Zitat von Klaus aus LG im Beitrag #8Es sind neue Fragen aufgetaucht ????
Bei der Restaurierung der Originalpläne von 1804 hat mich die Darstellung im Bugbereich mit der Kanone zunächst einmal total verwirrt. Dann kam uns die Erkenntnis, daß der obere Bugbereich beim Schießen höchstwahrscheinlich nach oben gezogen wurde. Die beiliegenden Bilder lassen den Schluß zu. Ich habe allerdings noch nie von solch einer Technik gehört.
Kann mir Jemand da weiterhelfen? Gibt es Quellen und Hinweise für solch eine Technik. Wenn das nachvollziehbar ist, würden wir natürlich diesen Mechanismus gerne am Modell funktionsfähig nachbauen.
Liebe Grüße Klaus
Hallo wefalck,
es geht m.E. um die verschließbare Einkerbung im Bugbereich, siehe Ansicht von vorne. So wie ich die Zeichnung interpretiere. wird das Bugvisier (diesen Begriff habe ich von den modernen Fähren entliehen) von innen durch das Knie (auf der Mittellinie) und die beiden eisernen Stangen gehalten, außerhalb wird das Bugvisier durch den Verschlusshaken am Steven in Position gehalten. Ich glaube nicht dass das Visier klappbar ist, sondern komplett herausgehoben wird.
Ich würde auch davon ausgehen, daß die Schanz samt Stevenoberteil bei 'klar zum Gefecht' herausgehoben wurde. Bei anderen Versionen wurde dieses strukturelle Problem umgangen, indem das Geschütz im Heck aufgestellt wurde. Im Einsatz wendeten die Boote vor dem Ziel und während bei der Wende das Ziel durch die Visierlinie wanderte wurde gefeuert. Die gleiche Taktik wurde übrigens noch weit bis ins 20. Jh. beim Schießen mit ungelenkten Torpedos angewandt.
Ich weiß nicht, ob es Einsatzberichte vom Beginn des 19. Jh. gibt, aber aus den drei Kriegen mit Dänemark, 1848, 1852 und 1864 gibt es Berichte über die Verwendung solcher Kanonenboote. Im Prinzip wurden die Boote nur für 'Tagesausflüge' verwendet. Die Besatzung kampierte und aß an Land. Die Besegelung diente nur zum Marsch und wurde, wenn möglich, vor dem Gefecht von Bord gegeben.
an der Zeichnung kann nicht spekuliert werden. Mir liegt der Originalplan der schwedischen Kanonier- schaluppen von 1804 aus dem Schwedischen Marine- Archiv vor (natürlich Kopien davon). Von den insgesamt über 1000 Booten, die nach diesen Plan gebaut wurden, wurden sechs vom schwedischen Marineleutnant Diedrich Johann Longe 1816 nach Stralsund überführt und dort übergeben.
Meine Ausschnittzeichnungen entsprechen exakt dem Originalplan. Über die Armierung der Boote gibt es klare Informationen. Sie waren mit zwei 24 Pfünder Kanonen ausgerüstet, die während der Fahrt auf Schienen zur Bootsmitte gezogen wurden. Zum Kampf wurden sie zum Bug und Heck transportiert. Dies wird im Originalplan eindeutig dargestellt.Weiter befanden sich vorn und achtern je zwei 3pfündige Drehbrassen.
Das Heck war deutlich für die hintere Kanone ausgeschnitten. Auch in der Bugansicht - von vorn sieht man einen Ausschnitt, wo allerdings der obere Bugteil weggelassen wurde. Links daneben in der Bug-Seitenansicht ist aber der volle geschlossene Bug und die Geschützstellung dabei sehr genau zu erkennen. Vergleicht man nun die beiden genannten Teilansichten vom Bug, so läßt das den möglichen Schluß zu, daß der obere Teil vom Bug nach oben gezogen wurde, um so das Schußfeld für die Kanone freizugeben.
Darauf deutet zum einen der Sicherungshaken rechts außen an der Seitenansicht hin, der den beweglichen Bugteil im geschlossenen Zustand sichert. Zum anderen zeigt die Draufsicht zwei Seilzüge oder Stangen, die nur dazu dienen können, den oberen Bugteil hochzuziehen.
Und das ist das Problem bei mir. An den Zeichnungen gibt es nichts zu deuteln, es sind keine recherchierten Zeichnungen, sondern der Original Bauplan. Ich möchte gerne wissen, wie war dieser Mechanismus im Detail aufgebaut. Bei der späteren Modell-Rekonstruktion würde ich das gerne nachbauen. Ich habe aber noch nie etwas von solch einen Klappmechanismus gehört.
Aber man soll die Hoffnung nicht aufgeben, vielleicht findet sich ja hier doch Jemand, der Informationen darüber hat.
Eine weitere Informationslücke ist die Besegelung. Bisher habe ich keinerlei konkrete Quellenangaben über die wirkliche Besegelung d i e s e s - und nicht i r g e n d e i n e s Kanonenbootes bekommen können. Vielleicht ist hier Jemand aus Schweden im Forum oder hat direkte Verbindungen nach Schweden. Es muß doch darüber noch Informationen geben, wie diese Boote besegelt waren. Bevor ich auf eine Vergleichsquelle zurückgreife, möchte ich versuchen, die Original-Besegelung herauszufinden.
Ich halte es sogar für möglich, daß es in Schweden noch eine Original- Schaluppe von über 1000 gibt.
Wir werden also weiter recherchieren - aber wie schon erwähnt, über den Originalplan und die Geschützanordnung kann man nicht diskutieren. Nur dieses Bugproblem geht aus den Plan leider nicht eindeutig hervor.
Liebe Grüße Klaus
P.S.: Nachtrag : ich lese erst jetzt die Interpretation von Joerg. Das könnte natürlich auch eine mögliche Auslegung sein, daß der obere Teil des Stevens ganz heraus genommen wurde.
"Eigentlich bin ich ja ganz anders, aber ich habe zu selten Gelegenheit dazu "
"Fang' nie an aufzuhören, und höre nie auf anzufangen" (Joachim Fuchsberger)
nach meinem Dafürhalten wird man den vorderen Bereich samt Steven nur dann entfernt haben, wenn es nötig war. Man stelle sich vor, wieviel Wasser würde in das Boot laufen, wenn der Stevenbereich während der Fahrt nicht an seinem Platz war. Dieses Teil wurde ja auch mit einem Tau an einem Haken (unterer Vorsteven) gesichert.
Hier habe ich ein Bild von meinem Besuch im Sjöhistorika Museet in Stockholm.
Leider weiß ich nicht, um was für ein Schiff es sich handelt. Es sollte aber ein Chapman Entwurf sein, wenn ich mich nicht irre...
Grüße, Alexander
Foxtrott
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Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
Klaus, leider fehlt auf der Kopie des Originalplanes (aus AUERBACH ?), denn Du am Anfang eingestellt hast der entscheidende Teil des Planes, der Bugbereich bzw. die Draufsicht.
Nach deiner Umzeichnung würde ich die schrägen Teile für Stangen mit Haken halten, mit denen das herausnehmbare Bugesegment gesichert wurde. Wie ich schon in meinem vorigen Beitrag sagte, würde ich annehmen, daß dieses Teil, wie auch die Besegelung, im Ernstfall von Bord gegeben wurde. Solche herausnehmbaren Bugsegmente tauchen auch noch bei den späteren (1848) Kanonenbooten auf.
Der Haken am Vorsteven dürfte im Zweifel der Ansatzpunkt des fliegenden Vorstages sein. Dieser mußte sich natürlich unterhalb des herausnehmbaren Teiles befinden.
Wegen dem Bugvisier, ich bleibe mal bei meiner Bezeichnung. Aufgeklappt würde so ein Teil, einerseits die Sicht nach vorne behindern, andererseits wohl, über die beiden von Dir erwähnten Stangen, auch recht instabil dastehen. Eine Abstützung nach vorne und hinten scheint mir wegen des Geschützes nicht möglich.
Die englischen Kanonenboote der Hamilton Klasse, ab 1808 gebaut, wurden übrigens mit nach vorne abfallenden Bug gebaut. Also recht ungeschützt. http://collections.rmg.co.uk/collections/objects/66308.html Von einem dieser Boote ( Priis No. 1 ), welches die Dänen erbeutet haben, gibt es auf Orlogsbasen einen Plan von 1811 (mit vermutlich) nachgerüsteter Bugverschanzung.
Dein Argument mit der Sichtbehinderung leuchtet mir ein. Auch das mit der Stabilität eines hochgeklappten Bugvisiers überzeugt mich. ( der Gedanke war wohl eine Assoziation zum Visier der "Alten Rittersleut' ") Aber welche Funktion hatten diese beiden Stangen und der Haken am Vorsteven? Die waren nun einmal da und müssen eine Funktion gehabt haben. Und das will ich wissen.
Ich kann und will für das schwedische Kanonenboot keine Anpassung der Konstruktion von ähnlichen, vergleichbaren Booten vornehmen. Der Aufbau des Bootes ist durch den Originalplan eindeutig festgelegt und wird nicht verändert.
Ich muß herausfinden, wo genau sich das "Bugvisier" während des Schießens befand. Also Aufruf an alle Experten des s c h w e d i s c h e n Schiffbaus : H E L P !---H E L P!---H E L P!!!!!!!
Joerg, wie komm ich an den Plan von "Orlogbasen" ran ? Hast Du dafür einen Link ?
Liebe Grüße Klaus
"Eigentlich bin ich ja ganz anders, aber ich habe zu selten Gelegenheit dazu "
"Fang' nie an aufzuhören, und höre nie auf anzufangen" (Joachim Fuchsberger)
Wie schon vor mehreren Beiträgen gesagt, die beiden Stangen haben Haken an den Enden, werden in entsprechende Augbolzen in dem herausnehmbaren Teil bzw. der Innenseite der 'Schießscharte' eingehängt, und dienen dazu, das 'Visier' daran zu hindern nach vorne herauszufallen. Der Haken am Steven scheint dazu zu dienen, das Visier nach unten zu zurren; es gibt ein entsprechendes Auge im Steventeil des Visiers. Zusammen ergibt das eine sichere Dreipunkt-Zurrung. Ich bin mir sicher, daß das Visier im Ernstfall von Bord gegeben wurde, da sonst nirgends Platz dafür war. Bei der 'Holsteinischen Schaluppe' von 1848 in der 'Orlogsbasen' scheint ein leichtes, herausnehmbares Schott die Schießscharte nach hinten abzuschließen, wenn das Geschütz eingerannt ist.
Diese Konstruktion kann man auch noch and den Schaluppen von der Mitte des 19. Jh. sehen.
Ansonsten: warum schreibst Du nicht mal an das Sjöhistorisk Museum bzw. das Reichsarchiv in Stockholm ?
gibt es für Deine Funktionsbeschreibung Quellenmaterial oder ist das Deine Annahme ? Der Satz ... "daß das Visier im Ernstfall von Bord gegeben wurde...." ist das so zu verstehen, daß das Vesier nach U N T E N geklappt wurde ?
Ich werde in jedem Fall jetzt an beide von Dir angegebenen Adressen eine Anfrage richten.
Mal abwarten, was von berufener Stelle für Informationen kommen.
Liebe Grüße Klaus
"Eigentlich bin ich ja ganz anders, aber ich habe zu selten Gelegenheit dazu "
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'Von Bord gegeben' bedeutet genau das, daß das Teil ausgebaut und an Land bzw. an Bord eines Begleitschiffes gelassen wurde. Da wurde nichts geklappt.
Kanonenschaluppen-spezifische Quellen habe ich keine, aber diese Art der Sicherung beweglicher Teile der Schanz usw. ist im Schiffbau weit verbreitet.
Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube in Fontanes 'Der Schleswig-Holsteinsche Krieg im Jahre 1864' sind Erlebnisberichte der Kanonenbootsbesatzungen in der Nordsee wiedergegeben aus denen die operationellen Bedingungen in solchen Booten ersichtlich sind.
Ich habe den Rat von Wefalk befolgt, und an die unter #24 genannten Institutionen ein Schreiben verfasst.
Könnte mir Jemand wohl dieses in einem guten "Marineenglisch" oder vielleicht sogar in Schwedisch übersetzen.
Beide Sprachen beherrsche ich leider nicht. Angebote nehme ich gerne als PN an. Bitte teilt mir dazu Eure private eMail-Adresse mit, dann schicke ich den Brief darüber zu.
Liebe Grüße Klaus
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Auch wenn ich nicht annehme, daß das auf den folgenden Foto-Link zu sehende geöffnete und nach vorne geklappte Bugvisier zwingend auch auf die Kanonen-Schaluppe des Typs 1808 zutrifft, so wollte ich Euch das Modell doch nicht vorenthalten. http://www.museo-opas.fi/sites/default/f.../_DSC0412_1.jpg
Das Modell steht im Ehrensvärdmuseet ( http://www.museo-opas.fi/sv/museet/ehrensv%C3%A4rd-museo ) und zeigt m.E. ein Artillerie Landungsboot Typ C der schwedischen Skärgårdsflottan. Falls daran Zweifel bestehen, ich habe das Modell anhand des Plans im The Mariner`s Mirror Vol. 75 S. 222 identifiziert. Das Vorschiff entspricht anscheinend der späteren Kanonen-Schaluppe, allerdings fehlen auf dem Plan das Knie und die Stangen die auf dem nachgezeichneten Plan zu sehen sind und über die wir diskutiert hatten.
Die Daten für das Artillerie Landungsboot Typ C aus dem Jahre 1776 Länge 63 1/2 Fuß Breite 13 1/2 Fuß Tiefgang 2 3/4 Fuß
Dazu läuft eine eMail-Anfrage zu weiteren Informationen wie Standort - Erbauer - Baupläne - weitere Fotos usw.
Klaus aus LG
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habe in Karlskrona unten angehängte Fotos gemacht. Sind leider nicht gut geworden. Ein Teildes Vorschiffes wurde so gebaut, dass es entfernt werden konnte.
Gast
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