Anfang April, also gleich im Anschluss an den GOLDENEN DRACHEN, ging's ans nächste Projekt: Der (ja, es gibt tatsächlich männliche Schiffe, wenn auch nur ganz wenige) legendäre "Seeadler" von Felix Nikolaus Alexander Georg Graf von Luckner, unseres letzten Kaisers (deshalb auch SMS = Seiner Majestät Segelschiff) Freibeuter. 1878 als "Pass of Balmaha" vom Stapel gelaufen, 1916 vom einem deutschen U-Boot aufgebracht und in Bremerhaven zum Hilfskreuzer umgebaut, war er übrigens das letzte besegelte Kriegsschiff der Geschichte. Durchbrach im Ersten Weltkrieg als norwegischer Holzfrachter getarnt die britische Seeblockade und versenkte dann 14 feindliche Schiffe, wobei allerdings die Mannschaften stets gerettet und wie die eigenen Leute behandelt wurden. Daher genoss Luckner auch bei den Gegnern einen ausgezeichneten Ruf. Jetzt kam der Kahn also in meine bisher kleinste (und zum Großteil auch selbst an einem Abend vom Schwarzwälder Whiskey geleerte;) 0,5-Liter-Flasche im Maßstab 1:750.
S1.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Die langwierigste - und nervigste - Arbeit, nämlich das Auftakeln der endlos vielen Webleinen zwischen den Wanten aus Menschenhaar - war Anfang Mai dann geschafft:
Die Feiertage bin ich dann auch noch ein gutes Stück weiter gekommen: Nachdem, wie gesagt, die leidige und wirklich nur in Millimeter-Schritten vorangehende Arbeit des Auftakelns der Wanten mit den Webleinen vollbracht war, ging's an den Rest des Stehenden Gutes (aus chinesischem Haar) wie Pardunen und Stagen. Letztes wurde dann allerdings im Falle des Vortopps bei dem dreifach geteilten Rumpf nicht mehr durch das separate Deck (auf dem sich die drei Masten anfangs noch mit Gelenken befanden, die ich später dann allerdings wieder steif gesetzt habe, da sie zu schnell ausgeleiert sind), sondern durch den an der Schiffshaut befestigten Bugspriet laufen, ebenso wie die Pardunen des Kreuztopps. Danach kam dann noch das Laufende Gut dran sowie, als letzter Schliff, die Bemalung.
Ende Juni war dann Endspurt angesagt: Das Schiff war nach etlichen Malen Reparieren (Menschenhaar ist leider nicht sehr reißfest...) aufgetaktelt und angemalt. Ich hoffte nur "Möge die Übung gelingen!", denn in der Flasche konnte ich dann schwerlich ein abermals gerissenes Haar austauschen...
Beim Einbuddel ging zunächst noch alles soweit gut: Alle Maße richtig berechnet, auch das Einrasten des Decks in den Schiffsrumpf sowie das Aufrichten klappten ganz gut. Doch dann hielt der Bugspriet nicht der geballten Kraft der Sagen stand und brach! Nun, ich konnte das Schiff noch soweit wieder aus der Flasche ziehen und ihn reparieren (habe ihn mit einer Stecknadel angebracht, eine Vorgehensweise, die ich nun dauerhaft vorhabe, eben weil der Bugspriet der am meisten beanspruchte Stelle am gesamten Schiff ist) Doch als dann auch noch einige Haare sich verabschiedeten (die Fachliteratur warnt auch aus eben jene Grunde vor diesem Material) war Holland in Not! Das konnte ich nun beim besten Willen nicht mehr alles wieder hinbiegen. Nicht desto trotz stand der Kahn, wenn auch ein wenig lädiert. Aber nun gut, das Original sah am letzten Tage vor Mopelia sicherlich auch nicht besser aus... Außerdem waren die Niederschläge der Dämpfe des Sekundenklebers (auch davor warnt die Fachliteratur...) an den Innenseiten des Glases nicht so einfach wieder zu beseitigen. Aber ganz ohne sollte es auch in Zukunft nicht gehen, einfach weil man bei dem langsam trocknenden Leim sonst echt Geduld braucht. Auf den (immer noch abnehmbaren Korken) habe ich dann übrigens noch ein Konterfei meiner selbst mit Seemannsbart, Schiffermütze und vor der Hohenzollernbrück in Köln platziert, schließlich war der SEEADLER zuletzt ein preußisches Schiff;)
Sehe den Beitrag jetzt erst und hoffe, dass das Schiff trotz der erwähnten Missgeschicke was geworden ist, wäre sonst ja auch schade drum!
Das mit der quadratischen Flasche auf der Kante finde ich ja mal eine echt klasse Idee. - - Habe ich 1999 bei meiner verschenkten Gorch Fock II auch so praktiziert...
ZitatDer (ja, es gibt tatsächlich männliche Schiffe, wenn auch nur ganz wenige) legendäre "Seeadler"
Da muss ich widersprechen. Es muss m. M. n. "die" Seeadler heißen, sagt auch Wikipedia (was allerdings nur Indiz, nicht Beweis ist). Es heißt ja auch "die" Alexander von Humboldt. Der Gegenstand des Namens dürfte keinen Einfluss auf das "Geschlecht" des Schiffes haben. Noch dazu sind ja Bezeichnungen von Tierarten Substantive, von denen jedes sein grammatikalisches Geschlecht hat, die aber selber geschlechtslos sind. Zumal die allermeisten Tiere (und auch Pflanzen) wie auch der Seeadler ja zweigeschlechtlich sind. Das nur als Gedanke.
doch, bis auf die vergeigten stagen ist der seeadler schon was geworden. was den artikel angeht (du siehst es schon an dem vorangegangenen satz;): ich bleibe dabei: es heißt der, nicht die seeadler! wikipedia ist in der tat keine referenz. und ich als germanist (klugscheißmodus ein;) bin dem thema wirklich nachgegangen! als beweis ein scan eines origal-plans (siehe dort die letzte zeile). dort steht eindeutig das geschlecht zu erkennen! mag ja sein, dass heutzutage alle alle schiffe zu weiblichen wesen machen - die geschichte tat dies nicht! und als historiker (der ich auch bin, klugscheißmodus aus;) bin ich der verpflichtet, nicht meinen sprachverlorenen zeitgenossen...
Ah, interessant! Klar, ich war davon ausgegangen, dass Schiffe generell als weiblich angesehen werden, aus Tradition. Die Frage ist allerdings, wie offiziell die Bezeichnung ist, ob das also irgendwie festgeschrieben ist, ob es weiblich oder männlich (oder sächlich) ist oder ob das manchmal einfach nach Gutdünken in Anlehnung an den Gegenstand des Schiffsnamens praktiziert wurde. Oder ob es vielleicht praktische Überlegungen geben kann, wie ein Schiff besser zu benennen ist. Mal angenommen, ein Forscherschiff hieße "Ur-Instinkt". Obwohl das grammatikalisch eindeutig Maskulinum ist, wäre es wohl besser, dieses Schiff als weiblich anzusehen, vor allem im Gesprochenen... Oder man nennt einen armseligen Flusskahn mangels Phantasie einfach "Binnenschiff". Der allgemein verbreitete weibliche Artikel wäre hier wohl fehl am Platze, wenn die Mannschaft nicht gerade aus Kleptomaninnen besteht... Wie auch immer, wenn man über das "eingetragene" (in den Statuten, nicht am Bug) Geschlecht nicht bescheid weiß, ist man also auf Gefühl und / oder Tradition angewiesen. Ist dann so wie bei manchen Staaten: Die Schweiz, aber der Sudan etc. Nun, auch unter Seeadlern gibt's Hähne und Hennen, das kann ich so ohne weiteres nicht bestimmen. Bestimmen kann ich aber das Geschlecht meiner Stechmücken hier bei mir. Die nehmen immer nur ohne bitte und danke, das müssen Weibchen sein...
wo wir gerade im beitrag Wie kommt das Schiff in die Flasche... beim thema "heranführen des nachwuchses an dieses wunderschöne steckenpferd" waren: ich tue mein bestes, damit zumindest meiner das interesse förmlich mit der muttermilch einsaugt;) und damit er auch gleich mit den herausragenden helden unserer seefahrtsgeschichte vertraut gemacht wird hat der gute alte luckner (schließlich hat filius auch gerade den seeadler auf dem schoß) auch mal gleich ein auge auf die ganze sache geworfen!
danke für das kompliment zum phänotypen unseres stammhalters. nee, zum modellbau komme ich im moment auch nicht mehr, nur fotos von meinem buddelschiffen mit baby kann ich zwischenzeitlich noch einschieben!