Meine Enttäuschung nach dem Abbruch meines letzten Projektes war groß, Thomas hat mich wieder aufgerichtet.@emily.ndh Er hat offenbar konspirative Beziehungen nach Russland und surft da auf einschlägigen Forenseiten. So hat er mir schon vor Jahren den freeloading plan eines Gukors zukommen lassen, den ich dann bauen musste. Gestern schickte er mir den Plan des obengenannten Seglers. Es handelt sich um eine Brigantine mit einem seltsamen Namen. Die Beschriftungen auf dem Plan sind in spanischer Sprache, das Schiff führt die argentinische Flagge. Die russischen Forumsbetreiber haben den Plan offensichtlich aus spanischen Printmedien "abgegriffen". Der Plan ist nicht sehr detailliert, aber da kann man verbessern. Das Schiff war in Natura 33,2 m lang und 9,3 m breit.
Mit den dürftigen Angaben - Name, Jahreszahl und Flagge - habe ich dann im Internet recherchiert und wurde fündig:
Am 8./9. 2. 1827 kämpfte eine argentinische Flottille aus Schonern und Kanonenbooten auf dem Rio Uruguay oberhalb der La Plata Mündung gegen ein gleichstarkes brasilianisches Kontingent von Schiffen und siegte. Das dargestellte Schiff wurde offenbar anschließend gebaut, im gleichen Jahr zu Wasser gelassen und nach dem Tag des Sieges benannt. Es wurde von Anfang an als Kriegsschiff gebaut, darauf weisen die Geschützpforten und der Drehspill hin. Die an der Schlacht beteiligten Schiffe waren in der Mehrzahl bewaffnete Frachtsegler gewesen.
Um in diese Zeit einzutauchen, will ich über William Brown , den "father of the argentine navy" berichten. William wird 1777 als Sohn eines armen irischen Landarbeiters geboren. Vater und Sohn emigrieren nach Baltimore, dort stirbt der Vater an Gelbfieber. Der 16 jährige William heuert als cabin boy auf einem amerikanischen Frachtschiff an. Das Schiff wird von einem britischen Kriegsschiff gestoppt, William wird in den Dienst der britischen Krone gepresst. Er nimmt an dem Seekrieg gegen Frankreich teil, gerät in französische Gefangenschaft und flieht nach England. Hier heiratet er Elisabeth Chitty, die er noch im gleichen Jahr verlässt um in Lateinamerika zu Reichtum zu gelangen. Er wird Unternehmer und Kapitän eines Küstenseglers, den er "Eliza" nennt. Das um seine Unabhängigkeit von Spanien kämpfende Argentinien erhebt ihn zum Oberst der Marine und zum Flottenkommandanten. Brown ist einer der wenigen loyalen Personen mit maritimer Erfahrung. Er bewährt sich durch Tatkraft und Organisationstalent. Um 1825 wird der Privatman Brown wieder für die Marine gebraucht. Brasilien hatte 1816 die Provincia Oriental annektiert und Argentinien will sie zurückerlangen. Brown soll eine Flussflottille aufbauen und auch den Hafen von Buenos Aires sichern. Brown stellt ein Geschwader von einer Brigantine, 5 Schonern , einer Smack und 8 Kanonenbooten (einmastige, auch geruderte Fahrzeuge) zusammen. Größere Schiffe mit mehr Tiefgang können in diesen Gefilden nicht operieren. Brown verfügt über 69 Geschütze und forciert die Geschützausbildung. Der brasilianische Gegner ist etwa gleich stark. Vor der Insel Juncal im Rio Uruguay kommt es am 8./9. Februar 1827 zum Seegefecht, Brasilien verliert 15 Schiffe (12 werden gekapert, 3 verbrannt) Nach dieser Niederlage und zwei für Brasilien erfolglosen Landschlachten (Sarandi und Ituzaingo) schlafen die Kampfhandlungen ein. Nur die brasilianische Seeblockade des wichtigen Hafens Boenos Aires bleibt bestehen. Diese Aktion läuft den wirtschaftlichen Interessen England zuwider, das Empire erwirkt den Vertrag von Rio de Janairo 1828. Brasilien verliert die Provincia Oriental, aber Argentinien bekommt sie nicht. Es entsteht ein neuer Staat, Uruguay. An der Seeschlacht bei Juncal nehmen zahlreiche britische Marineoffiziere teil. Nach den napoleonischen Kriegen wird die britische Navy stark verkleinert und diese arbeitslosen Berufsoffiziere müssen sich in fremden Marinen verdingen.
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
So war der junge Kommandeur des an der Schlacht beteiligten Schoners "Maldonada" (8 guns) Francis Dummond, ein ehemaliger britischer Marineoffizier und gleichzeitig der Verlobte von William Browns Tochter. Dieser hatte seine Familie nachkommen lassen. Die Eheleute hatten vereinbart, dass die Töchter im anglikanischen Glauben (Mutter) und die Söhne im katholischen Glauben erzogen werden sollten (Irischer Vater). Sehr vernünftig! Die Browns hatten 8 Kinder. William selbst war vermutlich illegitimer Herkunft. Er nahm den Mädchenname seiner Mutter - Brown - an, an Stelle des Familiennamens Gamon.
Die Karte zeigt das neuentstandene Uruguay. Argentinien und Brasilien sind hier im Süden keine Grenznachbarn mehr.
William Brown gilt in Argentinien als Nationalheld. Straßen, Sportclubs und Marineschiffe wurden nach ihm benannt. So die Fregatte "ARA Almirante Brown". Auch Schulen tragen seinen Namen. Gut, in Augsburg soll es auch eine Volksschule geben, obwohl und so ...
Gruß Jörg
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Meine Vergangenheit holt mich wieder ein. Da habe ich die französische Handelsbombarde "Volonté de dieu" in meiner Sammlung. Ihr Seiten- und Spantenriss ist denen der neuen Brigantine sehr ähnlich. Darüber braucht man sich nicht zu wundern. Der französische Segler ist 1816 entstanden, die argentinische Brigantine 1827. Die in der zweiten Hälfte des 18. Jhs. übliche runde Bugform ist einer V-förmigen Gestaltung gewichen. Konkave Linien im Bugbereich sind aber noch nicht üblich.
Bild 1 zeigt die Risse der Bombarde. Wir sehen auch das Erzübel bei Sergio Bellabarba. Er setzt seine Spantenrisse immer in den Buchfalz und das führt zu verzerrten Wiedergaben. In Bild 2 segelt die Bombarde und sie segelt recht gut.
Das argentinische Schiff wird also rumpfmäßig und von den Maßen (Länge - Breite) ähnlich sein, aber das Rigg wird anders ausgeführt. Die Brigantine hat auch noch das Scroll, bei der Bombarde ruht der Bugspriet auf dem verlängerten Steven. Natürlich wird es interessant sein, welches Modell schneller fährt und ob sie die gleichen Kurse segeln können. Die Papierschablonen wurden auf 5 mm starkem Sperrholz aufgeklebt. Der Bau kann beginnen.
Gruß Jörg
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Eine Bergantine war ein italienischer Schiffstyp in Form einer kleinen Galeere, die im 13. bis 17. Jh. vor allem für Kurierfahrten verwendet wurde. Sie trug einen Mast mit Lateinersegel und bis zu 16 Riemen pro Schiffsseite. In der Endphase bedienten 2 Ruderer einen Riemen. Aus der Bezeichnung Bergantin wird im 18. Jh. der Begriff Brigg. Eine Bergantin Goleta ist eine Schonerbrigg, also eine Brigantine. Der ital. /spanische Begriff Goleta findet sich in dem türkischen Wort Gület wieder. Das ist heute ein motorisierter Schoner, mit dem glückliche Touristen eine "Blaue Reise" unternehmen können.
Hier ist eine davon von Marmaris bis in meinen Gartenteich gesegelt.
Die Firma Occre hat den Bausatz eine Bergantin - Goleta "Dos Amigos" und die Bergantin "Corsair" im Angebot.
Gruß Jörg
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Es war ganz anders und Andreas hat es wieder herausgefunden und belegt: Die Brigantine trug ursprünglich den Namen "Dona Januária" und wurde 1820 im brasilianischen Marinearsenal Pará gebaut. Sie hatte eine Länge von 24,08 m, eine Breite von 7 m und trug 14 Geschütze. 1825 beteiligte sich das Schiff an der Blockade des Hafens von Buenos Aires. Am 5. Februar 1827, also 3 Tage vor der Schacht bei Juncal , wurde sie von argentinischen Seestreitkräften geentert und erobert. Sie erhielt den neuen Namen "8. Februar". 1828 wurde sie in der Schlacht von Arregui von Oberleutnant Joachim Marques Lisboa (Schoner "Bella Maria") zurückerobert, bekam den ursprünglichen Namen zurück und trug wieder die brasilianische Flagge. Nach weiteren Einsätzen wurde sie 1845 desarmiert und außer Fahrt genommen.
Dónde está Pará Belem (Pfeil)
Danke, Andreas! Jörg
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Zitat von Gebbi im Beitrag #8Es war ganz anders und Andreas hat es wieder herausgefunden und belegt: Die Brigantine trug ursprünglich den Namen "Dona Januária" und wurde 1820 im brasilianischen Marinearsenal Pará gebaut. Danke, Andreas! Jörg
Wenn 1820, es sollte um portugesisches Schiff handelt, brazilianisch ab 1822.
1808 war der portugiesische Königshof vor Napoleon nach Brasilien geflohen. König Johann VI kehrt 1821 ins Mutterland zurück, sein Sohn Petro I regiert als Unterkönig Brasilien. 1822 wird Donna Januária als älteste Tochter Petros in Rio de Janairo geboren. Im gleichen Jahr erklärt Petro die Unabhängigkeit Brasiliens von Portugal und rebelliert somit gegen den Vater. Er erklärt das Land zum "Reino do Brasil" (Kaiserreich). Die Unabhängigkeit wird von zahlreichen Staaten, auch den USA (Monroe Doktrin 1823) anerkannt. Den Rufen von der Straße "Em baixo o Imperio" (Nieder mit dem Kaiserreich) kommt er mit einer liberalen Verfassung entgegen. Brasilien wird 1824 eine konstitutionelle Monarchie - bis 1889. Europa verharrt im Spätabsolutismus - Restaurationszeit -, es brechen immer wieder Revolutionen aus.
Donna Januária wird 1822 geboren, die Bergantin aber schon 1820 zu Wasser gelassen -- Da stimmt was nicht mit dem Namen.
Gruß Jörg
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Zitat von Gebbi im Beitrag #13 Donna Januária wird 1822 geboren, die Bergantin aber schon 1820 zu Wasser gelassen -- Da stimmt was nicht mit dem Namen.
Gruß Jörg
Ich vermute das Schiff wurde under anderen Namen gebaut. Erscheint erst im 1823 im brazilianische Flotte. Bist jetzt habe noch nicht gefunden, aber bin dabai.
Andreas von Mach
hat folgende Bilder an diesen Beitrag angehängt