Ich habe gesucht und bin wieder bei Fredrick af Chapman gelandet. Bei Chapman und Karl Heinz Marquardt. Chapman liefert ausgezeichnete Pläne und Marquardt überzeugt mit seinen Beschreibungen. Ich habe bereits eine Katt nach den Vorgaben von Chapman gebaut und im Forum vorgestellt. Dieses Modell hat eine Kraiertakelung und ist ein Dreimaster. Das neue Modell soll ein Anderthalbmaster werden und wird eine Hukerjacht. Hier führt der Großmast ein Gaffelsegel und 3 Rahsegel, der Besanmast wird mit einem Gaffelsegel bestückt. Die Masten haben Salinge und Stengen. Ein Kattschiff definiert sich nämlich nicht durch das Rigg, sondern durch die Rumpfform.
Bilderklärungen: Bild 1 zeigt die zeitgleiche Katt mit Kraier-/Polackertakelung (1). Bild 2 ist eine Wiedergabe vom Plan XX, No 29 aus der ANM. Die Länge des Originals betrug 18,9 m, die Breite 5,9 m. Mein Modell wird 50 cm lang und 14,8 cm breit werden. Bild 3 gibt das Rigg einer Hukerjacht wieder ("Bemastung und Takelung von Schiffen des 18. Jh.", K. H. Marquardt, Rostock 1986, S. 168) Bild 4 zeigt die charakteristische Ausführung der Heckpartie bei einer Katt.
Nicolas Witsen bescheibt bereits 1671 das Kattschiff als eine Kreuzung zwischen Bojer und Fleute, William Falconer erläutert 1769, dass es nach norwegischem Muster geformt und im Kohlehandel beschäftigt ist (in "Universal dictionary of the Marine). Kattschiffe wurden von skandinavischen Staaten für den Holztransport und von den Engländern zur Kohlebeförderung aus den Midlands eingesetzt. Sie waren also Massenguttransporter. Wert wurde auf größtmögliche Beladungskapazität und geringster Bemannung gelegt um hohe Erträge zu einzufahren. Deswegen bekamen größere Katts zumeist das Polackerrigg. Jedoch sind bei Chapmans 10 Katten sechs (die Dreimaster) mit Fregattrigg versehen, 2 als Briggs getakelt (davon eine als Schnau) und 2 weitere als Jachten. Katts waren durch ihre völlige Rumpfform langsame Segler, sie trugen auch keine Geschütze. Im Kriegsfall waren sie im Geleit unterwegs. Die sehr einfachen, mit Tannenholz beplankten Fahrzeuge trugen keine Verzierungen und waren ohne Galion oder Gallerien. Es ist nicht einfach, sie von Barken zu unterscheiden. Sie hatten einen höheren und schmaleren Spiegel als vergleichbare Barken, da der Heckplankenverlauf höher gezogen war. Er endete oberhalb und außerhalb des Hennegats. Zur Verdeutlichung habe ich Bild 4 (das Heck des bereits gebauten Kattschiffes) eingestellt. Das rundgattige Schiff hat keine untere Gillung. Dafür gab es eine Zierleiste , die die obere Gillung mit dem Achtersteven verband. K. H. Marquardt hat eine klare Kattschiffbeschreibung in der Logbuchausgabe 1994/4 erstellt. Außer ihm kenne ich keine Autoren, die sich mit diesem Schiffstyp beschäftigt haben Das folgende Bild zeigt den durch horizontale Worpen gebildete Spantenbau im Heckbereich.Die Bleistiftzeichnung der vor Anker gegangenen Katten stammt von Willem van der Velde (dem Älteren), 1665.(2) Katten gehörten zu den meistverbreiteten Frachtschiffen im Ostseebereich im 18. Jahrhundert, sind aber heute weitgehend vergessen. Viele dieser Fahrzeuge werden nur kleinere Küstensegler gewesen sein, da Schiffer und Reeder kapitalschwach waren. Sie konnten die viele unausgebauten Häfen anlaufen oder am Stand trockenfallen um Ladung aufzunehmen. Ob es ein solches völliges Schiff mit einer aufwändigen Hukerjachttakelage gegeben hat, ist zweifelhaft. Der Schiffer brauchte eine größere Mannschaft um diese Segelfülle zu meistern. Mir kommt das Rigg entgegen, denn ich gewinne ein schnelleres Fahrzeug.
Gruß Jörg (1) Polacker: Das Wort stammt von dem lateinischen palus, zu deutsch Pfahl ab. Spanisch = polacra, franz. und englisch = polacre. Der Mast hat keine Salinge und keine Stengen. (2) Bilder aus "Bemastung und Takelage.." s.o.
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
Anderthalbmaster sind auch die englische Ketsch "Nonsuch" (1659)und die osmanische Saik (1770). Am Besanmast führen sie jedoch ein Lateiner-/Settiesegel.
Die Pinke hingegen ist eine einmastige Jacht und sie war zeitgleich in der Ostsee unterwegs. Auch sie hat eine charakteristische Gestaltung des Heckbereiches. Die oberen Bordwandplanken und die Decksplanken führen über das liegende Hennegatt hinaus und schützen das Ruder. Wie die Pinke wird die cat-sloop keine feste Bordwand bekommen, sondern nur eine offene Reeling. Das Achterdeck und die Back werden leicht erhöht ausgebildet. Unter dem Achterdeck war der Wohn- und Schlafbereich für die gesamte Mannschaft.
Gruß Jörg
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Waren James Cook's Endeavour und / oder Discovery dann auch Formen einer Katt? Sie sehen Deinem Modell hier schon ähnlich und waren ja, wenn ich recht weiß, ehemalige Kohletransporter. Allerdings natürlich in Good Old Great Britain und für die Nordsee gebaut. Sehr interessantes Vorbild und Modell. Die Heckpartie sieht sehr elegant aus, mit diesem schönen Bogen ...
Die engl. Cats - Whitby cats- waren nicht identisch. Es waren Barken. Die Whitby Cat "Earl of Pembroke" war vom Rumpf her eine solche Bark und ein Kohletransporter. Sie hatte aber ursprünglich dieses mannsparende Polackerrigg - Pfahlmasten. Mars- und Brahmsegel konnten vom Deck aus gesetzt werden. Dafür brauchte man Drehspills. James Cook ließ das Schiff - nunmehr HMS"Endeavour"- vor der Expeditionsfahrt mit gebauten Masten, Marsen, Salingen und Stengen versehen, also mit einer schwereren, atlantiktauglichen Takelage. HMS"Discovery", HMS "Adventure"und HMS "Resolution", Cooks spätere Schiffe, waren ebenfalls Barken aus Whitby. Die Ausformung des Hecks von Katten und Whitby Cats war unterschiedlich. Beide waren völlige Schiffe mit flachem Boden und Rundgatt. Sie konnten trockenfallen.
Heck der HMS "Endeavour", Standmodell
Gruß Jörg
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Das hat mich jetzt nicht losgelassen - Katt ... Cat .. woher diese Namensgleichheit bei so ähnlicher Form und fast identischer Funktion?? Kann das Zufall sein?
ZitatWilliam Falconer's 'Dictionary of the Marine' dated 1769, corrected by Thomas Cadell in 1780 defines 'Cat' as a ship employed in the coal trade, formed from a Norwegian model. The vessels are distinguished by a narrow stern, projecting quarters, a deep waist, and by having no ornamental figure on the prow (which was generally snub-nosed and vertical or square to the water.
Ist natürlich keine wissenschaftlich gültige Quelle ... aber Du verweist ja selbst auf Falconer und die Norweger ..
Auch spannend:
Zitat von Gebbi im Beitrag #1Ein Kattschiff definiert sich nämlich nicht durch das Rigg, sondern durch die Rumpfform.
Zitat von Gebbi im Beitrag #1Nicolas Witsen bescheibt bereits 1671 das Kattschiff als eine Kreuzung zwischen Bojer und Fleute, William Falconer erläutert 1769, dass es nach norwegischem Muster geformt und im Kohlehandel beschäftigt ist (in "Universal dictionary of the Marine). Kattschiffe wurden von skandinavischen Staaten für den Holztransport und von den Engländern zur Kohlebeförderung aus den Midlands eingesetzt.
und
Zitat von Gebbi im Beitrag #2Die oberen Bordwandplanken und die Decksplanken führen über das liegende Hennegatt hinaus und schützen das Ruder.
Schaut man sich die Chapman´sche Schnittzeichnung an, sieht man das Achterdeck über den Ruderkopf hinausschauend.. Und .. ähnlich jetzt die Withby Cat / Endevour - wobei ich zugebe, dass es dort nicht das Hauptdeck sondern das Achterdeck der Kabine ist..
Hier mal hübsche Photos von britischen "Cats":
Wenn man an den Photos mal dem - vermuteten - Decksverlauf folgt, könnte was Du für Katts beschrieben hast, auch an den Cats so sein, oder nicht? O.k. ich gebe zu, das erste Photo zeigt eine geschlossene Reling .. aber ist ja auch für die Nordsee = Mordsee
Schöne Bilder! Es fällt mir schwer, Barken/Whitby-Cats und Katten norwegischer Art zu unterscheiden. Der völlige Rumpf mit dem flachen Boden ist gleich. Es ist das Heck, das sie unterscheidet.
Die Katt hat einen schmalen Heckspiegel, die Whitby Cat einen breiten. So auch auf dem oberen Bild in Beitrag # 5.
Besser kann es der Lehrer nicht erklären....
Gruß Jörg
PS.: Der schlanke Heckabschluss bei der norwegischen Katt war vielleicht ein Überbleibsel vom Vorgänger, der Fleute. Die modernere Whitby Cat hatte mit dem breiteren Abschluss eine größere Arbeitsfläche auf dem Achterdeck und die Kabine darunter war geräumiger.
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Die Quellenlage ist dürftig. Und es tauchen immer die gleichen Autoren auf. Alan Villiers (Captain Cook, the seamen´s seaman) nennt die "Earl of Pembroke" eine Art vollgetakelte Katt. In den Briefen der Admiralität und der Marineverwaltung wird sie als "Katt-gebautes Fahrzeug" oder als "Katt-gebaute Bark" bezeichnet. K.H. Marquardt hat sich lange mit der für seine Wahlheimat wichtigen "Endeavour" beschäftigt und arbeitet in seinem AOTS Buch den Unterschied heraus: "Erstens, der Heckbalken einer Bark war immer nahezu gerade, resultierend in einer konkaven inneren Gillung .. Im Gegensatz dazu war der Stern einer Katt schmaler als der einer Bark, ohne untere Gillung und viel mehr gerundet..."(Endeavour, K.H.Marquardt, Bielefeld, 1995, S. 17). Meiner bescheidenen Meinung nach haben die Schiffbauer (Fishburn/Brodrick ?) in Whitby die norwegische Katt weiterentwickelt und ihr eine geräumige Heckkabine gegeben. Dadurch entwickelte sie sich hin zur Bark.
Um 1790 war Whitby der 2. bedeutendste Werfthafen in England und Wales. Neben den Werften mit zahlreichen Trockendocks gab es Reeperbahnen und Segelmachereien. Das Bauholz, dazu Hanf, Flax und Teer kam aus den baltischen Staaten - und wurde mit nordischen Katten angeliefert. In Whitby war eine große Flotte von Kohletransportern und Walfangschiffen beheimatet.
Gruß Jörg
Bildquelle: Umschlagsbild aus dem obengenannten Buch
PS.: Und das kann den Thomas interessieren: Vor der großen Reise bekam die Endeavour eine Spiekerhaut. 2te dünne Rumpfbeplankung dicht mit großköpfigen Nägeln bestückt. Beschädigungen dieser zweiten Haut wurden vom Schiffszimmermann bei einer Kielholung (careening) auf Tahiti festgestellt. Bei der Reparatur in Batavia wurde ein großflächiger Verlust der Spiekerhaut bemerkt. (obengenanntes Buch, S. 11) @emily.ndh Die Verkupferung des Unterwasserschiffes steckte noch in den Kinderschuhen und war sehr teuer.
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Wer, wie ich, gelegentlich mal ein Modell anfertigt, stößt immer wieder auf gleiche Lösungen. So sind der russische Gukor (1736), die cat-sloop (1769) und die bombarda da commercio (1816) Anderthalbmaster. Der Hauptmast ist zurückgesetzt und steht an der Gierachse des Schiffes. Das Volumen der achterlichen Schratsegeln entspricht dem der Vorsegel. Ein solches Schiff ist ein ausgezeichneter Langstreckensegler und benötigt wenig Steuerhilfe. Im westlichen Mittelmeer wird es Handelsbombarde genannt, in den nordischen Gewässern bezeichnet man es als Huker. Alle drei Handelsschiffe unterscheiden sich durch die Ausführung ihrer Heckpartie. Auch die britische Ketsch (1650) ist ein Anderthalbmaster.
Gruß Jörg
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Ein weiterer Segler mit einer eigenartigen Heckausführung ist die Pinke. Chapman hat in seiner ANM mehrere Pinken aufgenommen. 2 führen Fregatt-Takelung, die Mehrzahl sind Briggs/Schnaus, es gibt auch die Huker- (sic!) und Jachtvariante. Bei einer Pinke vereinigen sich die oberen Bordwandplanken hinter dem Ruder, der Ruderstamm führt durch das liegende Hennegatt. Das Ruder ist durch diese Ausführung geschützt. Auch die Pinke hat diese leichte Reling. Sie trägt insgesamt mehr Ornamentierung. Interessant ist, dass nach dem amerikanischen Befreiungskrieg zeitgleich viele Pinkies an der Ostküste entstanden. Sie wurden zum Kabeljaufang und als Küstentransporter verwendet. Die größeren Marbleheadschoner waren durch die Kriegseinwirkungen zerstört oder in den Häfen verrottet, die verarmten Kapitäne konnten sich nur noch die einfachen und kleinen Pinkies leisten. Diese blieben bis zum Ende der Segelschifffahrt im Gebrauch.
Gruß Jörg
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