bei der Recherche zum Schiff in Verbindung mit dem Airfix-Bausatz offenbaren sich aktuell und sicherlich auch in Zukunft einige Fragen, die ich in diesem Thread gerne zur Diskussion stellen möchte:
1. Der Rumpf des Airfix-Bausatzes zeigt am Bug eine Verstärkung durch Platten (Metall oder Kupfer):
Disc_Bug.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Bei Original in Dundee sind diese Verstärkungen allerdings nicht auszumachen - zumindestens auf den Bildern, die ich bis jetzt gefunden habe. Auch bei diesem durchaus schönen Modell fehlt diese Stevenverstärkung:
Die Frage daher - eine Verstärkung des vorderen Rumpfes ist ja nachvollziehbar, um sich besser durch das Packeis arbeiten zu können. Wurden diese Platten vielleicht extra für die Expedition angebracht? Und wenn ja, aus welchen Material - waren es vielleicht auch nur verstärkte Hölzer?
2. Rumpfbemalung:
Die Discovery hat einen Holzrumpf - ist davon auszugehen, dass Pechschwarz für den Teerauftrag die beste Farbwahl darstellt? Oder sollte man den Rumpf in einem dunklen Braun halten und ggf. nur das Unterwasserschiff in schwarz halten. Denn ich denke mal, der rote Anstrich wurde nur aus ästhetischen Gründen später aufgetragen.
Ich weiß, am Ende siegt sicherlich der persönliche Geschmack - aber eine vorherige Diskussion hat schon immer mal wieder für neue Sichtweisen gesorgt
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
Hallo Marcel, es war durchaus üblich, Eisenplatten (oder Stahl, wenn vorhanden) auf die hölzerne Beplankung aufzubringen, wenn eine Polarfahrt ins Haus stand. Darüber kann man einiges über die verschiedenen verfügbaren Bücher über Polarschiffe nachlesen*. Üblich war es, den größten Teil des Bugs zu verkleiden (je nachdem, mit was für Eis man rechnen musste) und dann entlang der Wasserlinie, damit das scharfkantige Eis das Holz der Planken nicht angriff. Da ging es also nicht um die generelle Festigkeit, sondern um den Schutz der Aussenhaut.
Da die Discovery seitdem bestimmt mal wieder im Dock war um Planken zu tauschen, wird man die Eisenplatten entfernt haben, weil die dabei stören. Dass sie noch mal ins Packeis geht, damit ist ja wohl nicht zu rechnen.
Die rote Farbe des Unterwasserschiffes: Keine Ahnung, was die Discovery aussah, als sie mit Cptn Vancouver unterwegs war. Aber da die ja auch durch wärmere Gewässer gefahren sind, würde ich mal auf Kupferplatten tippen, damit das Schiff nicht vom Bohrwurm in Mitleidenschaft gezogen werden würde.
Schwarze Farbe überwasser: In der englischen Navy im ausgehenden 19. Jhdt. hatten sie doch schwarze Farbe für die Bordwände ?!
* aus der Schiffbau-Reihe bei Hinstorff / Delius Klasing gibt es auch ein Buch über die Polarforschungsschiffe. Vielleicht ist das mal ganz interessant für Dich und meistens für kleines Geld zu haben.
die Links sind genial - vielen Dank. Vor allem auch das letzte Foto - so eine Aufnahme habe ich gesucht :o)
@Thommie: Das Buch zur Fram habe ich - aber mir weicht das Schiff ein bisschen zu sehr von der Discovery ab, daher habe ich es bei mir mal unter "Sekundärliteratur" einsortiert und findet wohl eher bei der Ausstattung eine Berücksichtigung. Aber Informationen werden ja noch zusammengetragen, von daher ist das Ränkespiel meiner Bücher noch nicht zu Ende ;o)
ZitatDie rote Farbe des Unterwasserschiffes: Keine Ahnung, was die Discovery aussah, als sie mit Cptn Vancouver unterwegs war. Aber da die ja auch durch wärmere Gewässer gefahren sind, würde ich mal auf Kupferplatten tippen, damit das Schiff nicht vom Bohrwurm in Mitleidenschaft gezogen werden würde.
da frage ich mich doch, waren die Schiffe um 1900 noch mit Kupferplatten beschlagen? Der Bausatz suggeriert ja eher einen Holzrumpf ohne Beschlagung. Vielleicht ist man dem Bohrwurm in dieser Zeit eher mit der chemischen Keule oder durch einen dicken Anstrich entgegen getreten?!
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Kupferplatten oder nicht: Das kam ja wohl auf die Gegend an, wo man hin wollte. In den kalten Gewässern im Norden braucht man nichts gegen die Bohrwürmer, weil die dort nicht überleben konnten, aber Vancouver ist ja die Küsten hochgesegelt, während seiner Vermessungstouren. Da war das Schiff eben auch in gemässigten Breiten unterwegs und brauchte was gegen Schädlinge.
Ich weiss nicht, ab wann es chemische Beläge gab, die gegen Bohrwurm und solche Schädlinge halfen, meine mich aber erinnern zu können, dass es noch bis in die 1910er Jahre hinein üblich war, zu Kupfern. Andere Beläge (Bleimennige etc.) waren nicht so haltbar und wenn Du mit einem Expeditionsschiff auf große Fahrt gehst, brauchst Du langlebiges und zuverlässiges Equipment.
Das Buch, was ich meinte, behandelt zwar auch die Farm, aber auch andere Schiffe sind darin vorgestellt. Ich komme nur gerade nicht dran, weil der Raum mit meiner Schifffahrtsbibliothek bauarbeitenhalber versiegelt ist.
Das Buch heißt glaube ich "Die Polarschiffe" und behandelt insgesamt drei (?) Polarforschungsschiffe - ich muss auch mal in meiner Bibliothek forschen. Denn die Hinstorff/Delius-Klasing-Bücher sind mal in die hinteren Gefilden meiner Büchersammlung abgetaucht und mit der Discovery beschäftige ich mich offiziell erst ab heute... :o)
Zum Rumpf - scheint er vielleicht wirklich "nur" aus Holzplanken zu bestehen:
(...) Besonderes Augenmerk wurde dabei auf eine feste Außenhülle in Form von mehreren übereinandergelegten Beplankungen aus außergewöhnlich hartem Holz gelegt,(...) - Quelle Wikipedia.de
und im Buch zu Scott´s Expedition steht auch, dass die Discovery nur für antarktische Expeditionen gebaut worden ist. Liest sich ziemlich unmissverständlich, dass eine Reise gen Süden und in die Wärme definitiv nicht geplant war.
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Zitat von Bradhower im Beitrag #6... im Buch zu Scott´s Expedition steht auch, dass die Discovery nur für antarktische Expeditionen gebaut worden ist. Liest sich ziemlich unmissverständlich, dass eine Reise gen Süden und in die Wärme definitiv nicht geplant war.
Sodele, wie ist der Dampfer dann da runter gekommen in die Antarktis? Beam me down Scotty?!?
Zitat von Bradhower im Beitrag #6...und im Buch zu Scott´s Expedition steht auch, dass die Discovery nur für antarktische Expeditionen gebaut worden ist. Liest sich ziemlich unmissverständlich, dass eine Reise gen Süden und in die Wärme definitiv nicht geplant war...
Naja, soll ja schon vorgekommen sein, dass Schiffe im Laufe ihrer Lebensdauer in den unterschiedlichsten Gefilden eingesetzt worden sind - auch, wofür sie eigentlich nicht konstruiert worden sind. Und dann hat man sie entsprechend um- und ausgerüstet. Gerade die Kupferbeplankung ist so ein Thema: Hatte man als Fahrtgebiet eines vorgesehen, wo es keine Bohrwürmer gab, hat man auch nicht Kupfern müssen. Umgekehrt wurde das Kupfern notwendig, wenn es in Gegenden ging, wo sich der Bohrwurm wohl fühlte....
Die Eispanzerung ist auch so ein Thema: Auf der Themse brauche ich die eher nicht so (ok,ok, kann auch vorkommen), aber wenn ich Alaska vermessen will, könnten die schon mal notwendig werden.
Cpt Scott ist ja nur einer der Nutzer der Discovery gewesen. Wenn die Doku vom NDR/WDR Recht hat, ist die längste Tour die ausgiebige Vermessung der Küsten Amerikas unter Cpt Vancouver gewesen: 3,5 Jahre. Für genaueres müsste man wohl mal beim Museum die Aufzeichnungen der Reisen einsehen.
Das Gute ist, dass der Kahn unterwegs war, als es schon Fotografie gab und es müsste eigentlich jede Menge Fotodokumente geben.
Zitat von Bradhower im Beitrag #6... im Buch zu Scott´s Expedition steht auch, dass die Discovery nur für antarktische Expeditionen gebaut worden ist. Liest sich ziemlich unmissverständlich, dass eine Reise gen Süden und in die Wärme definitiv nicht geplant war.
Sodele, wie ist der Dampfer dann da runter gekommen in die Antarktis? Beam me down Scotty?!?
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das Buch "Die Entdeckung der Arktis" (Buchlink) ist zwar inzwischen in meinem Besitz, liefert aber keine interessanten Informationen zur Discovery. Dennoch, dass Buch ist echt super - sehr informativ und mit vielen schönen Darstellungen versehen. Dies aber nur am Rande - eine Buchvorstellung wird sicherlich kommen.
Naja, bleibt es wohl bei der Discovery bei den ersten "Erkenntnissen", die mir für den Rumpf aktuell auch reichen. Alles weitere wird sich dann beim Bau ergeben.
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Kupfer oder Muntzmetall-Beläge sind bis kurz vor dem 1. Weltkrieg bei (Kriegs)schiffen üblich gewesen, die sich längere Zeit in den Tropen aufhielten und für die es keine lokalen Dockmöglichkeiten gab um den Bewuchs zu entfernen. Dazu wurden Eisen- bzw- Stahlschiffe im Unterwasserschiff mit einer Holzhaut überzogen, auf die dann die Kupferhaut in der üblichen Weise aufgebracht wurde. Ein Aufbringen direkt auf der Eisenbeplattung ist nicht möglich, da sich dann Lokalelemente bilden und die eiserne Beplattung sich durch elektrolytische Korrossion langsam in Wohlgefallen auflöst.
Andererseits ist natürlich bei hözernen oder komposit-gebauten Schiffen der Kupferbelag bei Fahrten in die (Sub-)Tropen dringend erforderlich. Bei Eisfahrten stellt der Belag andererseits ein Risiko dar, da die Eisschollen den Belag leicht herunterreißen können. Ich meine mich zu entsinnen, daß bei solchen Fahrten im Bereich der Wasserlinie eine Holzpanzerung auf den Kupferbelag aufgebracht wurde. Bei Antarktis fahrten von der Nordhalbkugel aus wurde dieser Belag, wenn möglich, erst jenseits der südlichen Tropen aufgebracht, weil er sonst ja unterwegs möglicherweise mit Teredo navalis kontaminiert worden wäre und sich schon vor Ankunft in den Eisgebieten in Wohlgefallen aufgelöst hätte.
Antifouling-Farben für eiserne Schiffsrümpfe gab es seit etwa den 1860er Jahren (siehe z.B. STEINHAUS (1867) Der Eisenschiffbau). Sie basieren auf Kupfer- und Arsenverbindungen, die für viele aquatische Pflanzen und Tiere giftig sind (und nicht nur für die). In neuerer Zeit wurden vorallem organische Zinn-Verbindungen eingesetzt. Diese sind aber in den letzten Jahren wieder aus dem Verkehr gezogen worden, da es herausgestellt hatte, daß das Tributyl-Zinn (engl. TBT) eine endokrin wirksame Substanz ist und Genveränderung berwirken kann. Dies wurde z.B. durch Geschlechtsumwandlungen von Wellhornschnecken in der Nordsee beobachtet. Da vorallem Hafensedimente noch große Mengen von TBT enthalten, wird trotz des Verbotes, das Problem noch eine Weile anhalten. Die Antifouling-Farben wurden übrigens bereits in den 1860er Jahren in einer recht breiten Farbpalette hergestellt, d.h. rot, grün, blau, weiß, gelb etc.
Nebenbei: dank des leichten globalen (Wasser-)Temperaturanstiegs, der in den letzten Jahren zu beobachten ist und dank der milden Winter in den letzten Jahren konnte sich Teredo navalis schon bis in die Nordsee ausbreiten und verursacht große Schäden an hölzernen Landungsbrücken und ähnlichen Einrichtungen. Guckt euch also eure hölzernen Yachten sorgfältig an
ZitatGuckt euch also eure hölzernen Yachten sorgfältig an
Guter Tipp: Hoffentlich kommt es nicht so weit das Warnschilder aufgestellt werden müssen. Wie: Baden mit Holzbein auf eigene Gefahr! oder Bitte denken sie daran vor dem Baden das Brett vor ihrem Kopf zu entfernen. Ihre Kurverwaltung.
da sollte es in ein paar Jahren doch günstige Boote geben... denn nach dem Klimawandel, ist vor dem Klimawandel
Hallo Wefalck,
herzlichen Dank für die umfangreiche Erklärung, man lernt ja nicht aus, wobei ich auch immer dachte, irgendwann war die Zeit der kupferbeschlagenen Rümpfe einfach vorbei und es kam der Stahlrumpf, ohne diese "Zwitter"-Kombination innen Eisenplatten + Holzplanken + Kupferbeschlag. Von daher, hat sich der Horizont mal wieder erweitert.
Meine Discovery wird wohl einen tiefen dunkelbraunen Anstrich bekommen, sowie einen metallischen Ton für die Platten am Bug - dass sollte wohl später ganz gut wirken, denn komplett geteerter Rumpf ist ja auch nicht richtig schwarz.
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
In Ordeal by Ice (http://www.modellmarine.de/index.php?opt...artic&catid=205 steht über den Rumpf, dass vor dem Backdeck eine Schicht "ironbark" angebracht war, dahinter eine aus "greenheart". Dazu gab es am Bug Stahlplatten, die bis einem Meter hinter dem Steven angebracht waren. Auf den Fotos beim Stapellauf sieht man diese Platten auch.
Für mich sieht die Discovery auf den Fotos schwarz mit weißen Zierstreifen aus. Auf zeitgenössischen Bildern sind dazu der Schornstein und die Masten ockerfarben.
Kennst Du diese Bücher? Discovery illustrated von Skelton und Wilson The voyages of the Discover von Savours
das Buch von Bryan kannte ich gar nicht, dabei habe ich die Bibliothek von Modellmarine erst vor kurzem durchforstet und es ist mir nicht aufgefallen... Ist aber gleich mal vorgemerkt und danke für den Hinweis, was die Konstruktion des Vorstevens betrifft. In Sachen Farbgebung bin ich auch ganz bei dir und werde einen sehr dunkelbraunen Look mit einem weißen Streifen wählen. Die Masten und der Schornstein werden wohl, auch in Anlehnung an das Deckelbild des Bausatzes, entsprechend ockerfarbend gehalten.
Eine weitere Inspirationsquelle für die Decksaufbauten liefert neben der Fram auch die Grönland - hier gibt es eine nette Panoramaansicht: http://www.bremerhaven.de/images/panoram...and/groenland3/ - den Kartonbausatz von dem Schiff gibt es für kleines Geld im Bremer Schifffahrtmuseum, daraus kann man auch gut ein Wasserlinienmodell aus Polystyrol oder Holz fertigen. Aber da ich aktuell auch noch über die Endurance ein sehr schönes Buch lese, bin ich aktuell noch komplett im Recherchemodus und mag einen Bau noch gar nicht recht beginnen :o)
Das Buch von Savours habe ich da schon durchgekaut - ist aber leider etwas zu expeditionslastig. Das Buch von Skelton/Wilson steht da noch auf meiner Liste, ich kannte diese Buchversion nur von Shackletons Expedition. Enthält das Buch den viele Bilder vom Schiff?
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)