ich bin Journalistin und baue nicht selber, sondern schreibe gerade über einen Kroaten, der sein Leben lang, vor allem nach dem Krieg, mit einfachsten Mitteln alte Segelschiffe nachbaut. Was mir für meine Recherche fehlt, ist eine kurze Geschichte des Modellbaus. Im Netz finde ich so gut wie nichts.
Nicht verifizieren kann ich z.b. die Aussage, das es Kaiser Wilhelms II. gewesen sei, der die Kultur des Segelschiffbaus in möglichst originalgetreuen Modellen für die Nachwelt festzuhalten. In der Folge entstanden historische Schiffsmodelle im Maßstab 1:50, die möglichst genau den Aufbau und die Takelung dokumentieren sollten. Dafür wurden wiederum eine Reihe Planzeichnungen angefertigt. Der maßgebliche Motor des Modellbaus und der Dokumentation war der Schiffbauingenieur Carl Busley. Stimmt das? und wo könnte ich das nachlesen?
Oder folgendes: Aus dem Jahr 1525 ist bekannt, dass konkurrierende Schiffsbaumeister dem venezianischen Staat Modelle ihrer eigenen Entwürfe zur Entscheidung über ein Schiffbauprogramm vorlegten, was wohl den Startpunkt einer ganz neuen Entwicklung im Schiffsmodellbau markierte....
Kann mir jemand Bücher, Aufsätze und Quellen zu dem Thema empfehlen?
die Geschichte des Schiffsmodellbaus ist so alt wie das Schiff selber. So sind Modelle als Grabbeigaben schon für Pharaonen bekannt. Alte Votivmodelle in Kirchen, Modellarbeiten von Seemännern oder Kriegsgefangenen zeugen schon früh von hervorragender Handwerkskunst. Einen der Höhepunkte des Schiffsmodellbaus erreichte man im 17. Jahrhundert mit den Admirality Models in England. Auch Zar Peter I. von Russland war von Modellen angetan, so dass er die so genannte Schatzkammer in St.Petersburg gründete, die sehr viele hervorragende Modelle enthielt. Du siehst, es ist kein einfaches Thema. Aber hier im Forum sind sehr viele Mitglieder des Arbeitskreises historischer Schiffsmodellbau vertreten. Sie können dir bestimmt tiefergehende Auskünfte geben.
erste Schiffsmodelle sind unter anderem als Grabbeigaben der Pharaonen bekannt. - Also nicht nur in 1:1, die Sonnenbarke, sondern wirklich Modelle! Unter anderem auch im Grab von Tutenchamun.
Ich vermute, es gibt sogar noch ältere...
Wenn Du auch nur bei den Pharaonen anfängst, hast Du bist heute einen ordentlichen Zeitraum abzudecken.
Eine "kurze" Geschichte des Modellbaus? - Gibt es nicht! - Die ist, meiner Meinung nach, genauso lang, wie die des Schiffbaus selbst. - Vielleicht wurden sogar zuerst Modelle gebaut und dann erst das erste Schiff. - Wer kann's sagen? Wer war dabei?
Wie gesagt, das ist so ähnlich wie: "Schreib' mal eine kurze Geschichte des Universums!"
Viel Erfolg!
Herbert
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Als Zusatz, zu dem was von meinen Kollegen schon gesagt wurde, wäre dieses Buch als Einstieg in den 'modernen' Bau von Schiffsmodellen - und nicht Modellschiffen (wie z.B. die Votivschiffe seit der Zeit der Pharaonen) empfehlenswert:
LAVERY, B., STEPHENS, S. (1995): Ship Models: Their Purpose and Development from 1650 to the Present.- 256 p., Rotherfield/UK (Press of Sail Publications).
Ihr immer mit euren Pharaonen. Da gibts auch Älteres: Ellmers, D., Zewi neolithische Bootsmodelle donauländischer Kulturen. In: A. Lang, H. Parzinger, H. Küster, Kulturen zwischen Ost und West. Berlin, 9-17.
Super, vielen Dank schonmal, vor allem für die Literaturangaben, ich muss das ja irgendwie belegen können. Merkwürdig nur, dass darüber noch nie jemand eine Zusammenfassung geschrieben hat, für die Originalschiffe gibts ja jede Menge.... Gruß Silke
Dann fangen wir mal an zu sammeln: Carl Busley, Geschichte der Segelschiffe,Berlin 1920, Reprint -ISBN978-3-8262-0238-4 und etwas über Ägypten: Göttlicher, Arvid, Materialien für den Corpus der Schiffsmodelle im Altertum, Mainz 1978, ISBN 9783805302494 Göttlicher, Arvid +Werner, Walter: Schiffsmodelle im alten Ägypten, Wiesbaden 1971. Landström, Björn, Die Schiffe der Pharaonen, Gütersloh 1974
Das hängt, wie schon gesagt, mit der Diversität des Gegenstandes zusammen. Um die 5000+ Jahre abdecken zu können, müsste man eben umfangreiche Kenntnisse haben, die von Symbolik, Archäologie, Kulturwissenschaften, Politikwissenschaften, bis zur Schiffbautechnik reichen. Zu einzelnen Gebieten gibt es schon Literatur. Die Funktion von Schiffsmodellen reicht eben vom Transzendentalen ('Seelentransport') bis zu Designhilfen im Schiffbau. Entsprechend reicht die Ausführung von der Darstellung der 'idee Schiff' (die sich natürlich an den jeweils zeitgnössichen Vorbildern orientierte) bis zu exakten Reproduktionen des Vorbildes in reduziertem Maßstab.
Werftmodelle im Maßstab 1:50 (oder 1'=4", was 1:48 entspricht) wurden schon lange vor Wilhelm II. hergestellt, auch um die Größe der eigenen Flotte z.B. museal zu dokumentieren. Es ist eine Tradition die wohl im 17. Jh. begonnen hat (siehe das von mir zitierte Buch). Napoleon I. z.B. hat für das Petit Trianon in Versailles eine Serie von Modellen seiner Flotte in Auftrag gegeben (die Modelle gehören heute zum Kernbestand des Musée de la Marine in Paris).
Hab ich zufällig grade in 'Ships and Sciene' von L. Ferreiro gelesen: anscheinend gab´s es zu Zeiten der Song-Dynastie (10. - 13. Jahrhundert) schon maßstabsgerechte Modelle, die, zusammen mit schriftlichen Instruktionen den eigentlichen Bau betreffend, an die weit auseinanderliegenden Werften geschickt wurden, um eine Standardisierung des Schiffsbaus - und der Schiffstypen - zu gewährleisten. Gab´s ja dann ein 'wenig' später auch in Europa ^^
Mehr als diesen Absatz gibt es leider nicht, es wird nur kurz die Verwendung von Modellen zur Herstellung von Schiffen angerissen. Aber es findet eine Fußnote dazu:
31. Deng, Maritime Sector, Institutions and Sea Power of Premodern China (1999), p. 18. I thank Gang Deng for providing additional information on this subject (kleines review zu diesem Schmöker hier)
Das Buch heißt übrigens 'Ships and Sciene: The Birth of Naval Architecture in the Scientific Revolution 1600 - 1800' (herausgegeben vom MIT als Teil einer Serie von Untersuchungen über die Wissenschaftsgeschichte), kann ich nur wärmstens empfehlen. Allein schon die Geschichte von P. Bouguer, der das Konzept des Metazentrums in den peruanischen Alpen (!) 'erfand', ist fazinierend genug, sich das Buch zuzulegen. Aber es kommen natürlich auch andere bekannte Namen darin vor, Euler, Jorge Juan y Santacilia, af Chapman usw.
Zitat von skf im Beitrag #6Super, vielen Dank schonmal, vor allem für die Literaturangaben, ich muss das ja irgendwie belegen können. Merkwürdig nur, dass darüber noch nie jemand eine Zusammenfassung geschrieben hat, für die Originalschiffe gibts ja jede Menge.... Gruß Silke
Ein Zusammenfassung über den Schiffsmodellbau würde alles bekannte in den Schatten stellen.......und kein Verlag würde dieses Mammutwerk verlegen.
Grüße
Robert
Und wenn mich dann die Arbeitswut packt,....setze ich mich ganz still in eine Ecke und warte bis der Anfall vorüber ist.
In der Werft: Knochenmodell "Royal Caroline" 1749 M 1: 50 Spantmodell Engl. 74 Kanonenschiff 1781 M 1: 50 nach M. Stalkartt Projekt Phantom M 1: 50