Mit den besten Wünschen zum Neuen Jahr an Alle möchte ich hier mein jüngstes Baby vorstellen dürfen! Nachdem ich die HMS Beagle gebaut habe, erhob sich wie immer die Kardinalfrage: Was könnte das Nächste sein? Interessant soll es sein, in übersichtlichem Zeitrahmen entstehen können, die Fähig- und Fertigkeiten nicht überfordern, wobei schon auch immer etwas Neues, noch nie Gebautes, ausprobiert werden darf. Mein angeborener Hang zum "Theatralischen" soll aber auch nicht zu kurz kommen, das heißt, es muß auch die szenische Fotografie Platz finden, also der Spieltrieb befriedigt werden....... Nachdem ich den Schiffsbau des 16. und 17 Jahrhunderts bis jetzt vernachlässigt habe, war das schon einmal ein Leitgedanke, aber wie ließe es sich mit dem "Theatralischen" verbinden? Da fällt einem doch gewiss zuerst die Legende vom Fliegenden Holländer ein, aus der Richard Wagner eine seiner erfolgreichsten Opern geformt hat, wobei seine Eindrücke auf einer etwas stürmischen Seereise an Schwedens Küste die Grundlage gewesen sein sollen. Diese Erzählung vom zum ewigen Leben verdammten Kapitän, seinem Schiff und seiner Mannschaft findet man rund um den Erdball. Nach Ablauf einer festgelegten Zeitspanne, die in den Erzählungen unterschiedlich angegeben wird, dürfe er allerdings sein Glück bei einem Landgang suchen. Sollte er dort auf "die wahre, selbstlose Liebe" stoßen, wäre er von seinem Fluch befreit...... Philosophen mögen darin vielleicht eine Metapher für das männliche Schicksal ganz allgemein sehen, was ich nicht für ganz abwegig halte, ich werde mich jedoch mit der bildlichen Darstellung der Geschichte begnügen.... Das Schiff müßte also aus dem 17. Jahrhundert stammen und irgendwie "holländisch" sein, was die Vorlagenauswahl schon einschränkt. Es soll aber auch kein komplexer Dreidecker sein ( schon um den Zeitrahmen für den Bau nicht zu sprengen), sondern eher ein kleineres Handelsfahrzeug. So fiel meine Wahl auf das Pinassschiff, historisch ein in den Niederlanden entwickelter Nachfolger der Fleute, wo aber beide Typen lange nebeneinander existiert haben. Wenn ich es richtig sehe, so besteht der Unterschied hauptsächlich im Plattheck gegenüber dem Rundheck der Fleute, aber erfreulicherweise lässt die "sagenhafte" gedankliche Grundlage sowieso Spielraum für eigene Gestaltungsdetails. Wer kann denn schon sagen, wie der Pott des Holländers wirklich ausgesehen hat? Auch existieren außer vielen bildlichen Darstellungen aus der Zeit nur wenige vertrauenswürdige Unterlagen. Schiffsbau war damals eine Sache von Erfahrung und Augenmaß, Überlieferung, Bauroutine, moderater Anpassung an die Vorstellungen der Geldgeber und nicht zuletzt vieler vom Vater auf den Sohn gekommener Baugeheimnisse. Systematische Dokumentation wurde erst später gepflegt. Die letzten Sichtungen des Holländers wurden laut www aus den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts gemeldet, ich glaube, von der Südspitze Südamerikas..... Nach sorgfältiger Auswahl ergab sich als passendes Vorbild die KALMAR NYCKEL von 1625, beziehungsweise ihr 1995 fertiggestellter Nachbau. Mein Holländer muß aber im Unterschied zur Kalmar Nyckel eine schwarzgrau- wettergegerbte Schiffsruine sein, wobei es eine Herausforderung sein wird, nicht "schön" zu bauen, sondern vernachlässigt und verkommen, so wie man sich eben einen Segler vorzustellen hat, der nicht gepflegt werden muß, weil er sowieso nicht untergehen kann, möge der Sturm auch noch so heftig an den Segeln zerren...
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na das ist ja mal eine interessante Überlegung: ich will jetzt was olles bauen! Das erinnert mich so an die Czardas-Fürstin (zu der Du als Ösi ja eine innere Beziehung haben wirst). Wenn Du Dir zu dieser Dame Filme oder Theater-Aufführungen ansiehst, glaubst Du, daß diese Personengruppe (ich glaube, Zigeuner darf man in Deutschland nicht mehr sagen, wobei das Quatsch ist) bunt, sauber und lustig ist und das schlodderig schlampige extra so gemacht ist und nur zur Schau getragen wird. Da bin ich mal gespannt, wie Du das umsetzt. Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Spaß und Erfolg und hoffe nur, daß Du mit dem Bau keine Geister beschwörst!
Guten Morgen, Klaus und alle Mitleser! Dreimal schwarzer Kater, also- Geister heraufbeschwören liegt mir fern! Dem Klabauter will ich weder in meiner Badewanne noch sonst wo begegnen...... Die Czardas- Fürstin kam mir zwar bis jetzt nicht in den Sinn, ist mir zu binnenseitig, aber ich glaube, ich verstehe, was Du meinst. Ich sehe aus einem bestimmten Grund diesen Bau als Herausforderung. In irgend einem Thema erschien vor kurzem eine Meinung, die mich länger beschäftigt hat, weiß aber nicht mehr, von wem: "...man sollte versuchen, die Charakteristika eines Schiffstyps herauszuarbeiten". Ich habe keinen Bauplan, allerdings alle Bilder und Skizzen im internet mehrfach studiert. Die nervigen Umrechnungsarbeiten an der Beagle haben mir da bestimmt geholfen, jedenfalls arbeite ich so ziemlich ins Blaue hinein. Mit Glück kommen dann vielleicht die "Charakteristika" zustande, aber da bin ich mir noch gar nicht so sicher. Man kennt doch dieses Bauchgefühl, wenn man ein Modell betrachtet: Stimmige Linien- oder nichtstimmige Linien? Für viele Forumsteilnehmer ist die Vorstellung, ohne Plangrundlagen an so etwas heranzugehen, sicher der Auslöser von Magenkrämpfen, aber ich will herausfinden, ob ich - nach doch einigen gemachten Erfahrungen- genügend Augenmaß habe für solch ein Unterfangen. Bis jetzt, meine ich, ist es "stimmig", aber da kann noch viel passieren. Die Holländerlegende dient da eigentlich nur als Vehikel, um am Ende einige spektakuläre Bilder machen zu können, im Grunde ist die Herausforderung aber eine andere. Früher haben Leute auch Schiffsmodelle gebaut. Sie nahmen einen Holzklotz und ein Messer, und los ging's. Dabei entstand nicht immer "Stimmiges", aber wenn der Schnitzer ein gutes Auge hatte, dann wurde etwas Richtiges daraus, davon zeugen schon auch einige Beispiel. Ich befürchte, meine etwas märchenhafte Ausgangsposition hat so manchen hier ratlos hinterlassen, das würde ich aber bedauern und hoffe auf Verständnis! Herzliche Grüße walter
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Hall Jan! Da habe ich nur versucht, der Kalmar Nyckel von 1995 zu folgen. Von dem Original konnte ich keine Maßangaben finden, habe leider auch kaum Literatur über holländische Eigenheiten, das ist eine Zeit, der ich immer ausgewichen bin. Den Maßen des Nachbaus folgend ist der Maßstab 1:150. Ad Czardas: Die entstand wohl, in den Zwanzigerjahren, da war eher Art Deko angesagt anstelle Barock, aber der Holländer in Art Deko, ich weiß nicht.....
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Der fliegende Holländer, eine wunderbare Idee. Ich habe mal außerhalb von Wagner..(lch mag seine Musik) eine Interessante Geschichte um den Ursprung gelesen. Irgend einen Hintergrund haben Legende ja immer.
Dabei handelte es sich um einen Holländer während der Befreiungskriege von den Spaniern, welcher die Meeresströmungen und die verschiedene Windrichtungen nutzte. Vor allem im südlichen Meer.So konnte es passieren, dass er mit guter Fahrt an einem dümbelnden Segler vorbei fuhr, oder sogar in entgegengesetzter Richtung segelte.
Das war natürlich Zauberer, und es konnte nur ein Geisterschiff sein.
Viele Grüße Der Jan
Uwe vom Dunkelwald (lat.: Miriquidi)
Mitglied des Phantomprojektes Recherche: Fleute Zeehaen Kiellegung: Golden Hinde Fertiggestellt: Die Kolumbusflotte
Ich stelle mir gerade den Walter vor: im Hintergrund dröhnt Wagner, er sitzt mit einem Beil vor einem Holzklotz, denkt über Kunst im Schiffbau nach und hat einen Plan im Kopf...
Walter, ich halte das für sehr anspruchsvoll, was Du da vorhast. Andererseits gibt es Dir natürlich auch gewisse Freiheiten in der Gestaltung. Ich werde jedenfalls interessiert dabeibleiben.
Guten Abend, Klaus! Im Hintergrund dröhnt kein Wagner, obwohl ich den Holländer schon einlegen könnte, aber ich hab ihn sowieso im Kopf, habe mich 35 Jahre mit Opernmusik beschäftigt, da bleibt genug hängen. Ein Beil und ein Holzklotz-, ja, aber das liegt ja schon hinter mir, und ein Beil war es nicht, sondern ein wunderbares Taschenmesser meines Vaters, mit dem er schon gearbeitet hat, Solinger Stahl. Nachdenken über Kunst im Schiffbau? Ich sehe da keine Kunst, sondern nur rationales Vorgehen. Die Schnitzorgien gab es, aber seltsamerweise interessieren sie mich nicht. Alle diese Schmuckdetails sind nur Randerscheinungen, eigentlich unwichtig für die Existenz und Funktionalität eines Schiffes. Ein Plan im Kopf? Naja, ein vages Bild ist schon da, die Kalmar Nyckel, die mir ansonsten überhaupt nicht gefällt, ist ein Leitfaden, so ganz ohne Vorbild ginge es doch nicht. Sie passt in die Zeit. Sehr anspruchsvoll? Da finde ich ehrlich gesagt die ganzen Phantom- Postings und die damit verbundene Arbeit, die ich übrigens mit großer Aufmerksamkeit verfolge, viel anspruchsvoller. Dieses Phantomprojekt stellt viel höhere Anforderungen, ich wäre dem auch nicht gewachsen, ich brauche meinen Rhythmus. Gestaltungsfreiheit? Ja, die gibt es, aber es ist eine Gratwanderung, dabei auch den historischen Gegebenheiten gerecht zu werden. Man verirrt sich schnell.....
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So,laß ich mir den Hollländer wohl gefallen. Nicht so, wie ich ihn vor nicht allzu langer Zeit mal als schlaffen Börsentyp am Schreibtisch eine Modellbark ansingend auf der Bühne aushalten mußte.
Ich bleib dran!
LG Angarvater
To the optimist the glas is half full. To the pessimist the Glas is half empty. To the ingenieur it is twice. As big as it needs to be.
Auf der Helling „Witsen“, holländisches Pinassschiff,1671. Nach Plänen von Ab Hoving
Guten Abend, Hartmut! Ich glaube, ich habe diese Inszenierung gesehen, meine, mich zu erinnern, jedenfalls keine schöne Erinnerung. Leider hat im Moment niemand den Mut, auf der Bühne einer Geschichte Wort für Wort zu folgen, es muß immer was Neues, Fremdes, hineingetan werden, deshalb habe ich mich aus dem Opernalltag fast völlig zurückgezogen. Das Pendel wird auch wieder in die andere Richtung ausschlagen, vielleicht erlebe ich das noch. Halt mir die Daumen, daß mein Holländer so aussieht, wie ihn Richard Wagner noch gesehen hat!
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Walter, was Du da zum Opernalltag sagst, kann ich gut nachvollziehen. Ich hatte mal Abos hier im Opernhaus, viele Jahre lang. Einmal für die monatlichen Symphoniekonzerte, dann ein Premierenabo. Beide habe ich vor einigen Jahren gekündigt. Bei den Symphoniekonzerten war man plötzlich der Meinung, immer etwas Modernes reinbringen zu müssen. Also hörte ich jeden Monat Saxophon und Schlagzeug und sowas. Das mag ja angehen, aber wenn ich in ein Symphoniekonzert gehe, will ich auch symphonische Musik hören. Dann gab es eine "moderne" Inszenierung von Peer Gynt. Die Schauspieler rannten mit riesengroßen Penissen aus Pappmachee über die Bühne und brüllten immer "ficken, ficken". Ich bin gegangen und war seitdem nicht wieder da.
Das alles gehört zwar nicht unbedingt in Deinen Baubericht, aber mit Deinem Beitrag hast Du mir wirklich aus dem Herzen gesprochen.
Nochmals viel Erfolg, ich werde treuer Zuschauer bleiben.