Forum für historischen Schiffsmodellbau und Geschichte
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1805, 'SORCIERE', französische Mörserketsch bzw. Bombarde im Maßstab 1 :100
Fast 2 Jahrzehnte habe ich mich gedanklich damit befasst, ein Modell dieses Typs zu bauen. Natürlich (!) aus Kunststoff und als Wasserlinienmodell im Maßstab 1:100, passend zu meinen Epochal- Modellen. Die mir bekannten Pläne und Darstellungen waren nicht zufriedenstellend. Gesamtansichten wie die Ketsch bei Chapman oder der Huker von G. Macfie gaben nur grobe Anhaltpunkte. Aber vor einigen Jahren sah ich diese SORCIERE bei einem ehemaligen Schulkameraden in Amiens im Maßstab 1:50, nicht schwer, umzurechnen. Vermessen, Skizzengemacht, fotographiert. Ich war sicher, das dies ein authentisches Modell war, zumal ich ein fast baugleiches Modell bei einem Marinekameraden der 'Amicale de la marine de Dijon' eingehend 'studieren' konnte. Beim Rumpf handelte es sich eindeutig um den standardisierten Bark- Typ, der zu dieser Zeit nahezu baugleich in Westeuropa vorkam. Ich konnte also aus der Krabbelkiste Teile der ENDEAVOR-/ BEAGLE-/ BOUNTY- REIHE verwenden. Trotzdem war es von Grundauf ein Eigenbau. Viele Teile mussten grundlegend verändert werden oder aus ABS- Kunststoff neu geschaffen werden. Der tiefer in einer Pseudo- Kuhl auf einem einen Teil des Rückstoßes abfangenden Schlitten stehende Mörser ist aus einem großen Paixhans-Geschütz einer Dampfkorvette gefertigt. Die Lafette bzw. Raperte ist wie bei einem Horizontalfeuer-Geschütz unnötigerweise gezackt ( Modeer-scheinung ? ). Bei Bombketschen mit kleineren Kalibern waren die Mörser oft drehbar gelagert und zu zweit neben- oder hintereinander aufgestellt. Im Gegensatz zu anderen Mörserfahrzeugen mit ca. 4 leichten Geschützen hatte diese Bombarde 8 Drehbassen auf den Schanzkleiden. Sämtliche vom Großmast führenden Stage sind Spreitzstage, sodass ungehindert in Mittschiffslinie gefeuert werden konnte. Es wurde also mit dem Rumpf gerichtet. Der Klüverbaum ist das 'Korn'. Vor beiden Ankern liegend, wurden über das Deck laufende und am Horizontalspill belegte Taue an die Ankertrossen 'gesteckt'. Somit war eine Seitenrichtung gegeben. An den Tauen und an Deck waren Markierungen angebracht, die Feinkorrekturen beim seitlichen Richten möglich machten.
Geschichtliches: Erstmals hatte Frankreich seit 1680 Mörser auf Schiffen installiert. Der hier vorliegende modernere Typ könnte bei der Beschießung von Algier 1805 unter Konteradmiral Jerome Bonaparte teilgenommen haben ( die immerwährende 2 Jahrhunderte dauernde Bekämpfung der Barbaresken bzw. Berber- Piraten. Durch diese wurden die Handelswege in's Mittelmeer gewaltig beeinträchtigt.
Man stelle sich vor: Äußerer Bereich der Reede von Algier, leichte Dünung. Die SORCIERE liegt vor beiden Ankern, eine Kabellänge Abstand nach jeder Seite zwischen 2 großen Fregatten, jene vor Bug- und Heckanker, um verholen zu können und mit der Breitseite zur Küste weisend. Zur ergänzenden Bedeckung patrouillieren weitere Schiffe. Ein Ausfall der Piraten mit einigen Schebeken und Tartanen wird durch das massierte Ge- schützfeuer der Fregatten zunichte gemacht. Der Mörser der Bombarde ist geladen, die Höhe und Seite gerichtet. Der Feuerwerker schneidet die Lunte nach vorgegebener Flugzeit der Bombe unter Einbeziehung der Luftfeuchtigkeit -eine Wissenschaft für sich-. Die Treibladung wird mit einem gewaltigen Getöse gezündet, begleitet vom metallischen Klirren der Taljenhaken in den Augbolzen bei Rücklauf des Mörser-Schlittens. Das kleine Schiff erbebt. Einschlag, Detonation und starke Rauchentwicklung zwischen den Arsenalgebäuden und aufliegenden Schiffen. Der 'Ausguck' im Großtopp der einen Fregatte signalisiert eine erforderliche Korrektur. Es ertöt das 'Klank- klank' des Bratspills, um über die Anker warpend die Distanz zu verkürzen. Männer werfen sich in die Speichen des Horizontalspills, die Taumarkierung wandert und mit ihm der Klüverbaum. Erneut verlässt die funkensprühende Bombe den Mörser. Kurzzeitig kann man das Geschoss vor dem Scheitelpunkt seiner Flugbahn erkennen. Ein paar Sekunden später wächst drüben eine gewaltige Feuerblume auf, wahrscheinlich ein Pulvermagazin. Ein sich ausweitender Brand entsteht, der üppige Nahrung im geteerten Tauwerk der dicht beieinander liegenden Schiffe findet. Eine zweite Bombarde hat in den Beschuss eingegriffen und vollendet das Vernichtungswerk. In der Hoffnung, dass für absehbare Zeit Ruhe dort Ruhe herrschen wird, werden die Anker gelichtet, während die übrigen bedeckenden Schiffe der Division ihre Patrouille aufgeben und sich zum Geleit formieren.
Das war nun alles, was der kleine 'Kahn' hergibt. Demnächst geht es weiter mit dem Bau des Dreideckers ORIENT.
Alles klar vorn und achtern Tourville
Gast
hat folgende Bilder an diesen Beitrag angehängt
Ja, aber von der BOUNTY oder einem vergleichbaren 'Kahn 'ist nicht viel dran, abgesehen von den veränderten Bordwänden. Es entspricht tatsächlich der SORCIERE, wie ich sie in Frankreich zu sehen bekam.
Gleich,was für ein Werkstoff- authentisch muss es sein !
nachdem ich früher auch eine Zeitlang Plastikmodelle gebaut habe, finde ich es umso erstaunlicher, wie man bestehende Modelle so umbauen kann, dass es tatsächlich dann andere Schiffe ergibt! Prima gelungen, Dein Modell - insbesondere auch in dieser bewegten See Das würde doch einen würdigen Niederschlag in der Bildergalerie finden, oder nicht? Ich fände es toll ... und wenn Du noch ein paar Bilder mehr dazu finden würdest, würde glaube ich, keiner nein dazu sagen
Grüsse, Joachim
Schöne Grüße Joachim
Mein neues Buch in Deutsch und Englisch erhältlich: "Die Farbe Blau im historischen Schiffbau - von der Antike bis in die Neuzeit" siehe dazu: http://www.modellbau-muellerschoen.de
Hallo, schiffebastler. Habe mich nun mal auf Kunststoff eingeschossen- seit vielen Jahren- mit Pausen. Mein Ziel war immer dabei, Modelle aus jedem prägnanten Zeitabschnitt und im gleichen Maßstab zu bauen, neben der Malerei, Buchschreiberei und was man sonst noch zu tun hat. Da wollte ich mich erst garnicht mit Spantensägen und Leistenbiegen aufhalten, obwohl -wie man schon sehen konnte- ein gut und fachlich einwandfreies Holzmodell über jeden Zweifel erhaben ist. Da nun vieles vom Hersteller der Bausätze lieblos und ungenau gefertigt wurde, ergaben sich für mich zwangs-läufig entsprechende 'Eingriffe'. Und so wächst man hinein, erarbeitet sich gewisse Fertigkeiten mit diesem Werkstoff auch bezüglich der Ober- flächenbehandlung so z.B. die heute von auch mir eingestellte SOLEIL ROYAL, deren Bordwände hellholzfarbenem Mattlack grundiert wurden und dann mit einer Holzlasur zu der Tonstufe gebracht, die das Original auch gehabt haben muss. Das stellt mich dann auch zufrieden.
Gleich, welcher Werkstoff- authentisch muss es sein. Gruß tourville
Na, ob ein Holzmodell so viel mehr 'über jeden Zweifel erhaben ist', das ist nicht wirklich raus. Wenn man da solche Modelle, wie Deines sieht, dann ist das überhaupt nicht so! Wirklich prima gemacht und steht Holzmodellen in keinster Weise nach! Hätte ich früher geahnt, was man mit diesem Werkstoff alles machen kann, wenn's nur richtig gemacht ist, wäre ich möglicherweise dabei geblieben. Und wie Du schon sagst, es ist gleich, welchen Werkstoff man benutzt, die Schwerpunkte liegen nur anders. Grüsse, Joachim
Schöne Grüße Joachim
Mein neues Buch in Deutsch und Englisch erhältlich: "Die Farbe Blau im historischen Schiffbau - von der Antike bis in die Neuzeit" siehe dazu: http://www.modellbau-muellerschoen.de
Klasse geworden. Hast Du tatsächlich einen Rumpf der Revell-Bounty umgebaut?
Gruß Christian
in der Werft: Cutter Alert, 1777, HM Sloop Fly, 1776 - 1:36 auf dem Zeichenbrett: Cutter Alert, 1777, HM Sloop Fly, 1776, HM Fireship Comet, 1783, HM Boomb Vessel Aetna, 1777
Pause: HMS Triton, 1771 - 1:48
"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen." "Habe keine Angst vor der Perfektion - Du wirst sie nie erreichen" Salvador Dali
Salve, AnobiumPunctatum Ich kann es nicht mehr genau sagen, ob es Bounty, Beagle oder Endeavor gewesen ist. Jedenfalls hatten die ursprünglichen Rumpfwände die 'tragende Rolle', das Übrige ist meist Feilen, Fräsen (mit niedriger Drehzahl, sonst gibt's Brei), Ziehen über Kerzenflamme oder Umformen mittels umgebautem Mini- Heißluftgebläse. Man kann sogar kleine Leisten ziehen, wenn man zuvor den Gussgrat ( die verwende ich auch ) in die entsprechende Form gefeilt hat. 'Eisenbänder' wie auch die Schellen der Rohrzapfen stelle ich aus den Planteilen der Kunststoffsegel her, somit bleibe ich bei dem selben Kleber. Ja- mit Kunststoff lässt sich vieles anfangen. Aber es hat auch 2 Jährchen gedauert, bis ich da 'fit' gewesen bin.
Hallo, Schiffebastler Wenn du wirklich meinst, dass man von diesem Modell noch mehr zeigen soll ( soviel ist ja nicht dran ), verrate mir, wie ich weitere Bilder an den 'alten' Bericht dranhängen kann. Ich bin mit diesen Möglichkeiten noch nicht vertraut.
Editieren geht noch eine Woche, dazu einfach auf dem Anker "bearbeiten" unterhalb des Beitragsfensters klicken. Gerne schieben wir den ganzen Beitrag -wie auch die Soleil - in den Galerie-Ordner, dort wo sich die fertigen Modelle tummeln.
Danke Dir für die Auskunft. Wenn du sagst, Editieren geht noch eine Woche. Heißt das- gezählt vom ursprünglichen Beitrag ? Wie schafft man es bzw. du, 'ellenlange' Berichte einzustellen, die sich über einen größeren Zeitraum erstrecken, oder ist das alles gesammelt. Ich weiß, das ist bei 'Insidern' eine dumme Frage. Aber sei's drum.
Ich schaue, dass meine Einträge nicht viel mehr als 10 Bilder haben, da in vielen anderen Foren dies eine Grenze ist. Danach hänge ich einfach einen neuen Beitrag/Antwort an, genauso wie du gerade geantwortet hast. Auch dort lassen sich ja wieder neue Bilder einstellen.
Da bin ich beim Durchforsten wieder auf diese Bomb- Ketsch -ehedem BOUNTY- gestoßen. Ich vergaß damals zu sagen, dass ich sie eigentlich nicht gebaut hätte. Was Tolles ist es ja nun wirklich nicht.
Der Grund war folgender: Auf der 'Jagd' nach einem ganz bestimmten und seltenen Bausatz, den ich dann auch fand und kaufte, aber nicht bekam. Nach Hin-und her-Schreiberei mit dem vermeintlichen 'Preller' gestand mir dieser ein, dass er mir dieses Teil unmöglich verkaufen könn, da es unvollständig sei. Zum Trost für die geleistete Zahlung bekam ich dann 3 ( Kinder - ) Bausätze :Winkingerschiff/ Bounty/ Santa Maria. Da ich sie in dieser Form nicht selbst zusammenkleben wollte und ich keine Abnehmer fand, habe ich zwei davon eben 'umgestrickt', das ist eben diese Bomb Ketsch- Bounty und aus der Santa Maria wurde eine Conquistadoren- Nao. So war eben ein kleiner Anreiz gegeben und eine bessere Verwertung als ab in die Mülltonne.