Mit dem Modell des französischen Kaperschiffes LA FILEUSE möchte ich zeigen, wie aus einem Plan ein kleines Schiffsmodell gebaut werden kann ohne dass es davon einen Baubogen geben muss.
Der Plan stammt aus dem herausragenden Bildwerk »Souvenir de Marine Conserves« welches Vize-Admiral François-Edmond Pâris (1806 – 93) als Leiter des staatlichen französischen Marinemuseums anlegte um verschiedene Schiffs- und Bootstypen zu dokumentieren und so der Nachwelt zu erhalten (das wisst Ihr schon alles...). Auf der Tafel No. 119 ist die FILEUSE (Deutsch: »die Spinnerin«) abgebildet. Das Schiff ist als »Pinque« (Barque) bezeichnet. Beim Betrachten der Zeichnungen riefen die großen Lateinersegel, die Linien des Rumpfes, das weit nach vorn hinausgezogene Galion, der nach vorn geneigte Fockmast mit Klüver und das eigenartige Rahsegel am Kreuzmast bei mir ein starkes Jucken in den Fingern hervor...
Viel konnte ich leider nicht zum Original und zum Typ der »Pinque« herausfinden: Mein Schiff wurde 1778 in Marseille als Handelsschiff gebaut. Das 24,30 m lange Fahrzeug war mit der Schebecke verwandt, der Rumpf jedoch viel massiver und voller als diese gebaut. Die arabischen Einflüsse sind jedenfalls nicht zu leugnen. In der Frühphase des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges wurde LA FILEUSE bewaffnet und in die Karibik geschickt um dort die britische Versorgung zu stören.
Diese Art von Schiff ist nicht sehr bekannt, wurde aber im 18. Jahrhundert im Mittelmeer intensiv genutzt. Der Typ ist nicht zu verwechseln mit der »Pinke« die im Ostseeraum einen Handelsschifftyp beschreibt.
Das Vollrumpfmodell ist im Maßstab 1:250 gebaut. Die Planvorlage habe ich entsprechend verkleinert.
Das Modell hat folgende Maße: Modellrumpflänge in der Wasserline 9,30 cm Gesamtlänge vom Klüverbaum zum Ausleger des Besansegels: 17,20 cm Gesamthöhe des Modells vom Kiel zur Rute des Großsegels: 12,20 cm.
Klabauter
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Alle Bauteile habe ich selbst gefertigt. Sie sind entweder aus dem Bauplan heraus entstanden oder im Computer gezeichnet.
Um ein Verziehen des Rumpfes zu verhindern habe ich ihn aus zwei Hälften gebaut. Das Spantengerippe ist mit Papier umwickelt und später mit Papierstreifen beplankt. Alle Bauteile sind mit Acryl- und Aquarellfarbe bemalt. Pastellkreide und Bleistift kamen auch zum Einsatz. Der Modellsockel besteht aus einem Pappunterbau der mit braunem Tonpapier überzogen ist. Einzig der untere Teil des Sockels ist mit Furnierstreifen umklebt. Der Schiffsname ist aus Papierbuchstaben aufgeklebt Die Geschützrohre sind kleine Papierröhrchen die auf Papplafetten ruhen, das Beiboot ist ebenfalls komplett aus Papier. Die Masten und Ruten bestehen aus Federstahldraht (zum Teil mit Papier umwickelt).
Das kleine Modell war 2018 mein Beitrag beim Wettbewerb »Die Goldene Schere« im Forum »Die Kartonmodellbauer«.
Klabauter
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Jawohl ja, das passt!!! Zunächst mal dem Klaus meine Hochachtung für dieses kleine Kunstwerk.
Über dieses Rahsegel am Besan bin ich in Slowenien gerade erst gestolpert. Es wirkt sehr eigentümlich.
Pinque. Dieses Modell im Schiffsmuseum in Piran wurde auch als Pinque bezeichnet. Leider so unklar.... Bild 2 zeigt dann eine amerik. Pinky/Pinke als Fahrmodell. Das Original hatte keinen ZK.
Gruß Jörg
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
Meinem Modell habe ich lediglich einen kleineren Maßstab und eine attraktivere, phantasievolle, Bemalung gegeben... Das Rahsegel am Besanmast ist kurios. Ebenso zu beachten ist der starke Versatz des besagten Mastes um der darunterliegenden Pinne den nötigen Ausschlag zu geben! Ferner interessant: Das Schiff konnte auch gerudert werden: Rojepforten und Riemen sind vorhanden.
Ich hatte es vergessen, vergesse so viel... Es ist wirklich ein ungewöhnliches Schiff. Würde sich auf dem Teich gut machen. Es gibt so viele Herausforderungen.
Gruß Jörg
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
Großartig! Ich bin absolut begeistert. Da kommen aus tiefsten Tiefen Erinnerungen an meine eigene Papierzeit vor langen Jahren wieder nach oben. Es ist absolut bewundernswert, wie du so kleinen Modellen so viel Atmosphäre und Aura einhauchst. Kann es sein, dass man diese seltsame Takelage besser versteht, wenn man weiß, dass die Schebecken in der Lage waren, am Fock- und am Großmast Rahsegel zu setzen? Im ersten Jack Aubrey Roman wird geschildert, wie so ein Schiff „umgebaut“ wird, wenn es sich anbietet, eine längere Strecke vor dem Wind zu segeln. Es gab ja auch die Variante mit einem Lateinersegel am Fockmast und Rahsegeln am Großmast. Schmidt
Mein Kompliment, Klaus! Ein hübsches kleines Wunderwerk! Du hast ein Bild eines feinen Segels eingestellt. Nachdem ich mich demnächst mit den Segeln meiner Creole auseinanderzusetzen habe, würde ich gerne wissen, welches Material Du verwendet hast.
walter
Die Youtube-Adressen meiner veröffentlichten Missetaten befinden sich jetzt in meinem Profil!
da ziehe ich gaaaanz tief meinen imaginären Hut vor dir!
Das in 1/250 zu bauen und in dieser Qualität! - Andere bauen fünfmal so groß und es sieht bei denen schlimmer aus!
LG, Herbert
PS: Ich frage hier mal stellvertretend für alle, die nicht in dem Forum sind: Und? Hast Du damit die "Goldene Schere" gewonnen?
It ain't a hobby, if you gotta hurry! -- Die Wahrheit triumphiert nicht. Ihre Gegner sterben aus. -- If you don't get older and wiser... then you just get older.
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Guten Morgen @walter : Die Segel habe ich mir im Computer gesetzt, gespiegelt, auf normales Papier ausgedruckt, bemalt (Weiß und Grau) und beidseitig zusammengeklebt. Die Reffbänsel sind kleine Schnipsel Serafilgarn.
Lieber Herbert @Sir T. Cochrane : Der zweite Platz ist meiner geworden! Ich freue mich sehr über die Anerkennung im Wettbewerb. Neben den »reinen« Kartonmodellen freut mich die Zustimmung zu miener kleinen, uniquen Eigenkonstruktion sehr!
Allen anderen Dank für Eurer Interesse an meiner kleinen »Spinnerin« (so die Übersetzung von LA FILEUSE)