Heute möchte ich mein erstes Projekt vorstellen: Die Gjøa.
Na, wer fragte jetzt:"Was soll das denn sein?". Ging mir auch so
Hier eine kurze Zusammenfassung, wie ich zu dem Projekt kam, das eigentlich keines werden sollte
Da ich schon lange nicht mehr Modelle gebaut hatte, wollte ich mir ein recht leichtes Schiff suchen (so zum wieder eingewöhnen), dass jedoch einen gewissen Hintergrund in der Geschichte hat. Außerdem sollte es nicht zu groß sein. Maximal 50 cm, wenn es fertig ist. Auf keinen Fall sollte es ein längeres und aufwändiges Projekt werden (von den Kosten mal abgesehen). Das wollte ich mir für später aufheben. Ich wollte ja nur wieder in das Hobby einsteigen.
Kurz gesagt: Wer sucht der findet. Es wurde ein Bausatz von Constructo. Den Bausatz bestellen und schon mal während der Wartezeit ein paar Recherchen zum Schiff machen war eines. Ich weiß, eigentlich erst Recherche und dann langsam los legen, aber nun ja, war hier anders.
Das Schöne ist: Das Schiff gibt es noch! Es wurde 1872 in Rosendal, Hardanger (Norwegen), im Auftrag von Asbjørn Sexe gebaut. Das Schiff bekam den Namen seiner Frau, Gjøa Sexe. Bis 1901 wurde es als Fischtransporter genutzt. Danach kaufte es Roald Amundsen und baute es für seine Polarexpedition um. Er durch schiffte damit als erster die Nordwestpassage und erreichte 1906 Nome. Später wurde das Schiff von der Norwegischen Gemeinde in San Francisco übernommen und im Golden Gate Park ausgestellt. Anfang des Jahrtausends bemühten sich die Norweger darum, dass das Schiff wieder in seine Heimat kommt. Heute ist es in Fram Museum in Oslo in einer eigenen Halle ausgestellt und wird/ist restauriert.
Durch viel Glück fand ich viele Fotos von der Gjøa, die das Schiff zur Expeditionszeit und heute zeigen (viele Stunden suchen und suchen und suchen ...). Die Bilder geben einen guten Einblick in Details, wie Aufbauten, Kajüten bis zur Breite der Deckplanken oder ähnliches.
Der Bausatz kam an und ich legte los. Erst mal eine Helling, dann den Rumpf bauen. Leider stellte sich das Material als eher drittklassig heraus. Das Brett mit den Teilen für den Rumpf war krumm. Ein paar Tricks kenne ich ja noch, also habe ich versucht das auszugleichen. Das Ergebnis war zwar ganz gut, stellte mich aber nicht wirklich zufrieden, den krumm bleibt krumm ...
Nebenbei habe ich dann weitere Recherchen angestellt und den Bauplan und die Bauanleitung mit den Fotos vom Original verglichen. Tja, was soll ich sagen. Ich war bitter enttäuscht. Ich weiß nicht, wie der Bausatz entstanden ist, aber das was ich dort zusammen bauen sollte, war mehr als unmöglich.
Viele Details entsprechen nicht dem Original, weder dem heutigen noch dem vom 1903-1906. Ich ärgerte mich immer mehr über den Bausatz. OK, er ist für Einsteiger gedacht, ich wollte es mir ja auch für den Anfang einfach machen, aber so geht es nicht. Das Schiff hatte drei Beiboote, nur nicht im Modell. Die Ruderpinne sollte als Stück Messingdraht daherkommen, nicht aus Holz. Aufbauten sind falsch benannt worden. Z. B. ein Ruderhaus, das nie eines war. Eine Luke, wo eigentlich keine ist und viele andere Dinge, die nicht passten. Proportionen, die irgendwie nicht stimmig sind und ein Mastloch in der Deckplatte das nicht mittig gebohrt ist. Etc etc etc ...
Lange Rede, ich weiß. Das Ergebnis ist nun, es wird doch ein längeres Projekt. Ich werde die Gjøa so wirklichkeitsgetreu wie möglich im Zustand von 1903-1906 bauen. Einzige eventuelle Ausnahme: die Farbgebung. Da möchte ich eigentlich eher das Holz sehen und es nicht unter Farbe ertränken. Schauen wir mal :) Das heißt, fast alles wird neu gebaut. Angefangen beim Rumpf. Keine wasserstrahlgeschnittenen Scheibchen zum zusammenkleben (die nicht einmal komplett durch geschnitten sind, sonder alle mit dem Messer heraus gearbeitet werden müssen), sondern ein echter Kiel und echte Spanten. Neue Aufbauten, neue Luken, neue Ankerwinde usw.
Leider habe ich nur eine Blaupause (PDF) vom Umbau der Gjøa gefunden, die eine Draufsicht und eine Seitenansicht mit ein paar Details zeigt. Keine Spantenanzahl, Kielführung (genau Maße) oder Linienriss. Also werde ich wohl als erstes den Kiel und die Spanten neu zeichnen und dann erstellen müssen. Mangels richtigen Bauplan werde ich den Rumpf des Bausatzes als Vorlage verwenden und versuchen daraus den Kiel und die Spanten so realistisch wie möglich zu entwerfen/rekonstruieren. Da ich das so auch zum ersten Mal mache, bin ich für Tipps und Kritik zu den Zeichnungen dankbar. Ich will ja nicht auch so pfuschen, wie bei der Vorlage.
Zum Auftakt habe ich mir erst einmal vernünftiges Holz bestellt. Eine Birne und den halben Baum dazu . Das zum Thema Kosten ...
Bis das Holz da ist, habe ich ein paar Sachen getestet. Z. B. die Konstruktion der neuen Oberlichter oder den Aufbau der großen Kajüte aus Leisten. Ein paar Fotos zeigen das. Wenn ich genug Zeit habe, werde ich auch kleine Zeichnungen anfertigen, damit jemand anders das auch bauen kann, ohne alles noch einmal ausprobieren und berechnen zu müssen.
So kommt man also zu einem langen Projekt ... es wählt einen aus :-D - das nächste suche ich mir dann aber wieder selber aus (habe da schon eine Idee ...).
Hier nun ein paar Fotos, nichts dolles, aber ein Anfang:
Der Bau des Rumpfes. Sieht zwar gerade aus, aber ohne Helling nicht mehr. Das Schiff würde immer einen schönen großen Kreis fahren
Die Oberlichter habe ich in Buchenholz final erstellt. Es fehlen nur noch die Rahmen mit den Glaseinsätzen bzw. Bullaugen für das längere Oberlicht. Mache ich demnächst.
Die Kajüte als Bretterbude (laut Bausatz) und als Test mit Leisten gezimmert. Da ich keine Ahnung habe, wie das Gerüst einer Kabine aussieht, habe ich es so gemacht, wie ich es auch bauen würde.
Noch etwas ungenau das Ganze, aber als Test OK denke ich. Mit vernünftigen Holz wird es dann Passgenau auf den Millimeter. Kiefer ist da nicht so der Hit , aber dafür hat es gelangt.
So, das war es für den Anfang. Puhhh. Ich hoffe mal, das ich hier irgendwie an die Qualität anschließen kann, die hier gezeigt wird. Werde mich bemühen!
Mit den ersten Zeichnungen geht es dann weiter ...
Von der Gjoa gibt es einem sehr guten Artikel komplett mit sämtlichen Zeichnungen in der amerikanischen Zeitschrift "Nautical Research Journal" aus den 70er Jahren. Diese Pläne basieren wohl auf einer professionellen Aufmessung eines staatlichen Arbeitsprogrammes,während der "Depression" in den 30er Jahren. Für brotllose Schiffbauer und Naval Architects . Die Zeichnungen in besagten Artikel sind dagegen eher für ein Modell tauglich, wobei auch selbst der Zweizylinder Glühkopf-Motor samt Schraube detailliert dagestellt ist.Müsste bei Interesse das aber erst mal raussuchen und kann es Dir dann als Kopie zukommen lassen. Soweit bekannt gibt es auch einen Baukasten (mit vorgefrästen Rumpf) von Model-Shipways- USA
An Plänen dieser staatlichen Bestandsaufnahme kann man ca. 400 Schiffe von den unterschiedlichsten, meist hölzernen amerikanischen Schiffstypen des 19 Jh. im sog. "HAMMS- Archiv" ( Historic American Merchantships Survey ) finden, worunter auch Gjoa darunter sein dürfte. siehe Internet !
diese Zeichnungen wären eine sehr große Hilfe. Eine Kopie wäre toll. Wenn Dir dadurch Kosten entstehen, bekommst Du die natürlich ersetzt! Als PDF per E-Mail würde es natürlich auch reichen.
Von Baukästen bin ich im Moment etwas kuriert. Da mache ich es doch lieber selber, auch wenn der Weg härter ist.
interessantes Projekt, bin sehr gespannt wie es weiter geht Hab Dir übrigens für diese Schiffchen seinen endgültigen Ankerplatz eingerichtet.
Grüße, Joachim
Schöne Grüße Joachim
Mein neues Buch in Deutsch und Englisch erhältlich: "Die Farbe Blau im historischen Schiffbau - von der Antike bis in die Neuzeit" siehe dazu: http://www.modellbau-muellerschoen.de
danke für den neuen Liegeplatz. Schöne Aussicht von hier
Ich bin selber gespannt! Da ich aber jetzt von Peter Material mit Plänen bekomme und nicht alles selber machen muss, ist eine langwierige Zeichnerei an mir vorbei gegangen. Da hoffe ich doch, das ich demnächst eine passende Helling bauen und den Kiel legen kann.
dank der freundlichen Unterstützung und Hilfe von @peternavalis bin ich nun stolzer Besitzer von Plänen für das Schiff. Das erspart mir doch sehr viel Arbeit.
Da die Pläne in 1/135 vorlagen, habe ich sie auf 1/64 vergrößern lassen. Hier mal zwei Bilder (hängen an der Wand):
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da ich im Moment mit den Plänen und dem Zeichnen für die Gjøa etwas hinterher hinke, aber mal wieder etwas machen wollte, habe ich mit einem der Beiboote angefangen. Es handelt sich um eine von zwei norwegischen Pram.
Da ich die noch nie gebaut habe, habe ich mir überlegt, wie ich das anstelle. Dabei ist folgendes heraus gekommen. Bin gespannt, was Ihr dazu sagt. Ich bin zumindest ganz begeistert von dem Ergebnis beim ersten Anlauf.
Hier nun die Bilder dazu ...
Zuerst habe ich mit Hilfe des Wasserlinienrisses des Pram Schablonen erstellt.
Diese Form des Pram wurde dann auf ein Brettchen montiert, an den Seiten mit Löchern für die kleinen Spanten versehen, und die Form selber mit Folie ummantelt, damit der Leim sich später nicht mit der Form verbindet.
Danach wurde es dann fummelig. Die Spanten mit dem Heißbieger in Form gebracht und über die Form gelegt. Die Spanten habe ich dann mit Zahnstochern fixiert und mit Leim von unten angeheftet.
Als alles trocken war, die Zahnstocher gekürzt und einen Kiel angebracht. Einen echten Kiel haben die Boote zwar nicht, aber doch eine mittlere Planke. Naja, so hält zumindest alles zusammen und den "Kiel" kann man später noch dünner schleifen ...
Soweit bisher zur Pram. Die Form habe ich gemacht, da ich zwei von den kleinen bauen muss (sagte ich ja oben schon, im Alter wird man redundant ), das schien mir einfacher.
Ich hoffe, es hat Euch bis hierher gefallen.
Demnächst geht es dann weiter ...
Gast
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Das ist doch schon mal prima, schöne Form ist das geworden das wird ein prima Ergebnis werden
Grüße, Joachim
Schöne Grüße Joachim
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ich bin ja nun gerade dabei den Linienriss für die Gjøa komplett neu zu zeichnen. Dabei stellt sich mir nun die Folgende Frage:
Wie stelle ich alle Spanten des Schiffs in der Zeichnung dar?
Ich habe die Bauspanten eingetragen, aber wie sieht es mit den restlichen aus? Das Schiff hat laut Plan über 50 Doppelspanten. Wie nähre ich mich denen an. Zeichne ich die auch alle in den Linienriss ein? Das würde sehr eng und unübersichtlich werden.
Einen Tipp, wo ich Informationen dazu bekomme, oder eine Erklärung, wie ich das anstelle wäre sehr hilfreich.
wie gut ist deine Vorlage (Linienriss). Besteht die Möglichkeit, sie zu scannen oder gut zu fotografieren? Würde dir anbieten, einen neuen Linienriss nach Vorlage zu erstellen.
Hallo Hamburger Jung Warum willst Du alle Spanten zeichnen. Wenn ich den bisherigen Bericht richtig interpretiere, so soll doch der Rumpf komplett bepflanzt werden. Dannreichen die auf dem Plan eingezeichneten Spanten und dazwischen Füllstücke. Für diese Bauweise gibt es im Forum einige gute Berichte. Gruß aus dem Schwabenland Norbert
In der Werft: Bonhomme Richard im Maßstab 1:75 Hanseschiff nach Plänen von Winter Galeere La Capitana die Venetia Venetianisches Kauffahrtschiff Santa Elena Schlachtschiff Bismarck 1:200 Mehrzwecklandungsboot Tümmler Barbe Klasse Typ 520 1:50 während meiner Dienstzeit auf dem Boot
ich brauche alle Spanten, weil ich auch alle einbauen will. Wie beim Original. Keine Füllstücke. Ob man das sieht oder nicht, spielt doch keine Rolle. Ich weiß es dann, das es so gebaut wurde. Außerdem lernt man ja auch etwas dabei, und das ist mir wichtig. Das Ganze soll halt so nah am Original sein, wie es geht, in der Baugröße .
das ist wirklich ein tolles Angebot von dir. Ein Foto der Pläne siehst Du weiter oben im Bericht. Ich möchte das aber selber machen, sonst lerne ich ja nichts dabei und sammle keine Erfahrungen.
Ich zeichne den Linienriss auch richtig altmodisch: Millimeterpapier, Lineal und Bleistift. Ich weiß, viele finden CAD echt toll, ist es auch. Da ich aber jeden Tag vor dem Rechner sitze, bin ich froh, mal etwas auf die gute, alte Weise zu tun. Zur Zeit, als die Gjøa entworfen wurde, haben die Jungs das ja auch per Hand gemacht - und da ziehe ich wirklich den Hut vor. Daher will ich das auch so machen und lernen, wie es "richtig" geht.
Ich bräuchte also einen Hinweis, wie ich da vorgehen muss. Alle Spanten genau zeichnen? Fehlende Spanten per "Freihand" einfügen?
um die restlichen Spanten im Querschnitt zu sehen, musst du im Wasserlinienriss und im Seitenriss vertikale Linien zeichnen. Und zwar an den Stellen, wo die Originalspanten gewesen sind. Dann solltest du dir entweder eine verzugsfreie Folie und Pappstreifen besorgen, oder den guten alten Metermaßstab mit halber Millimeter-Einteilung zulegen. Ein guter Zirkel tut es aber auch. Eine Vorlage, die schon alle Wasserlinien und Längsschnitte als horizontale/ vertikale Linien beinhaltet, runden das Bild erst einmal ab. Nun musst du in den Wasserlinienris eintauchen und die halben Breiten der neuen Spanten an den Wasserlinien ermitteln. Entweder messen, oder mit einem Pappstreifen und Bleistift abgreifen. Der Bleistift sollte auf einem Schmirgelbrettchen wie ein Keil angeschliffen werden. Die ermittelten Maße in den Spantenriss übertragen und mittels Kurvenlineal oder Straklatte zeichnen. Sofern Fragen auftauchen, hier stellen. Wir werden dann helfen.
vielen Dank für die Erklärung. Ich werde mich die nächsten Tage gleich dran setzen. Von dem Ergebnis zeige ich dann ein paar Fotos und Ihr könnt mir sagen, ob das so OK ist, oder ob ich Bockmist gebaut habe.