1994 wurde bei Deicharbeiten nördlich von Eiderstedt ein Wrack freigelegt. Das archäologische Landesamt Schleswig Holstein beschloss, das Schiff zu bergen. Offensichtlich war es sehr alt und in einem erhaltenswerten, festen Zustand. Die Bergung gelang innerhalb von 9 Wochen. Es war Sommer und der Grundwasserspiegel war niedrig. Der Rumpf wurde mit einem Stahlkorsett versehen und in einen Tank mit Zuckerwasser versenkt. Innerhalb von 2 Jahren stabilisierte diese konzentrierte Zuckerlösung die Holzzellen. Das Schiff und zahlreiche Beifunde wurden in einem Erweiterungsbau des Schifffahrtsmuseums Husum ausgestellt. Das "Zuckerschiff" oder Uelvesbüller Wrack ist nach den dentrochronologischen Untersuchungen des verbauten Eichenholzes um 1600 entstanden. Reparaturen belegen, dass es ca. 10 bis 20 Jahre in Fahrt war. Das Schiff ist wohl im Sturm am Strackdeich gescheitert. Vor dem Adolfskoog genannten Erddeich war 1603 eine Bohlenwand aus senkrechten Eichenpfählen und quer angebrachten Fichtenholzplanken errichtet worden. Das Schiff wurde gegen diese Holzwand geworfen, auf der Backbordseite achtern brachen die Spanten und Planken, sodass das Fahrzeug versank. Die Annahme, dass es sich um ein "Erdschiff" handeln könnte, wurde verworfen. Erdschiffe waren ausgediente Fahrzeuge, die man in einer Deichbruchstelle versenkte. Das "Zuckerschiff" lag aber vor dem Deich und an Bord befanden sich noch zahlreiche Gegenstände von gewissem Wert. Zusätzlich zu dem Schiff wurde der hölzerne Ankerstock mit Tauresten gefunden. Der eiserne Ankerschaft war direkt unterhalb des Stockes abgebrochen. Es ist anzunehmen, dass die verzweifelte Besatzung mit dem Ausbringen des Ankers das Auflaufen verhindern wollte. Nach der Haverie haben Strandräuber das Wrack heimgesucht. Die Rundhölzer wurden entfernt, das Süll, die Ladeluken, das Schanzkleid, der Vordersteven und das Deck wurden abgebaut, Beil- und Sägespuren belegen dieses Vorgehen. Zahlreiche Gegenstände verblieben auf dem Schiff. Wahrscheinlich war es bereits zu tief im Schlick eingesunken.
Das ca. 12 m lange "Zuckerschiff" kann keinen bekannten Typ zugeordnet werden. Es war nach niederländischem Muster gebaut und der Abstand der Tiefgangsmarken (29 cm) könnte auf Groningen verweisen. Die Zimmerleute erstellten zuerst eine flache Rumpfschale bis zur Kimm (Übergang zu den Seiten) Die Planken wurden durch gebogene Balken mittels Holznägeln gesichert und verbunden. Die Abstände dieser Spanten sind recht unregelmäßig. Anschließend wurden die Auflanger errichtet und die Bordwände wurden hoch gezogen. Jeweils 2 Berghölzer stabilisieren dies Konstruktion. Diese niederländische Bauweise wird erst in der zweiten Hälfte des 17. Jhs. durch die Schriften von Nicolas Witsen und Cornelis van Yk beschrieben. Aus der Entstehungszeit des "Zuckerschiffs" haben wir nur Bildquellen, die nicht alle Typen wiedergeben. Das Aussehen der Schiffe war vom Fahrgebiet, den Hafengebühren und dem Frachtgut abhängig. Forscher bezeichnen das Wrack als Schmalschiff. Dies war eine Größenangabe und betraf Schiffe mit einer Maximalbreite von 4,70 m. Das Schiff hat Übereinstimmungen mit Heuden, Dammloopern und auch Dammschuten, aber sicher wurde auch lokale Schiffsbautradition eingebracht. Bemerkenswert ist, dass keine Abnutzungsspuren durch Seitenschwertern und auch keine Anbringvorrichtung vorhanden sind. Bildquellen machen deutlich, dass diese Kleinsegler um 1600 vielfach noch ohne Seitenschwerter segelten. Das "Zuckerschiff" war ein sogenannter Überwattfahrer. Es war wie ein Binnenschiff ausgeführt, segelte aber in der Frachtfahrt zwischen den Niederlanden und dem "kleinen Osten" (friesische Inseln). Zum Zeitpunkt der Haverie war kein Ballast an Bord. Es ist daher anzunehmen, dass es beladen und auf Kurs nach den Niederlanden war. Es wurden Reste von Saatgetreide gefunden.
Das erste Bild zeigt das ausgeprägte Flach in der Schiffsmitte und das piekförmige Achterschiff. Auf diese Weise erreichte man ein besseres Segelverhalten und das Ruder wurde angeströmt. Das zweite Bild zeigt eine Bragazzo. Es war ein Fischerboot und in der Lagune bei Venedig im Einsatz. Es ist ebenfalls ein Plattbodenschiff und hat zahlreiche Übereinstimmungen mit dem "Zuckerschiff" . Das überlange Ruder ersetzte die Seitenschwerter.
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sehr schöner Bericht über das sogenannte Zuckerschiff, das bezieht sich ja auf die Konservierung des Rumpfes. Vor vielen Jahren besuchten wir in Husum das Schifffahrts-Museum wo das Wrack ausgestellt ist.
Heute will ich über die Feuerstelle berichten. Sie war im Vorunter fest eingebaut. Um kein Copyright zu verletzen, habe ich rasch eine Zeichnung angefertigt. Die ca. 60 X 50 cm große Herdkiste stand auf der Wegerung. Sie war mit zwei Lagen von Ziegelsteinen ausgelegt, darüber befand sich noch eine weitere Lage von Bodenfliesen. Die feuerhemmende Rückwand vor dem Vordersteven war hochgezogen und mit glasierten Wandfliesen versehen. IMG_1262.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) Als Heizmaterial wurden Holz und getrockneter Torf verwendet. Verblüfft haben mich die Pfannen und Töpfe. Sie bestanden nämlich aus Ton. Nun gibt es ja heute noch den "Römertopf", aber effektiv ist dieses Verfahren nicht. Die Tongefäße stammen aus dem Wesergebiet und sind in Holland ab 1590 nachweisbar. Pfannen und Töpfe -mit Stiel (Steertpot) oder Henkel- haben jeweils 3 lange Füße und wurden in die Glut gestellt. Im Vorunter befanden sich rechts und links von der Feuerstelle zwei Pritschen zum Sitzen und Schlafen. Bei einem solch kleinen Fahrzeug "wohnte" wohl auch der Schiffsführer vorne, um möglichst viel Ladung mitführen zu können. Der Bugraum hatte keine Stehhöhe. Licht bekam er durch die offenen Einstiegsluke oder durch eine Tranfunzel.
Hier zwei weitere Feuerstellen zum Vergleich: Auf der Tartane (frühes 19. Jh.) stand die tragbare Feuerkiste an Deck. Ein eiserner Topf war über dem Feuer aufgehängt. Ber der marmortragenden Navicello (frühes 20. Jh.) stand der genietete Herd vor dem achterlichen Niedergang. Bei Bedarf wurde der Deckel hochgeklappt. Darunter befand sich ein Rost, ähnlich wie bei einem Grill heute. Im Mittelmeer wurde wegen der Wärme und der Feuergefahr zumeist außen gekocht.
Gruß Jörg
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Zitat von Gebbi im Beitrag #3...... Verblüfft haben mich die Pfannen und Töpfe. Sie bestanden nämlich aus Ton. Nun gibt es ja heute noch den "Römertopf", aber effektiv ist dieses Verfahren nicht. Die Tongefäße stammen aus dem Wesergebiet und sind in Holland ab 1590 nachweisbar. Pfannen und Töpfe -mit Stiel (Steertpot) oder Henkel- haben jeweils 3 lange Füße und wurden in die Glut gestellt. ......
Gruß Jörg
Das ist nicht verwunderlich. Wer schon mal von einer echten Tajine gegessen hat, weiß das es aus Tongefäßen besser schmeckt. Außerdem hält es länger warm ohne nach Eisen zu schmecken, da ja nicht alle Skipper gleichzeitig essen konnten. War also doch effektiv
Uwe vom Dunkelwald (lat.: Miriquidi)
Mitglied des Phantomprojektes Recherche: Fleute Zeehaen Kiellegung: Golden Hinde Fertiggestellt: Die Kolumbusflotte
Nein, Uwe, man verwendete die Tontöpfe nicht, weil es besser schmeckte oder weil die Mahlzeit länger warm blieb. Es war wohl eine Kostenfrage. Eisen war teuer. Da wurde auf dem Wrack ein Spaten gefunden. Nur das "Blatt", der Streifen unten, war aus Eisen. Der Anker. der brach. war wohl schon länger in schlechtem Zustand gewesen, aber man hat ihn nicht ersetzt. Die Bauteile des Schiffes sind mit Holznägel zusammengehalten. Nur bei Reparaturen wurden Eisennägel eingesetzt.
Ich diskutiere aber gerne mit Dir, mein Bester! @Marten
Gruß Jörg
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Das Uevesbüller Wrack war ein Küstensegler. Als es verunglückte, war es im Wattenmeer unterwegs. Es hatte die vorgelagerten Inseln Pellworm und Norderstrand passiert und scheiterte am Festlandsdeich. Es ist vermutlich kaum über die offene See gesegelt. Dennoch wurden Überreste von navigatorischen Hilfsmitteln gefunden. So wurde ein achteckiges Bronzeblech als Durchlauf einer Sanduhr identifiziert. Die flaschenförmigen Glasbehälter dieses "Sandläufers" sind verloren gegangen. Der zweite wichtige Fund besteht aus den Scherben eines Trockenkompasses. Die Scherben sind fast vollständig und ergeben eine runde Scheibe. Das Holzgehäuse wurde nicht aufgefunden. Weiterhin fand man die Reste eines Rinderhorns mit abgesägter Spitze. Hierbei könnte es sich um ein Signalhorn gehandelt haben. Bei den genannten Objekten handelt es sich um Zufallsfunde. So konnten noch weitere Hilfsmittel an Bord gewesen sein. Vorstellbar ist ein Lot. Die Spitze wurde häufig mit Talk versehen. Ein erfahrener Schiffsführer konnte an dem aufgenommenen Meeresboden die Position des Schiffes erkennen.
Gruß Jörg
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Dies sind meine Modelle mit dem Smack- oder Sprietsegel. B. Hagedorn, ein national gesinnter Autor vertrat noch die Auffassung, dass diese Segelausführung eine friesische Erfindung sei. (In: Die Entwicklung der wichtigsten Schiffstypen bis ins 19. Jahrhundert, Berlin 1914). Tatsächlich wurde das Sprietsegel aber schon von den Römern bei Kleinschiffen eingesetzt und bis zur Motorisierung hatten mallorcinische Fischerboote und andere Mittelmeersegler dieses Ausführung. Auch der türkische Küstensegler links im Bild führt dieses Segel, ebenso sein " Freund", die griechische Trechandiri. Der niederländische Bojer hat es in der Hochnockausführung und das Schmalschiff in der gemäßigten Art. Im 17. Jahrhundert wurde es dann vom Gaffelsegel abgelöst. Der schwere Sprietbaum wurde mitunter im Sturm zu einer großen Bedrohung für Boot und Besatzung.
Gruß Jörg
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Für das Schmalschiff war bereits die Fahrt über den Zuidersee ein gefahrvolles Unterfangen. Hier segelte man nämlich ohne Sichtkontakt zum Land. Die zeitgleiche britische Galeone hingegen unternahm Fahrten nach Spanien und Frankreich. 1607 segelte sie mit Auswanderern zunächst in die Karibik und anschließend die Ostküste nordwärts. An einem Fluss gründete man die Ansiedlung Jamestown, die erste britische Kolonie in Nordamerika. Das war 13 Jahre vor der Ankunft der "Mayflower". Hätten sich die beiden Fahrzeuge - ein Überwattfahrer und ein Seeschiff - begegnen können? Eine Fahrt der "Susan Constant" zur Weser oder Elbe ist nicht verzeichnet, aber durchaus möglich gewesen.
Gruß
Jörg
PS.: Zum Überwattfahrertum. - Ein Klassenkamerad wurde Marineoffizier. Für die höheren Ränge gab es nicht genügend Schiffe, aber Stellen in den Natostäben. So war er mehrere Jahre in Norwegen mit der Familie. Sie kauften sich ein geklinkertes Motorsegler und machten schöne Ausflüge in den Schären. Er wurde dann nach Dtld. versetzt, wollte sich aber nicht von dem Boot trennen. Mit seinem 15 jährigen Sprößling überführte er das Fahrzeug, immer in Sichtweise der Küste und von einem kleinen Hafen zum nächsten. Genächtigt und gekocht wurde an Bord. Das Schiffchen überwinterte dann bei den grauen Schiffen in Wilhelmshafen. Schließlich erreichten sie den Rhein und stellten fest, dass ihr Motor nicht gegen die Strömung ankam. Ein Lastschiff nahm sie in Schlepp. Einmal riss beim Anschleppen der Poller raus und hätte das Kind fast erschlagen. Endlich erreichten sie die Lahn, dort war der neue Ankerplatz. Nach einem Jahr verkaufte er das Schiff. Zu wenig Fahrfreude, zu viel Erhaltungsaufwand. War aber ein Härtetest für das Vater-Sohn-Verhältnis gewesen.
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War am Teich, wollte es wissen. Das Schmalschiff segelt recht flott für ein so kleines Modell. Segelverstellung und Ruderwirkung sind gut. Bin richtig überrascht. Später streikte der Ruderservo. In der Werkstatt das Deck geöffnet und einen neuen Servo reingefriemelt. Anschließend schob sich der Bojer durch die Wellen. Er hat ein schönes Fahrbild mit den beweglichen Seitenschwertern. Später ging die Anlenkung der Schratsegel nicht mehr. In der Werkstatt die Kistluke entfernt und den Hebelarm neu befestigt. Abschließend durcheilte die engl. Jacht die Wogen. Sie brauchte nicht in die Werkstatt.