933 als 55-jähriger Verwaltungsbeamter frühzeitig pensioniert. Ob dabei gesundheitliche oder politische Gründe eine Rolle spielten ist unbekannt.
5.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Niederländisches 68 Kanonenschiff von nach 1664 im Maßstab 1: 22 (1/2 Daumen : 1 Fuß)
Erst danach rückten seine schiffbaugeschichtlichen Interessen in den Vordergrund, wobei die ersten Veröffentlichungen sich hauptsächlich auf die Navigation des frühen Mittelalters konzentrierten. (Die Nautik der Wikinger 1935, Die Navigation der Frühzeit 1935, Die Verwendung des Kompasses 1936). Darauf folgte 1937 in der Zeitschrift DIE YACHT, der von ihm genannte Bericht über den Kolderstock, der Rudereinrichtung des 17. Jahrhuderts, wobei dann 1937, durch die Suche nach einer authentischen Darstellung dieses Details, sein Interesse zufällig auf das große niederländische Modell des Kaisers gelenkt wurde.
Über die von ihm gemachten Fotos und dessen schriftliche Behandlung schrieb er: “Das Buch hat seine eigene Geschichte. Es verdankt seine Entstehung dem rein privaten Interesse eines einzelnen, dem nur beschränkte Hilfsmittel zur Verfügung standen. Auch der erste Anstoß zu diesem Buch war ein rein zufälliger. Bei der Beschäftigng mit dem Kolderstock, der jenen frühen Zeiten eigentümlichen Steuervorrichtung, von der in der Literatur nur schematische Abbildungen vorlagen, wurde das Modell, das diese Einrichtung und ihre Handhabung aller Voraussicht nach zeigen mußte, zu Rate gezogen. Die Annahme fand sich denn auch bestätigt; ein Beitrag in der segelsportlichen Zeitschrift „Die Yacht“, 1937, Nr. 18 gab darüber erste Auskunft.“
Bei seiner Suche nach dem Kolderstock mußte er in einzelne Stückpforten hineinleuchten, dabei das einzigartige Interior kennenlernend entschloss er sich zur Untersuchung des gesamten Modells; wobei ihm der Direktor des Museums freie Hand ließ und auch die Benutzung des Fotolaboratoriums erlaubte. Dadurch konnte er eine auch für das Museum und der Nachwelt interessante bildliche Dokumentation des Modells zusammenstellen, bevor er es dann vermaß. Es war vorauszusehen, daß ein einzelner, der ohne Helfer arbeitet, geraume Zeit zur Untersuchung eines derartigen Modells benötigen würde. Das zeigte sich sofort, als ich die Einzelheiten der Takelage zu studieren begann, wobei das eine immer sogleich das andere nach sich zog. Um aber Störungen irgendwelcher Art, die meiner Arbeit ein vorzeitiges Ende hätten bereiten können, vorzubeugen, ging ich zunächst an das Wichtigste: die Dokumentation des gegenwärtigen Befundes durch möglichst viele und möglichst große Fotos. Danach folgte die Vermessung des Modells.[.......] Doch all diese Fährnisse überstand das Modell schließlich – nur die Bomben nicht, es wurde restlos vernichtet. Dadurch wurde es unmöglich das bezüglich der Takelung noch Fehlende, insbesondere eine Aufnahme des gesamten Vorgeschirrs, von hinten gesehen, d.h. Bugspriet mit Sprietmast, Blinde und Oberblinde samt allem Takelwerk, nachträglich zu ergänzen, so daß das vorliegende Buch auf manche Frage die Antwort schuldig bleiben muß. Diesem Nachwort ist zu entnehmen das es höchstwarscheinlich 1966 geschrieben war, denn die darin erwähnten Pläne tragen die Unterschrift W.D. Wagner 1966/67. Heinrich Winter verwies in dem Nachwort noch darauf das aus diesen Abmessungen Risse entstanden sind, aber nicht das er diese selbst schuf. Er verstarb am 2. Juni 1967.
In seinen „Biographischen Anmerkungen“ schrieb er davon eine zeichnerische Begabung zu besitzen und das er in Abendkursen technisches Zeichnen bis zum Gebrauch von Kurvenlinealen und Stracklatten erlernte; aber warum existieren keine Zeichnungen von ihm? Auch bei der KATALANISCHEN NAO VON 1450 (11) , die er zweimal, 1937 & 38 in Rotterdam besichtigte und über die er dann, nach der Herausgabe von DIE KOLUMBUSSCHIFFE bei Robert Loef 1944 (12) , einen guten Bericht schrieb, ist nur der Entwurf als von Heinrich Winter genannt. Die Zeichnung selbst wurde jedoch von Schiffsbau Ing. Jeltsch ausgeführt und unterzeichnet. Neben einem nicht sehr tiefschürfenden Artikel „Allgemeine Erläuterungen zu den Schiffen niederländischer Bauart“ in RISSE VON SCHIFFEN DES 16. UND 17. JAHRHUNDERTS (13) verfaßte er DAS HANSESCHIFF DES AUSGEHENDEN 15. JAHRHUNDERTS (14), das 1961 erstmalig verlegt wurde.
Es sind die ausgezeichneten von H. Winter in den Jahren 1937/39 im Schloß Monbijou Museum gemachten Photos die jeden schiffbaulich interessierten Modellbauer und Historiker begeistern. Leider wird die Beschreibung und die zeichnerische Aufarbeitung dieser Bilder dem Original nicht völlig gerecht. Dabei sollten wir aber berücksichtigen das sein Hauptinteressengebiet das Mittelalter war, während er mit dem holländischen Schiffbau zur Zeit des Fotografierens historisches „Neuland“ betrat und zwischen dieser und der Aufarbeitung der Bilder als Buch (erschienen 1967) ein Vierteljahrhundert lag.
Lass uns mit der Geschichte des Modells beginnen. Diese Kapitel began er mit: Über den Anlass der Schenkung des Modells und seine späteren Schicksale war nichts Verläßliches zu ermitteln, auch ließ sich nicht feststellen, welches Schiff der Holländischen Flotte dargestellt sein soll. Das oranische Wappen im Zierspiegel, das den Wahlspruch des Hosenbandordens trägt, gibt keinen Aufschluß darüber. – Das mag zum Teil stimmen, jedoch gibt es uns das früheste Datum der Zeit in der das Schiff eingestuft werden kann und deutet auch auf einen späteren Anlass hin.
Es war in 1653 daß der aus England geflohene, im holländischen Exil lebende, Prince Royal Charles ( der spätere Charles II von England) seinem 2 ½ jährigen Neffen Willem, als ersten Prinzen von Oranien den „Order of the Garter“ verlieh. Damit haben wir 1653 als die unterste Datumsgrenze für das Band des Hosenbandordens um dem Wappen des Prinzen von Oranien. Das schließt Winter’s Mutmaßung aus, die er ohne Berücksichtigung des hohen englischen Ordens machte: Das weist darauf hin, das die Schenkung [an den Kurprinzen von Brandenburg, dabei auf die kurbrandenburgischen Geschütze hindeutend] zu einer Zeit erfolgte, in der Friederich Wilhem I., wenn auch noch nicht Kurfürst, so doch als Kurprinz künftiger Erbe dieser Würde war, also vor 1648. Alsdann müßte das Modell etwa 30 Jahre früher angesetzt werden.
Es gab da noch den „jüngeren“ Zeitungsartikel, nach dem es um 1665 dem Prinzen von Oranien bei seinem Besuch der Flotte in Texel zu Geschenk gemacht worden sei. (Eine dieser Zeitungsenten die einem Journalisten einfallen, wenn er etwas schmackhaft gestalten will, ohne Beweise dafür zu haben.) Winter schrieb weiter: Das legt die Frage nahe, ob es ein Schiff mit dem gleichen Wappen gegeben hat oder ob das Wappen nur als eine mit der Schenkung verbundene Aufmerksamkeit angebracht worden ist. Mit einer Schenkung, ja, aber nicht die der „Zeitungsente“, kommt er wahrscheinlich der möglichen Wahrheit nahe. Doch darüber später.
Zusammengefaßt berichtet „Die Geschichte des Modells“ über den weiteren Verlauf: Auch über die Zeit und die Art der Überführung nach Berlin ist nichts bekannt [........]Der frühere Direktor des Museums hat dem Marinemaler Prof. Hans Bohrdt nach dessen persönlicher Mitteilung berichtet, daß das Modell vor der Überführung in das Museums mit stark zerstörter Takelage auf dem Boden des Stadtschlosses gestanden habe [........] Leider hat Prof. Bohrdt nicht gefragt, wann und von wem die Wiederherstellung des Modells durchgeführt worden ist. [.....] Schließlich ist ebenfalls nach persönlicher und auf eigener Beobachtung beruhender Mitteilung des Verfassers des Buches „Schiffsästhetik“ Christoph Voigt, in den neunziger Jahren das Modell auf einem Flußkahn - der Museumsgarten grenzte an die Spree - zur Matrosenstation an der Glienicker Brücke geschleppt worden, um dort überholt zu werden.[.....] Weiter ergeben die Akten, daß das Modell im Jahre 1909 zur Dreihundertjahrfeier der Gründung von Neu-Amsterdam (New York) durch Hudson nach Amsterdam geschickt wurde. Es wurde dort sofort unter Glas gebracht und kam ebenso nach Berlin zurück. Hier wurde der Glaskasten wieder beseitigt; soweit die von Heinrich Winter aufgezeichnete Geschichte des Modells.
Daraus ist zu ersehen daß das Modell wohl für nahezu drei Jahrhunderte ungeschützt und offen der Witterung und dem nicht immer vorsichtigen Beschauer ausgesetzt war; doch vorerst zurück zur Geschichte.
Da uns die normalen Namenshinweise entsprechend der Spiegeldekorationen wie das Wappen, die Größe des Schiffes, Anzahl von Kanonen usw., dem passenden Baujahr und im Vergleich mit zeitgenössischen Abbildungen damals, genau so wenig wie heute, ergeben haben bleibt nur noch ein wenig Querdenken übrig.
Gehen wir von dem Gedanken der Schenkung aus. a.) Das Modell mit den Hosenbandorden umschlungenen Wappen des Prinzen von Oranien nennt uns als frühesten Ausgangspunkt der Forschung das Jahr 1653. Es nimmt auch direkten Bezug auf Prinz Willem von Oranien, denn nur dieser erhielt die „Order of the Garter“. b.) Was war der Anlaß für dieses große Geschenk? Die doppelte Größe des Standardmaßstabes macht es außergewöhnlich; waren die Kosten eines Modells in ¼ Zoll oder Daumen zu 1 Fuss bereits fürstlich, so gingen sie für eines in doppelter Größe weit darüber hinaus. Dementsprechend mußte nicht nur der Anlaß; auch der Zeitpunkt dieses muß schon Jahre vorher bekannt gewesen sein, denn ein exquisites Modell diese Größe bedurfte eine wesentlich längere Bauzeit als eines in „Standardgröße“. c.) Wenn es schon nicht mit ein bestimmtes Schiff identifiziert werden kann fragt man, was stand in engster Beziehung zum Prinzen? Seine Heimat – Holland! Der von W.v.d Velde gezeichnete Spiegel der HOLLANDIA von 1664 war nicht der des Modells und so ging die Suche weiter, bis mir beim blättern durch Schiffsabbildungen des 17. Jahrhunderts eine bislang unbeachtete 1666 datierte Bleistiftskizze von Boymans dem Älteren (15) zu Gesicht kam, eine Seitenansicht des dann neuen 80 Kanonenschiffes HOLLANDIA, das Flagschiff der Flotte darstellend. Bei näherer Betrachtung stieß ich auf eine Ähnlichkeit mit dem Modell, zur Lupe greifend und es intensiver studierend wurden Skizze und Modell mehr und mehr identisch; nur das die HOLLANDIA in der Länge um eine Geschützpforte größer war.
6.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Die von Boymans dem Älteren 1666 geschaffene Bleistiftskizze der gerade fertigestellten 80 Kanonen HOLLANDIA 1664.
7.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Hier ein Vergleich mit dem Modell aus dem Besitz des deutschen Kaiser Wilhelm II
Es erschien mir als wenn die HOLLANDIA dem Modell Pate stand, denn eine derartig große Gleichheit zwischen der künstlerischen Darstellung eines Schiffes und einem Modell gibt es selten. Von meiner Warte aus gesehen wurde das große neue Schiff zum Vorbild des geplanten Modells.
d.) Es muß ein außerordentliches Ereignis gewesen sein für das ein solches Geschenk geplant wurde und ich denke das es kein größeres gab als das folgende. Prinz Willem wurde 1672 als Willem II von Oranien zum Statthalter von Holland, Seeland, Utrecht, Gelderland und Overijssel bestallt. Er wurde, als der nächste in der Blutlinie des englischen Herrscherhauses und Thronfolger, 1689 als William III, zum König von England gekrönt.
Zusammenfassend sind diese Punkte (a – d) meine persönliche, leider ungestützte Meinung daß der außerordentliche, jedoch vorhersehbare Anlaß die Bestallung des 21 jährigen Prinzen Willem von Oranien zum Statthalter von Holland, Seeland, Utrecht, Gelderland und Oberijssel in 1672 gewesen ist. Das Geschenk eines übergroßen Schiffsmodells kann, aber muß nicht, von den verschiedenen Admiralitäten des Landes geplant worden sein. Sie hatten Kenntnis und Zugang zu den besten Spezialisten im Schiffsmodellbau, in der Miniaturbildhauerei, im Mastbau, im Segelmachen und der Takelung; sie konnten dies besser als jeder andere organisieren und ein Modell wie dieses war nicht nur passend sondern auch eindrucksvoll. Es durfte aber nicht das Modell irgendeines vorhandenen Schiffes sein, es mußte symbolisch für die gesamte niederländische Flotte stehen.
Mit Holland die leitende Provinz der Niederlande hatte man vielleicht über ein Modell des neuen großen Schiffes des Flotte, die HOLLANDIA, nachgedacht, das aber in seiner direkten Form wohl nicht bei allen Beteiligten auf Zustimmung stieß da es symbolisch die anderen Admiralitäten ausschloß; deshalb glaube ich das man in einem Kompromiss den Stolz der Flotte in leicht geänderter Form, Verkleinerung um eine Stückpfortenlänge, nachbaute und als dominierenden Mittelpunkt des Spiegels das Prinz von Oranien Wappen mit Krone und dem Hosenbandorden anbrachte. Damit wurde das Modell, das wohl in den Jahren 1666 bis ca. 1670 gebaut wurde, zu einem stolzen Sinnbild, nicht nur einer Provinz, sondern der gesamten niederländischen Seemacht.
Zwar ist diese Hypothese, wie ich schon erwähnte, nur meine Zusamenfassung der bei Winter niedergeschriebenen Worte. Sie läßt aber Gedanken offen wie das Modell wohl in die Hände des deutschen Kaisers Wilhelm II gelangte, der ja familiare Beziehungen zum holländischen Königshaus hatte und 1918 nach dort ins Exil ging. Es gab sicher persönliche Besuche, wahrscheinlich schon in den Jahren vor 1888 als Segelsport liebender Prinz, und das große offen herumstehende und beschädigte Modell wird ihm gefallen haben. Wann es dann nach Berlin gelangte steht nicht fest, es muß aber spätestens gegen Ende der 80er Jahre gewesen sein, denn wir wissen von Prof. Bohrdt das es, bevor es ins Museum kam, für längere Zeit mit stark beschädigter Takelung (?) auf dem Boden des Stadtschlosses stand. Ferner schrieb Voigt das es in den 1890er Jahren vom Museum zu einer in Berlin befindlichen Marinestation nahe der Glienicker Brücke gebracht wurde um die Takelage (?) zu restaurieren. Von meiner eigenen Erfahrung als Restaurator alter Segelschiffe, davon eines aus dem 17. zwei aus dem 18. Jahrhundert und etliche jüngere, kann ich nicht glauben das die nahezu dreihundert Jahre an dem offenstehendem Modell so spurlos vorüber gegangen sind wie es von Heinrich Winter beschrieben wurde. Der Zahn der Zeit hatte mit Staub, Feuchtigkeit, Trockenheit, Bohrwürmern, Menschliches hantieren und was sonst, doch erheblich daran genagt. Wenn es über eine Restaurierung des Rumpfes auch keine schriftlichen Nachweise gibt, so heißt es nicht das es keine gab. Einige der durch die Pforten abgelichteten Fotos des Zwischendecks sind Beweis genug das eine solche vor der Instandsetzung der Takelage stattfand. Weder war eine Jahrhunderte alte Staubschicht vorhanden; eine solche konnte mit den damalige Hilfsmitteln nicht durch die Pforten abgetragen worden sein ohne Unordnung im Zwischendeck zu schaffen. Die Decksbalken, Schlingen und Rippen sind zu einem Teil original verwittert, während andere davon scharfkantig und neu bearbeitet aussehen.
8.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Das staubfreie Deck, der neu aussehende Besanmast, die verwitterten und die scharftkantig neu geschnit-tenen Rippen und der eben-falls neue Decksbalken mit dem vertikalen Knie.
Nicht nur die vielen neuen Hölzer weisen auf eine Restaurierung hin, auch die nicht verwitterten Rollpferde mit den kurbrandenburgischen Geschützen und die sorgfältig arrangierten Ankerkabel und das unter den Decksbalken aufhängte Kabelaaring nebst dem aufgeschossenen Tauwerk auf dem Zwischendeck. Aus dieser offensichtlichen Restaurierung erklärt sich auch, was für Winter etwas unerklärlich erschien. Weiter muß in Betracht gezogen werden, daß die Geschütze des Modells den brandenburgischen Adler mit Kurhut aufweisen. Diese Rohre können aber nicht erst nachträglich eingelegt worden sein, denn es ist nicht vorstellbar, daß man die dicken, noch dazu stumpfen Bronzebolzen der Überleger für die Zapfen der Rohre lediglich durch die Stückpforten so fest in die Lafettenwangen eingetrieben haben könnte, wie es tatsächlich der Fall war. Also muß dies schon in einem früheren Stadium des Baues geschehen sein, d. h. bevor die über den Geschützen liegenden Decks verlegt wurden.
Der Schlüssel zum Rätsel der brandenburgischen Geschütze ist möglicherweise darin zu sehen das man mit diesen dem Kaiser schmeicheln wollte. Wenn man die Stückpforten der Gesamtbilder betrachtet und mit denen durch die Pforten aufgenommenen Innenaufnahmen vergleicht steht man vor einem weiteren Rätsel, denn wir sehen im Innenraum und an Oberdeck Geschütze dort ausgefahren, wo man bei den Seitenfotos, an Backbord sowohl wie an Steuerbord, nur leere oder geschlossene Stückpforten begegnet. Aus all diesen Erkenntnissen ergibt sich nur eine Schlußfolgerung; diese Bilder der Gesamt-ansichten und des Oberdecks wurden zu verschiedenen Zeiten, also nicht von Heinrich Winter, gemacht. Das muß geschehen sein bevor man zusätzliche Geschütze plazierte.
9.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Ankerkabel und Kabel-aaring mit dem Anker-beting. Auch hier ist das neue Holz der Restaurie- rung deutlich erkennbar.
Darüber ist leider nichts berichtet worden und es stellt auch seine Deutung des von Christoph Voigt genannten Modelltransports zur Matrosenstation an der Glienicker Brücke um dort überholt zu werden in ein anderes Licht. Diese Gesamtansichten sind die eines voll getakelten Schiffes!! Zu viele Widersprüche die zu denken geben. War es vielleicht nicht die nur leichte Beschädigung in der Takelage die von Matrosen beseitigt werden sollte, oder waren es die Räumlichkeiten dieser Station, Werkstatt und Maschinen, die für eine Überholung des gesamten Modells zur Verfügung stand, und waren es im Lande ausgesuchte Spezialisten die diese vornahmen? Es war immerhin der Kaiser der diese Arbeit anordnete und man konnte wohl durch Kleinigkeiten wie die Nachbildung brandenburgischer Geschütze den Kaiser schmeicheln und auf seine Blutverwandtschaft mit dem Geschlecht der Oranier hinweisen (vielleicht wollte er es ja auch selber), es waren minimale Dinge die ein normaler Betrachter des Modells sowieso nicht wahrnimmt. Aber in der Gesamtarbeit erwartete er absolute Qualität, denn ohne diese wäre das Modell 1909 nicht zur Dreihundertjahrfeier der Gründung von Neu-Amsterdam (New York) nach Amsterdam gesandt worden. Die gute Wiederherstellung des großen, wahrscheinlich im Mittelpunkt stehenden, Modells bedeutete Prestige und darauf kam es an. Das Modell wurde dort in einen Glaskasten gestellt und in einem solchen auch zurück nach Berlin geschickt. Leider wurde es danach wieder herausgenommen.
Den Bericht Winters „Der Zustand des Modells“ beginnt mit: Der Rumpf zeigt keinerlei Beschädigungen, auch nicht an den feinsten Zieraten, mit Ausnahme einer kleinen verlorengegangenen Rosette am oberen Rande des Spiegels.[........] und endet mit: Die Kauschen, darunter auch einzelne metallene, und vieles andere mehr zeigten paßgerechte Größe, wie sie nur ein Werftmodell aufzuweisen hatte. Kein später hinzugefügtes Ersatzstück war feststellbar. Was er damit aussagte ist nur daß, zu der Zeit in der er sich nach 1937 damit beschäftigte, ihm ein Modell gegenüberstand das nach dreihundert Jahre ungeschützten Daseins keine der Schwächen aufwies, die man gewöhnlich bei ähnlich alten oder jüngeren Schiffsmodellen findet. Wo waren die Symptome hunderter Jahre „Altersschwäche“ die ich bereits anführte? Es gab keinen Schmutz, alles war sorgfältig am Platz und kein später hinzugefügtes Ersatzstück war feststellbar. Das besagte nur daß die am Modell beschäftgten Restauratoren , dem damaligen Trend folgend, alles auch farblich so den ursprünglichen Hölzern anpassten das es dem ungeschulten Beschauer schwerfiel diese neueren Teile zu erkennen. Erfolgte dies dann noch alles ohne schriftlichen Restaurierungsbericht wurde es bald vergessen und spätere Beschauer akzeptierten das zur Schau gestellte schnell als original.
Auch ich glaubte, bevor ich mich tiefschürfender mit den Abbildungen des Buches beschäftigte, daß alle Fotos von Heinrich Winter abgelichtet wurden; kam aber im Laufe dieser Niederschrift zu der Einsicht das es nicht der Fall war und auch die aus zweiter oder dritter Hand kommenden Aussagen von Hans Bordt und Christoph Voigt nicht wörtlich genommen werden können. Wo sind die Hinweise auf eine beschädigte Takelage, wenn alle Bilder eine unbeschädigte anzeigen und man auf dem Foto (Tafel 22) “Der Großmars von achtern oben“ noch den Schmutz der langen Vergangenheit erkennt? Warum sind auch auf einem anderen Beispiel (Tafel 6&7) die fünf hintersten Pforten in der untersten Lage an Backbord halb oder ganz geschlossen, während sie auf anderen offen (Tafel 4) und bei Innenaufnahmen (Tafel 37 u.a.) bestückt sind? Rätsel, von denen es einige gibt, die aber nicht alle aufgeführt werden können.
10.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Der seit Jahrhunderten festgesetzte Staub auf dem Großmars, den Blöcken, Juffern und dem Eselshaupt ist hier sichtbar.
Kommen wir nun zu der Vermessung des Modells. Hier hatte Heinrich Winter die Tiefgangmarkierungen von einem Amster-damer Fuß (283,133 mm) an den Vor- und Achtersteven des Modells als Wertmesser benutzt, die dort von ihm als 13,5 mm gesehen wurden. Da seine Messinstrumente, wie er selbst berichtete, einfach waren: Zur Vermessung der Decksbalken des Oberdecks und des Batteriedecks wurde ein Stahlbandmaß angesetzt, das bekanntlich am Anfand eine Nase hat, und nicht darauf geeicht war weniger als einen Millimeter anzuzeigen, muß dieses 13.5 mm Maß als Vermutung angesehen werden; zumals bereits beim Nachmessen der Abstände auf den Fotografien des Buches (Tafeln 9 & 14) diese selbst auf den kleineren Fotos bis zu einem halben Millimeter variierten.
Der von Winter daraus errechnete Maßstab des Modells ergab 1:20,965 also 1: 21, während bei 13 mm, also ½ mm weniger und mit 11 Daumen in 1 Fuß der gebräuchliche Maßstab 1 : 22 (½ Duim : 1 Voet) war. Damit veränderte sich die von ihm umgerechnete Modelllänge (210,6 cm) zwischen den Loten von 44,15 m für das Schiff auf 46,332 m oder 163 Voet 4 Duim Amsterdam. Die gebräuchliche Breite (Wij’t binnen de hout) wurde by N. Witsen (16) auf den Spanten gemessen und als ein Viertel der Schiffslänge (Het schip is langh over steven) angegeben, dies kam der englischen Messweise (17) gleich in der man von einem Drittel der Kiellänge ausging. Das wären 40 Voet 8 Duim 11,58 m, wobei Winter das Maß über der Außenhaut (ohne Berghölzer) als 59.5 cm = 12.5 m oder 44 voet 3 duim angab. Es käme bei 1:22 = 13.09 m (46 voet 3 duim) und ist damit etwas breiter als das Standardmaß. Mit 1 Duim = 25,73 mm und die Planken zwischen den Berghölzern bei einem 160 Fuß langen Schiff mit 4 - 5 Duim Dicke angegeben und als 5 x 25,73 = 128,65 mm x 2 = 257.30 mm sehen wir nach der Witsen Aufstellung die Außenhautmessung als 11.83 m an. Das kommt zu 1,26 m weniger als die Außenbordbreite der Winter Messung, oder 5,7 cm in der des Modells. Hierzu Witsen: De lengte van het schip in vieren gedeelt, zoo neemt de wijte een vierde deel [........] na het gevoelen van eenige meesters. Doch andere weder maeken het schip 3 of 4 voet wijder,als zijn vierde-part.
Das von ihm gemessene Breite/Länge Verhältnis mit 0,354 der Länge (O.360 in der Zeichnung) liegt demzufolge also noch in dem generösen zeitlich akzeptierbaren Bereich. Wie das englische Werk sagt: the breadth is arbitrary, also willkürlich, solange diese sich in einem bestimmten, weit gesetztem, Rahmenverhätnis zur Länge verhält: the lenght never less than double nor treble the breadth. The length is meant of the keel, excluding the rake of the stem and sternpost.
11.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Die hier angedeuteten Punkte in der Kiellinie geben mit den schwach angedeuteten Vertikalen die Länge des Schiffes an, wie sie damals gemessen wurde. (Witsen Tafel XLIV)
12.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Die Spanten des Modellplans und eine gestrichelte Anmerkung, die zeigt wie bei Witsen das liegende Flach be-schrieben ist und wie es ungefähr beim Modell erscheint.
13.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Wie eine solche Hauptspantform bei Witsen 1671 dargestellt ist. Dieser scharfe Knick zwischen Lieger und Sitzer war teilweise auch mäßig gerundet.
Heinrich Winter führte als (etwas ungewöhnlichen) Vergleich der Rumpfformen die 1860 in England gekaufte preussische Fregatte NIOBE an.
Der als Schlachtschiff gedachte Zweidecker war also in Länge wie Breite beträchtlich kleiner als die als Kreuzerfregatte gebaute „Niobe“. Der Zweidecker war flachbodig, die „Niobe“ausgesprochen scharf im Kiel. Bei ihr betrug der Anstiegswinkel vom Kiel aus 38°. Der flache Boden des Zweideckers war durch die Wassertiefen vor der niederländischen Küste bedingt, so war z.B. von Amsterdam aus der „Pampus“, eine Untiefe in der Zuydersee, zu überwinden. Auf Tafel II sind beide Schiffe im Querschnitt ineinander gezeichnet.
Darf ich hier nochmals auf Witsen hinweisen, der im Bezug auf das „liegende Flach“ vermerkt: Tot de wijte van’t vlak neemt 2/3 van de heele wijte, namentlijk, op de uitwaetering. Beispiel: bei 25 Fuß Schiffsbreite über der Wasserlinie wären das 16 Fuß 7 ½ Daumen. Das Flach mag sich am Hals mit jedem Fuß um ½ Daumen anheben. Das wären bei 16 Fuß 7 ½ Daumen nicht ganze 9 Daumen und im Falle der Winter Vermessung von 30 Fuss 8 Daumen käme es auf 15 ½ Daumen = 1 Fuß 4 ½ Daumen. Der gestrichelte untere Hauptspant gibt dies an und der Nachweis über gleichartige „liegende Flachs“ von 66 bis 70 % der Breite kann für die Zeit zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert bei vielen Schiffen, nicht nur holländischen sondern auch deutschen und die der Ostseenationen, wegen der Flachwasserhäfen und Versandungen erbracht werden.
Auf der Zeichnungstafel II wurde Winklers kleine Vergleichszeichnung in groben Zügen übertragen. Jedoch ist in dem von Wolf-Dietrich Wagner gezeichneten Spantenriss nichts davon zu sehen. Hier wurden Heinrich Winters Worte und Anweisungen vollkommen ignoriert; der Spantenriss trifft dabei nicht einmal auf ein gleichgroßes Schiff der Tiefwassernationen zu, geschweige bei dem Modell, er ist mehr einer leichten Fregatte zuzuschreiben. Mit dem völligeren Hauptspant verändert sich der gesamte Linienriss und damit auch der Innenraum.
Falls man es sich zur Aufgabe macht dieses schöne Schiff wieder der Vergangenheit zu entreißen, darf man nicht blindlings dem einmal veröffentlichen Material folgen. Schiffsmodellbau war früher eine hochgeschätzte Kunstrichtung und ernstgenommener Schiffsmodellbau, besonders historischer, ist heute vielfach Detektivarbeit. Im vorliegendem, einem nahezu 80 Jahre alten „Cold Case“ (kaltem Fall), kann ich nach heutigen Gesichtspunkten die von Heinrich Winter angesprochenen Dinge erheblich klarer sehen und neue Aspekte mit denen vor vielen Jahrzehnten geschriebenen verbinden. Ich hoffe das meine zum Teil kritische Auseinandersetzung nur im positven Licht gesehen wird. Meine 1953/54 ohne besondere Hilfsmittel geleistete Grundarbeit in der Vermessung und der zeichnerischen Skizzierung des russischen Dreideckers in Eutin gab mir genügend Verständnis für die Situation in der sich Heinrich Winter befand. Er war ein leiden-schaftlicher Amateur-Schiffbauhistoriker und ohne seine Arbeiten hätten wir für lange Zeit kein gutes Wissen von der Katalanischen Nao von 1450 und ohne seine Ablichtungen des Innenraumes des Holländischen Zweideckers von 1660/70 wäre dieses große Modell schon längst aus dem Blickfeld der Schiffbauhistoriker und Schiffsmodellbauer verschwunden.
Mit der Inschrift des Hosenbandordens möchte ich diesen Beitrag beenden.
Karl Heinz Marquardt
(1)Winter, H. DER HOLLȀNDISCHE ZWEIDECKER VON 1660 / 1670, Verlag Delius, Klasing & Co, Bielefeld 1967 (2)Franklin, J. NAVY BOARD SHIP MODELS 1650-1750, Conway Maritime Press Ltd. London 1989 (3)Franklin, J. NAVY BOARD SHIP MODELS 1650-1750, Conway Maritime Press Ltd. London 1989 (4)BESCHRIJVENDE CATALOGUS DER SCHEEPSMODELLEN EN SCHEEPSBOUWKUNDIGE TEEKENINGEN, Nederlandsch Historisch Scheepvaart Museum Amsterdam 1943 (5)Franklin, J. NAVY BOARD SHIP MODELS 1650-1750, Conway Maritime Press Ltd. London 1989 (6)Franklin, J. NAVY BOARD SHIP MODELS 1650-1750, Conway Maritime Press Ltd. London 1989 (7)Reincke, H. & Schulze, B. DAS HAMBURGISCHE CONVOYSCHIFF „WAPEN VON HAMBURG“ Museum für Hamburgische Geschichte, Hamburg 1956 (8)McKay, L. THE PRACTICAL SHIP BUILDER, New York 1839,(reprint ISBN 0 356 04759 8) (9)Szymanski, H. DIE DEUTSCHEN SEGELSCHIFFE, Institut für Meereskunde Berlin 1935 (10)Winter, H. DER HOLLÄNDISCHE ZWEIDECKER VON 1660/70, Verlag Delius. Klasing & Co, Bielefeld und Berlin 1967 (11)Winter. H. DIE KATALANISCHE NAO VON 1450, Robert Loef Verlag, Burg Bez. Magdeburg 1956 (12)Winter. H. DIE KOLUMBUSSCHIFFE, Robert Loef Verlag, Burg Bez. Magdeburg 1944 (13)Hoeckel, Jorberg, Loef, Szymanski, Winter. RISSE VON SCHIFFEN DES 16 UND 17. JAHRHUNDERTS, Delius,Klasing & Co Bielefeld 1967 (14)Winter. H DAS HANSESCHIFF DES AUSGEHENDEN 15. JAHRHUNDERTS, VEB Hinstorff Verlag Rostock 1961 (15)Fox, F. GREAT SHIPS, THE BATTELFLEET OFKING CHARLES II, Conway Maritime Press Ltd. London 1980 (16)Witsen, N. AELOUDE EN HEDENDAEGSCHE SCHEEPS-BOUW EN BESTIER, Amsterdam 1671 (17)Salisbury, W. ed. A TREATISE ON SHIPBUILDING c. 1620, London 1958
Vielen Dank für diesen umfassenden, interessanten Beitrag, den ich bisher nur überflogen habe. Aber ein kleiner Hinweis sei mir gestattet - Ab Hoving erwähnt das Modell, allerdings mir sehr wenigen Worten, in seinem Büchlein über das "William Rex" getaufte Modell eines niederländischen Zweideckers von 1698. Bei Interesse würde ich mal die Stelle heraussuchen.
Neben vielen, mir bisher unbekannten geschichtlichen Zusammenhängen, liest sich diese Abhandlung von K.H. Marquardt wie ein hervorragender Kriminalroman! Ein herzliches Dankeschön an den Autor!
habe gerade den hervorragenden Bericht über das besagte Modell und die Möglichkeit einer Interpretierung gelesen. Ich stimme in vielen Punkten mit dir überein. Allein die Möglichleit, dass Willem III etwas damit zu tun hatte, kann mich nicht so recht überzeugen. Zum Verständnis: Willem III wurde im Jahre 1650 nach dem Tod seines Vaters Willem II geboren. Um 1653 herum übernahmen die Gebrüder de Witt die Regiegungsgeschäfte. Details hierüber kann man sicher in Büchern und Internet nachlesen. Die Ermordung der Brüder De Witt im Jahre 1672 wurde auch von Willem III beeinflusst. Man hatte die Brüder gefangen gesetzt und den "Pöbel" aufgeheizt. Und als es so richtig kochte, wurden sie freigelassen. Das Ergebnis ist bekannt.
Wie sollte eine Planung bezüglich des Modells ausgesehen haben. Die Ermordung der leitenden Beamten der Provinz Holland wird man nur bedingt gesteuert haben können. Die Gründe für den Bau dieses besonderen Modells werden wir sicher nur durch Zufall erfahren. Alle in der Vergangenheit angestellten Versuche mussten immer mit einem Fragezeichen, einem dicken Fragezeichen, versehen werden. Nebenbei sei erwähnt, dass Willem III in den ersten Jahren das Wappen seines Vaters übernommen hatte. Er (Willem III) wurde von Johan de Witt kontrolliert und in Teilbereichen von ihm erzogen (gelenkt). De Witt wollte auf keinen Fall, dass Willem III das Ruder übernehmen konnte.
Wie Werner sagt: fr.agen, immer Fragen Die schiffe von das Bauprogram 1666 sehen ziemlich gleich aus. Auch die Gouden Leeuw hat vieles dass aenlch ist mit das HZ-modell. Das Schiff ist viele mahlen abgebildet durch die Van de Veldes.
ich bin gerade nicht in Ostfriesland (bin in Schweden). Die Hollandia von 1667 hatte doch eine Länge über Steven von 170 Fuß? Wenn wir die Bewaffnung von 80 Stücke zugrunde legen, müsste das doch hinkommen? Habe hier leider keine Möglichkeit, das zu untersuchen.
Sehr geehrter Herr Marquardt, vielen Dank für den ausgezeichneten und ausführlichen Bericht! Die große Ähnlichkeit zur Hollandia ist ja allgemein bekannt, aber hier in diesem Kontext macht es Sinn. Ihre Vermutungen sind wahrscheinlich nah an der Wahrheit.
Eine Frage, die sich mir beim Hohenzollernmodell immer wieder stellt, ist die "Bewaffnung" des Modells, in dem Zustand in dem Winter sie hat fotografieren lassen.
Dass die Stücke nicht zum Schiff gehören, ist offensichtlich. - Aber zu welchem Schiff (Modell) gehörten sie dann? - Und: Wie hat wohl die ursprüngliche Bestückung ausgesehen und wo ist diese wohl geblieben?
Mit freundlichen Grüßen,
Herbert
It ain't a hobby, if you gotta hurry! -- Die Wahrheit triumphiert nicht. Ihre Gegner sterben aus. -- If you don't get older and wiser... then you just get older.
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Eine Demokratie lebt von der Vielfalt der unterschiedlichen Meinungen. Das setzt aber voraus, dass man die Stärke besitzt, die Meinungen der anderen zu ertragen. - Ein totalitäres Regime ist immer ein Zeichen von Schwäche der Machthaber. - Ich liebe es, in einer Demokratie zu leben!
Es dürfte gar nicht so offensichtlich sein, daß die Kanonen nicht zum Modell gehören. Vielmehr sind sie mitsamt ihren Wappen sehr plausiblel, wenn man Ab Hovings oben erwähnten, leider sehr knappen Ausführungen zum Hohenzollernmodell speziell und ähnlichen Modellen allgemein folgt: Das Modell war ein Werbegeschenk an den Großen Kurfürsten zwecks Anbahnung von Waffengeschäften.
Anscheinend ist es im Inventar der Kunstkammer des Stadtschlosses 1756 erstmals schriftlich nachzuweisen - ich kenne die Beschreibung nicht, es wäre zu überprüfen, ob es genaugenug charakterisiert ist, um Verwechslungen mit anderen Modellen auszuschließen. Ganz sicher aber ist es 1878 nachgewiesen, nämlich nun bereits durch Fotografien (dort hängen 2 große Modelle; ist über das 2. wohl etwas bekannt?) https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Hohenzollernmodell.jpg Siehe den wirklich aufschlußreichen Artikel bei Wikipedia. https://de.wikipedia.org/wiki/Hohenzollernmodell
Noch einmal zum Nachweis von 1756; im Wikipedia-Artikel wird auf ein Werk "Altes und Neues Berlin III", S. 18 und S. 548 verwiesen. Die erste Stelle ist § 42, einige "Merkwürdigkeiten aus dem Kunst- und Naturalienkabinett".
"In der ersten Kammer finden sich: 1.) Ein Modell eines Orlog-Schiffes, welches 74. Kanonen führet, und von der Königin Anna von Engelland dem höchstsel. Könige Friedrich verehret worden."
Das ist nun anscheinend nicht das Hohenzollernmodell, insofern ist die Angabe bei Wikipedia nicht richtig; dennoch interessant, vielleicht handelt es sich ja um das 2. Modell auf oben verlinktem Foto.
Zu der zweiten Textstelle auf Seite (bzw. in Spalte) 548. Diese Abschnitt ist ein Anhang von "Ergänzungen und Verbesserungen", den der Autor angefertigt hat, nachdem der erste Teil des Buchs bereits gedruck war, wie er erläutert. Als Ergänzung zu den Merkwürdigkeiten der Kunstkammmer findet sich hier noch:
"97.) Ein Oorlogs-Schiff mit 70. Kanonen. Es soll 20000 Holländische Gulden gekostet haben, und hat alles, was zu solchem Schiff gehöret."
Hierbei handelt es sich wahrscheinlich um das sogenannte Hohenzollernmodell. Trotz der dürren Worte deutet die Angabe der Kosten auf niederländische Herkunft, die Angabe, daß es "alles habe, was zu einem solchen Schiff gehöret", deutet auf die detaillierte Bauweise, wie sie das Hohenzollernmodell aufwies. Nebenbei noch interessant, daß auch aus England ein wertvolles Schiffsmodell nach Berlin kam - derartige Objekte wurden also gelegentlich herumgeschenkt . Übrigens geriet auf diese Weise im 18. Jahrhundert ein Modell des Dreideckers Royal George nach Göttingen an die Georgia Augusta.
Es sieht für mich so aus, als hätte das Modell in Gent hölzerne Kanonenrohre die obendrein auch noch ziemlich schäbig aussehen. Kein Vergleich zu den edlen Rohren des Hohenzollern-Modells. Die Rohre des Genter Modells können natürlich Ergebnis einer der zahlreichen Restaurationen sein; vielleicht hatte das Modell ursprünglich auch bronzene Kanonenrohre jedoch ohne Brandenburgischem Adler. Vielleicht hatte aber das Hohenzollermodell anfangs auch hölzerne Rohre die viel später gegen die Rohre aus Bronze ausgetauscht wurden. Dies wäre vielleicht die logischste Erklärung. Ich möchte aber noch zu einem anderen Punkt etwas sagen: Sehr Viele scheinen die Fotos in Winters Buch unkritisiert einfach hinzunehmen. Bei der damaligen Drucktechnik war es völlig normal Bilder zu retouchieren; d.h. Linien wurden nachgezogen; mit dem Airbrush wurden Schatten verstärkt oder ergänzt und sogar wegretouchiert. Wenn man die Möglichkeit hat dasselbe Bild aus unterschiedlichen Quellen zu vergleichen kann man erkennen bis zu welchem Maße so was in den Bildern des Buches vollzogen wurden. Die Originalaufnahmen des Schiffsinneren die im Huis Doorn aufbewahrt werden sind alle VIEL dunkler als die im Buch. Die neuwertigen Hölzer die Herr Marquardt anspricht sind meines Erachtens nichts weiteres als Retouche. Dies trifft unter anderem auch auf dem Fuß des Besanmastes zu der von der etwas groben Struktur seiner Umgebung völlig abhebt. Ich habe nahezu alle Fotos aus Berlin bestellt, ich hoffe sie kommen hier bald an, dann werde ich die Möglichkeit haben weitere Vergleiche anzustellen. Links ein Foto so wie ich es vom Museum Huis Doorn bekommen habe, rechts das gleiche Bild aus dem Buch Winters. Und das ist ausnahmslos bei jedem Bild im Buch gemacht worden.
Man kann die Fotos aus dem Buch auf keinen Fall für "bare Münze" nehmen, weder um den Zustand des Modells zu beurteilen noch die Form des Rumpfes. Es ist einfach zu viel an den Bildern herumgedoktort worden.
Hab mich heute erst angemeldet und noch nicht alles was bisher zum HZM hier geschrieben wurde gelesen. Wird aber noch nachgeholt. Den Wikipedia-Artikel habe ich geschrieben, allerdings mit dem bisher nachweisbaren Stand und nicht mit allem was bekannt ist! Die oben diskutierten Stellen aus dem Buch "Altes und Neues Berlin III" wurden auch gelöst und stellen kein Rätsel dar. Den Nachlaß von Wolf-Dietrich Wagner im Archiv des Technikmuseum habe ich eingearbeitet. Allerdings konnte mir das Museum damals keinen der großen Pergament-Pläne zur Inventarisierung gebe. Sie müßten also eigentlich noch fehlen. Diese Pläne sind mit Tinte aufgetragen worden. Allerdings lößt sich diese und so steht zu befürchten, dass einige Stellen (Linienriß, Spantriß etc.) sich auflösen! Was noch völlig unbearbeitet ist, sind die Negativ-Streifen von Kleinbildfotos im Nachlaß. Winter hatte ja geschrieben, dass er bevor er die Glasbildkamera umsetzt mit einer Kleinbildkamera Fotos macht, um zu prüfen ob die Einstellungen stimmen. Dies sind die bisher völlig unbeachteten Bilder! Da sind noch unbekannte Ansichten zu erwarten. Die Geschichte des Modelles konnte ich bis 1702 zurück recherchieren und auch den Herkunftsort in den Niederlanden aufs Gebäude genau mit Nachweiß lokalisieren. Es ist aber nicht das einzige Modell, was im Zuge der Flottenrüstungen der 1660-er Jahre entstand. Allerdings sind die ganzen noch unpublizierten neuen Erkenntnisse zu viel für einen oder mehrere Beiträge im "Logbuch" und für ein eigenes Werk á la Winter "Blaue Reihe" befürchte ich, dass es keinen Herausgeber gibt. Man muß bei den Zeichnungen aus dem Buch von Winter genau darauf achten, wer die Zeichnungen erstellt hat. Die Zeichnungen, die laut diesem Buch von Winter sind, waren im Technikmuseum auch als Tintenzeichnungen vorhanden. Diejenigen von Wagner fehlen ganz. Das Genter-Modell habe ich in einem Artikel im "Logbuch" behandelt. Dieses Modell wurde ja mehrfach verändert und kann so nur bedingt als Referenz zum HZM verwendet werden. Das Modell im Schifffahrtsmuseum Amsterdam mit dem zugeschriebenen Namen "Hollandia" ist "bloß" ein Schmuckmodell, an dem in unbekanntem Umfang Veränderungen vorgenommen wurden.
Gruß Sterntreter
Sterntreter
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