Hallo Kay, Zu den Zusatzkielen. Ein Frachtsegler war das ganze Jahr im Wasser, musste ja Geld verdienen. So ein Kanonenboot diente der Hafen- oder Küstenverteidigung und war zur Abschreckung. Ich denke, dass es die meiste Zeit an Land in einem Schuppen gelagert wurde. So konnte die Einsatzzeit verlängert werden. Gelegentlich kam es ins Wasser, damit es nicht austrocknete und dicht blieb. Die Zusatzkiele könnten Stützen für das Aufschleppen gewesen sein. IMG_5231.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) Hier eine Abbildung von einem britischen Lagerschuppen um 1880. Quelle: Send a gunboat, London 2007, S. 162
Gruß Jörg
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
Der Segelplan, wie gewünscht :P Ist nicht für dasselbe Boot (dieses hier ist 54 Fuß lang, das auf Seite eins hat 50), aber die beiden sind sich sehr ähnlich und aus demselben Zeitraum (1808/09).
Zur Taktik der Kanonenboote Hier will ich exemplarisch den Gunboat War von 1807 - 1814 vorstellen. Während der napoleonischen Kriege war England auf den Ostseehandel angewiesen. Von hier bezog das Land Bauholz, Teer, Pech, Leinen/Segeltuch und Lebensmittel. Dänemark kontrollierte den Sund und den Großen Belt. Da das neutrale Königreich Dänemark-Norwegen unter Napoleons Einfluss geraten könnte, zerstörten die Engländer in 2 Aktionen die dänische Flotte (1801 und 1807). Dänemark war nunmehr ohne größere Kriegsschiffe und baute bis 1814 rund 200 Kanonenschaluppen und -jollen. Mit ihnen bekämpfte man recht erfolgreich kleinere britische Kriegsschiffe und Handelskonvois. Die Bedingungen für den Kanonenbooteinsatz waren hier optimal: begrenzte Seeräume, Flachwasser, schlechte Bedingungen für Rahsegler zum Kreuzen. Die Kanonenboote griffen gewöhnlich in Rudeln an, sie waren durch die Riemen sehr beweglich und boten ein kleines Ziel. Die britischen Schiffe boten ihre Breitseite dar, die Kanonenboote nur ihren Bug. So konnten die Kriegsschiffe HMS Tickler, Seagull, Tigress, Minx u.a. eingenommen oder versenkt werden.
Nach der Wegnahme von mehreren Handelsschiffen durch die Barbaresken setzten die jungen USA Kanonenjollen gegen Tripolis ein (1804). Nur sie waren geeignet nah genug an den Hafen und die tripolitanische Kaperflotte zu gelangen. Der Bey von Tripolis wurde gezwungen ein Stillhalteabkommen zu unterzeichnen. In der Regierungszeit von Präsident Th. Jefferson (1801-09) wurden hauptsächlich kleinere Einheiten zum Küsten- und Hafenschutz gebaut. Die nach dem Befreiungskrieg verarmte USA konnte sich zunächst einem Marine mit großen Schiffen nicht leisten. Im Krieg gegen England 1812 wollte der Marinesekretär Hamilton die wenigen vorhandenen Großschiffe abtakeln und als schwimmende Batterien für den Hafenschutz verwenden.
Mit dem Einsatz der Dampfkraft gewannen Kanonenboote an Bedeutung. Europäische Mächte schickten sie nach Südamerika, Afrika und Asien um Schulden einzutreiben, Kompensation für getötete Missionare und Händler zu fordern und Aufständische/Piraten niederzukämpfen. Auch kleine Mächte bestellten Kanonenboote als Prestigeobjekte. Hier sehen wir die siamesische "Suriya Monthon" von 1879. Das Brücken- und Maschinenpersonal bestand aus europäischen Fachleuten. Sie sollte ein Fahrmodell werden, aber dazu ist sie im Maßstab 1 : 100 zu klein. Inzwischen ist sie etwas zerrupft. IMG_5227.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)IMG_5228.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Es wurden auch Flusskanonenboote gebaut. Sie mussten ebenfalls einen flachen Rumpf haben und verfügten über schwere Buggeschütze. Die hier gezeigte "Chillicote" hatte Schrauben- und Seitenräderantrieb. Die Schiffe wurden gegen Schiffe, Festungen und Anlagen (Brücken, Fabriken, Hafenbefestigungen) eingesetzt.
Nach der Reichsgründung wurde in Dtld. über das Flottenkonzept diskutiert. Die eine Richtung sprach sich für eine Flotte zum Küsten- und Hafenschutz aus. Die dafür nötigen Einheiten würden wenig Geld verschlingen. Es wären flat iron Boote mit einem schweren Buggeschütz von der Art der SMS Wespe. Da aber das deutsche Reich eine große Handelsflotte aufbaute und zahlreiche Kolonien erwarb, benötigte man die Hochseeflotte. Das gefiel Albion nicht. DSCI0395.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Gruß Jörg
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Kleine Anmerkung zur Taktik, die Dänen versorgten die Kanonenboote mit großen Briggs, die quasi als 'Mutterschiffe' für die Einsatzverbände dienten. Diese hatten zum Teil auch größere Kombüsen, um die Besatzungen der Kanonenboote mit versorgen zu können. Zudem waren diese Briggs gut bewaffnet (kurze und lange 18-Pfünder) und konnten es leicht mit den entsprechenden Schiffen der Briten (z.B. Cruizer-Klasse) aufnehmen. Eine dänische Brigg dieser Art, die Lolland, hab ich hier im Forum schon mal vorgestellt :)
Edit: die 200 dänischen Kanonenboote, die Gebbi oben erwähnt hat, waren übrigens fast ausschließlich nach schwedischen Vorbild gebaut. Diese hatten ihren Wert und Schlagkraft im schwedisch-russischen Krieg von 1789 mehr als bewiesen und das Design wurde von Dänen und Russen übernommen und de facto das Standartmodel in der Ostsee. Wenn ich mich richtig erinnere, wurden auch zahlreiche Boote diesen Typs für die frz. Invasionsflotte in Boulogne-sur-mer gebaut.
Das Ruderkanonenboot ist auch sehr interessant, bes. die Carronade im Heckbereich, die auch nach den Seiten feuern konnte. Buggeschütz ist vertieft. Ruderer waren völlig ungeschützt.
Ja, da habe ich jetzt einige sehr reizvolle und unterschiedliche Typen.
Gruß Jörg
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Hat mir etwas muehe gekostet, aber die Abmessungen der Gaffelkanonneerboote sind in Niederlaendische Ellen. das ist so etwas 3.15 Fuss. Die Boote sind 14 - 18 Ellenlang, das macht 44 - 60 Fuss.
Die gaffelkanoneerbooten sind alle etwas spaeter als 1780: das Typ war ueblich von 1800- 1860. Ist auch was im Zeichnungen steht: Inventarnummer 468- ohne Jahr, onhe Abmessung, nr 464: 18 El, 1855, nr 455: 1853, ohne Abmessungen, nr 446: 14,5 El, ohen Jahreszahl. Aber sicher nicht ein Fruehes modell: ich denk ach rund 1850.
Das mit die Abmessungen ist etwas problematisch: rund 1850 hat man nicht nur Daum und Fuss verwendet, aber auch 'Palm' und 'El'. Aber auch (nicht so oft): Meter und Decimeter. Aber da gab es unterschiedliche Umrechnungstabelle, pro Zeitraum und Stadt......
Hallo Jan, danke, dass Du mir wieder hilfst. Und das am heiligen Sonntag und in Coronazeiten. Das von Dir ausgesuchte Fahrzeug ist flacher und schlanker. Es wäre ein besserer Segler als Roberts Schiffe. Aber die Größe - und Du weißt, dass ich vom Maßstab 1 : 35 nicht weg will. Boot NR 428 wäre 37,40 cm lang und 14,30 cm breit. Dein Kust Bewaarder wäre 35,5 cm lang und 12,5 cm breit. Das ist nicht gut!!! Hast Du gesehen, wie dicht die Decksbalken im Bugbereich vom Kust Bewaarder verlegt sind? @amateur Hinter dem Mast ist ein erhöhter Aufbau. Die Ruderer mussten wahrscheinlich stehen. Gruß Jörg
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Alia iacta est - es wird angefangen. Ich werde das Coronajahr zu meinem Kanonenbootjahr machen. Es sollen wieder Fahrmodelle im Maßstab 1 : 35 werden. Die Aufgabe ist reizvoll, denn nach geographischen Bedingungen und Traditionen wurden ganz unterschiedliche Typen gebaut. So gab es Spitz-, Rund- oder Plattgatter, Fahrzeuge mit Lateinersegel oder Gaffelsegel. Auch mit kurzer, gebogener Gaffel und langem Hiß. Verschiedene Lösungen für die Führung der Vorsegel - wegen des Buggeschützes - wurden gefunden und können verglichen werden. Meist verwendete man Schlittenlafetten, es wurden aber auch Rolllafetten eingesetzt. Gewöhnlich verfügten diese Boote neben den Segeln auch über Riemen. So konnte man in Schussposition drehen oder sich aus der Gefahrenzone zurückziehen. Es werden Boote vom Ende des 18. Jahrhunderts bis 1840 - also vor dem Einsatz der Dampfkraft.
Den Reigen will ich mit einem niederländischen Kanonnerboot beginnen. Es hat große Ähnlichkeiten mit dem Poon. Die Heckspanten haben keinenPiek/S-Schlag. Das Schiff hat Seitenschwerter und ich kann meinen Lageregler auch für dieses Modell einsetzen. IMG_5233.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)IMG_5234.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) Ouelle: Das Buch mit der Überschrift "Poon": Die Tjalk, Horst Menzel, Kiel, 1985, S. 118 f. Gruß Jörg
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Ich weiss nicht ob die "no 2" in das Archiv aufegenommen ist: da sind ziemlich viele von diese Schifflein gebaut, und das Archiv ist nicht komplet. Ich komme auch nicht ganz mit dem Jahreszahlen aus: Van Speijk war im 1831. Die zeichnung Kanonneerboot Nieuw Groot model ist aber datiert 1855. Sind aber uber 100 von diese dingen gebaut ueber jahrzehnten.
Die alten Modellen haben noch ein bischen Wolbung in ds deck, die neue sind ganz flach. Schon sind sie allen nicht.
Danke, Jan! schön sind sie nicht und sie waren offenbar auch keine guten Segler. Der van Speyk hat sich offenbar nicht freisegeln können und ist im Sturm auf der Schelde gestrandet. Ich habe gelesen, dass diese kuffartigen Boote schlecht kreuzen konnten und in Gefahr waren, wenn sie auf Legerwall gerieten. Ich bin aber optimistisch. Der Bojer und die Heringsbüse haben ja auch diesen Rumpf und sind gute Segelmodelle. Vielleicht liegt es an dem Zusatzkiel, der das Fahrverhalten mitbestimmt.
Mich reizt es, so ein Fahrzeug zu bauen. Will auch keine größeren Modelle mehr machen, weil inzwischen der Platz im Haus fehlt.
Gruß Jörg
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