auf deine Fragen kann ich im Augenblick nicht antworten. Bin mit dem WoMo in Norgwegen unterwegs. Die Heimfahrt dauert noch ein wenig. Holgers Ergänzung stellt sicher einen guten Ansatz dar.
Die im Text angesprochenen Zeichnungen müssen noch erstellt werden. Zu gegebener Zeit tauchen sie dann in diesem Beitrag auf.
Das Deck
Wenden wir uns nun dem einzigen Deck, dem Overloop zu. Die tragenden Elemente waren in diesem Fall die Decksbalken. Zu den Decksbalken gehörten aber auch die hängenden Knie und an jedem zweiten Decksbalken eine Stütze im Raum. Nach vernünftiger Anordnung derselben im Schiff wurden an der Außenseite auf den Decksbalken an jeder Seite zwei schwere Wassergänge gelegt. Sie hatten einen Querschnitt von 4 x 18 Daumen. Da ihre Höhe in der Regel wenigstens die doppelte Stärke der Decksbeplankung ausmachte, konnten sie an den Decksbalken um das Maß der Decksbeplankung ausgeklinkt werden. Will sagen, das die Wassergänge im Prinzip mit den Decksbalken verzahnt wurden. Der äußere Wassergang lag bündig an den Spanten. Der innere Wassergang wiederum lag an dem äußeren bündig an. Die Seite zur Decksbeplankung bekam eine Sponung. Sie, die Sponung, hatte zwei Aufgaben. Zum einen lagen hier die angrenzenden Decksplanken auf und hatten so eine saubere Auflage. Zum anderen wurden hier die quer liegenden Ribben aufgelegt. Die andere Seite der Ribben ruhten dann in der Sponung der Scheerstöcke. Das Detail dazu soll eine Zeichnung verdeutlichen. Die Querribben ruhten auf den Längsribben. Diese wurden wiederum in die Decksbalken eingelassen. An diesen beiden Wassergängen musste eine Planke mit einer stärke von 2 Daumen gelegt werden. Über ihre spezielle Funktion geben die Bestecke keine Auskunft. Im mittleren Bereich lagen dann zwei Scheerstöcke. Ihre Lage und vor allem die Abmessungen wurden in den Bestecken nicht vermerkt. Überhaupt kann man festhalten, dass die Bestecke noch recht dürftig ausgeführt waren. Um nun auf die Scheerstöcke zurück zu kommen, sei angemerkt, dass sie während der Rekonstruktion einen Abstand von ca. 7 Fuß (2110 mm) zueinander bekommen haben. Ihnen wurde ein Querschnitt von 4 x 16 Daumen (100 x 402 mm) gegeben. Die Scheerstöcke bekamen an jeder Seite eine Sponung in der Ausführung des Wassergangs. Auch die Scheerstöcke wurden über die Decksbalken gestülpt. Hierzu gab es wenigstens zwei Ausführungen. Die erste war so ausgeführt, dass die Unterkante des Scheerstocks so ausgeklinkt wurde, dass dieser zur Hälfte darüber gelegt werden konnte. Bei einer zweiten Variante wurde auch noch der Decksbalken bearbeitet. Diese Verbindung war dann noch um einiges besser. Auch hier sei auf die Zeichnung verwiesen. Der gesamte Bereich des Decks wurde dann in Felder aufgeteilt. Außen die Wassergänge, innen die Scheerstöcke. Die Lage der Decksbalken gab dann die Feldgrößen vor. Alle Felder wurden nun mit Ribben in Quer- und Längsrichtung versehen. Die Deckszeichnung vermittelt einen guten Eindruck von der Anordnung und Anzahl der Ribben. Der Bereich zwischen Wassergang und Scheerstöcke wurde mit guten Planken ausgelegt. Im Fall der Vlieboote wurde die Höhe der Planken während der Rekonstruktion mit 2 Daumen festgelegt. Das Besteck gab hierzu keine Informationen preis. Die Breite der Planken wird man damals materialgerecht ausgeführt haben, denn auch hier muss festgehalten werden, dass man die Planken so genommen hat, wie sie da waren. Das konnte höchst unterschiedlich ausfallen. Der mittlere Bereich des Decks war für allerlei Ausrüstung vorgesehen. Im vorderen Bereich stand die große Beting. Zwischen Beting und Vorsteven stand der Fockmast, der mit einer Mastfischung versehen war. Zwischen dem Großmast und der Beting waren die Luken angeordnet. Ihre Ausführung wird uns später sicher noch beschäftigen. Im Augenblick stellen sie nur einen Platzhalter dar. Der Großmast wurde auch mit einer Fischung versehen, denn ihre Aufgabe war es ja, eine sichere Lagerung zu ermöglichen. Ferner konnte man die beiden Hälften der Fischung herausnehmen. Ob es im Bereich des Großmastes Lenzpumpen gab, ist nicht überliefert. Hinter dem Großmast stand dann das Gangspill auf dem Deck. Im Besteck sprach man von einem capstant. Das untere Ende lagerte auf dem Kielschwein. Im Deck selbst wird es eine Fischung gegeben haben, die man nicht teilen konnte. Hier war das Spill drehbar gelagert. Auch zu diesen Details werden wir später sicher noch die eine oder andere Information oder Zeichnung bekommen. Im hinteren Bereich des Vliebootes haben wir aber noch die Kajüte. Sie unterbrach das Deck, denn das Kajütdeck lag nicht in Flucht des Overloops. Dieses Deck lag also um einiges höher und hatte eine größere Bucht in Querrichtung. Die Kajüte wird uns später noch beschäftigen, denn augenblicklich soll nur die grobe Struktur des Rumpfes festgelegt werden. Betrachten wir die einzelnen Komponenten des Decks als Ganzes, wird schnell deutlich, dass wir ein in sich greifendes Gebilde vor Augen haben. Das Deck hält unter anderem den oberen Bereich des Bootes zusammen und stützt es auch nach außen ab. Der von außen wirkende Wasserdruck kann das Boot nicht eindrücken oder verformen. Verschiebungen in Längs- und Querrichtung hielten sich bei dieser Ausführung in engen Grenzen.
Es verwundert ein wenig, dass man schon um 1592 die Decks so ausführte, wie es im 17. Jahrhundert allgemein üblich war. Die Ausführungen mit den Ribben beispielsweise deuten darauf hin, dass die Vlieboote für das eine oder andere Geschütz ausgelegt waren. Die Entwicklung gerade im Geschützwesen war schon weit fortgeschritten. Wie auch diese Details aussahen, ist nicht überliefert. Es wird im Zuge dieser Rekonstruktion der Versuch unternommen, auch hierzu Antworten zu finden. Ob das möglich wird, kann aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gesagt werden.
In dem einen oder anderen Besteck wurde vermerkt, das die Breite des Flachs mit 19 Fuß, die Höhe mit 2 Fuß ausgeführt werden sollte. Daran habe ich mich gehalten. Nun muss man aber auch die Frage aufwerfen, wo denn nun ein Flach zu Ende war. Der Übergang vom geraden Teil in den Kimmradius war ja fließend. Schon C. van Yk stellte diese Frage sehr kritisch und war eigentlich über diese Formulierung unglücklich.
Rumpf-02.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) Eine Ansicht von hinten. Hier kann auch der Verlauf des Bodens eingeschätzt werden.
Um auch noch einmal auf das Heck zurück zu kommen, muss auch auf die Hintergründe dieses ersten Flottenbauprogramms eingegangen werden.
J.P. Sigmond hat 2013 in seinem sehr interessanten Buch "zeemacht in Holland en Zeeland in de zestiende eeuw" diesen Zeitraum sehr gründlich beleuchtet. Es war wohl so, dass Prins Maurits sich die richtigen Fachleute an die Seite gehohlt hatte. Jan Pietersz. Liorne war wohl maßgeblich an der Entwicklung des Flottenbaus beteiligt. Ihm wird allgemein ein sehr hohes und inovatives Fachwissen nachgesagt. Die Zeeländer bauten aber diese Vlieboote schon seit Jahrzehnten erfolgreich. Das war auch dem Prins Maurits bekannt. Also forderte man die Zeeländer auf, die Bestecke der sehr guten Vlieboote für die Entwicklung der Flotte zur Verfügung zu stellen. Liorne wird darauf geachtet haben, dass die Vlieboote zum einen einheitlich gebaut wurden. Zum anderen standen auch damals die Kosten immer auf dem Prüfstand. Heute würden wir eventuell schon den Begriff der Serienfertigung in den Mund nehmen. Damals war dieser Begriff aber noch nicht geläufig. Außerdem darf man nicht vergessen, dass diese Vlieboote sehr verbreitet waren. In der Fachliteratur ist die Rede von einigen Tausend. Diese Informationen brachten mich auf den Gedanken, das Heck so zu konzipieren, dass mit wenig Aufwand ein rundes Heck gebaut werden konnte. Der besagte, aber leider noch nicht eingeordnete Heckbalken, konnte also schnell eingebaut werden. Wie dann das Heck als Ganzes ausgesehen hat, wird sich im Verlauf der Rekonstruktion ergeben. Ich habe vor, beide Varianten zu konstruieren.