Dieser Schiffstyp entstand in den Niederlanden um 1600 und wurde bis zum Ende des 18. Jhs. verwendet. Er war in den Niederlanden, England, Schweden in Gebrauch und wurde auch im Mittelmeerraum eingesetzt. Der zweimastige Segler war ein Küstenfahrzeug. Darauf weist der Ursprung der Bezeichnung Bélandre, bilander - by land/ in der Nähe des Landes - hin. Er hat große Ähnlichkeit mit einer Brigg, wobei beim Bilander der Großmast kein Gaffel- sondern ein Seteesegel führt. Dieses ist ein Lateinersegel in trapezförmiger Ausführung. Nachteilig war, dass dieses Großsegel auf Grund der schweren Rute schlechter zu handhaben war.
Der Schiffstyp Bilander definiert sich durch das Rigg, der Bootskörper ist zweitrangig. Da dieses Schiff in den Niederländen entwickelt wurde, verfügte der Bilander zumeist über den flachen und völligen Rumpf einer Galiot oder eines ähnlichen Fahrzeuges. Die Chapmanzeichnung (Bild 3 ) zeigt, dass aber auch Rümpfe von z.b. Handelsfregatten mit diesem Rigg versehen wurden.
Die Quellenlage zu dem Schiffstyp Bilander ist dürftig. In Fachbüchern, Lexika oder dem Internet wird er nur in einem knappen Absatz erwähnt. So erfährt man, dass der Schiffskörper mit einem Flach versehen war, über Pinnensteuerung verfügte, füllig war und selten über 100 Tonnen Tragkraft reichte. Aus diesen Angaben kann man auf einen niederländischen Küstensegler von ca. 20 m Länge schließen. Zwei Quellen berichten, dass der Bilander klinkerbeplankt war. Auch diese Angabe weist auf ein kurzes Fahrzeug hin. Es ist aber kaum vorstellbar, dass man extra ein geklinkertes Boot gebaut hat. Wahrscheinlicher ist, dass die Klinkerbeplankung bei sehr frühen Fahrzeugen ausgeführt wurde. Ob die südenglischen Schiffbauer eine eigene Rumpfform entwickelten oder die niederländische Bauweise übernahmen, ist mir nicht bekannt, ebenso habe ich keine Angaben zur Bilander im Mittelmeer. Hier war ja das Settesegel seit Jahrhunderten gebräuchlich und der Schiffstyp könnte unabhängig vom niederländischen Fahrzeug entstanden sein.
Wiewohl der Bilander ein Segler der Kleinschifffahrt war, gab es auch Fahrzeuge, die den Nordatlantik überquerten und Siedler nach Neuengland brachten. So 1735 der französische Bilander "Oliver" mit Zielhafen Philadelpia. Auf einer weiteren Reise verunglückte er vor Virginia.
Gruß Jörg
Quellenangaben: Bild 1: wiki/fr/Bélandre Bild 2: Stoy of Sail, V. Laszlo, London 1999, S. 153 Bild 3: ANM, F af Chapman, Berlin 1973, Plan LXII
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
Beim Bau eines Fahrmodells würde ich mich an die Abbildung oben -Bélandre - halten. Das Fahrzeug niederländischer Bauart führt Untermasten, Mars- und Bramstengen. Die Untermasten sind jeweils mit vier Wanten abgestagt.
Als Fahrmodell würde der Fockmast mit einem Drehgetriebe ausgeführt, Großmars- und Großbrahmsegel würden von den Segeln des Fockmastes mitgebrasst. Das Setteesegel würde gemeinsam mit Stagfock und Klüver angelenkt.
Zum Rumpf: Das Schiff verfügte über eine eingelassene Achterkabine, deren Dach mit der Reling abschloss. Die Pinne führte über das Kabinendach, der Rudergänger stand vor der Kabine und im Schutz des Roofs. Mitunter war das Roof eingelassen um so eine ausreichende Stehhöhe zu erreichen. Bei dieser Vertiefung wurden jedoch die Decksbalken unterbrochen und dies führte zu einer Schwächung der Festigkeit. Meist hatte das Roof daher nur eine Stehhöhe von 1,30 m. Bei diesen Küstenseglern wohnte gewöhnlich die ganze Familie auf dem Schiff und auf engstem Raum. Die Kinderzahl war hoch. Man wurde auf dem Schiff geboren und lebte dort. Die Schiffer litten schon in mittleren Jahren an Rheuma, denn die Wollsachen blieben meist feucht. Wenn das Schiff im Hafen keinen Platz fand und auf Reede lag, musste man auch nachts Ankerwache halten, das Be- und Entladen war harte Knochenarbeit. Bei einem Schiff, das in der Passagierfahrt eingesetzt wurde, war das Roof mit Sitzbänken ausgestattet. Auf dem Roofdach wurde häufig das Ankerkabel gelagert. Dadurch sollte verhindert werden, dass Brecher das Roof mit über Bord rissen. Direkt vor dem Roof stand der Großmast. Es folgte die große Ladeluke und anschließend der Bratspill. Dieser stand hinter dem Fockmast. Vor dem vorderen Mast war noch die Kistluke und eine Beting. Hier befand sich unter Deck das Kabelgat und das Vorunter. Ein Rahsegler brauchte eine höhere Mannschaftsstärke als ein gleichgroßes Fahrzeug mit Spriet- oder Gaffelsegel. So könnten 5 - 6 Mann dort gehaust haben. Für den Rumpfbau könnte ich den Plan des abgebildeten Hukers von 1830 nehmen. Er ist zwar ca 60 Jahre jünger, aber diese Formen haben sich wenig verändert. Gewöhnlich hatte ein als Huker bezeichnetes Fahrzeug einen weit zurückgesetzten vorderen Mast, aber diese Ausführung hier entspricht meinen Vorstellungen.
Gruß Jörg
Bild1: Wikipedia, Segelschiffe, Segelschiffstypen, Bilander Bild 2: Smakken-Kuffen-Galioten, H. Menzel, Bremerhaven 1997, S. 41
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
Du hättest auch was Positives zur Versprachlichung, zur bildlichen Gestaltung oder gar zur Wissensvermittlung anmerken können, aber mit Personen, wo diesen Vornamen tragen, habe ich leider bislang keine so guten Erfahrungen machen können. @zimtzucker@Tarjack Jedoch: IMG_7904.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Zählen tu ich auch nicht mehr....
Mit liebem Gruß Jörg
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
Die Mallen und der Seitenriß wurden vergrößert. 7 der 9 Mallen wurden bereits auf Pappelsperrholz geklebt und wollen ausgesägt werden. Zusätzlich habe ich die Ausformung der Bug- und Heckpartie abgepaust und ebenfalls aufgeklebt. Der Rumpf, der wo (Augsburger Idiom) entsteht, wird dann so ausschauen, host mi !
Gruß Jörg
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
Da will ich mal mit dem Baubericht fortfahren.... Die Mallen wurden ausgesägt und auf der Helling aufgestellt. Der Innenkiel wurde gesetzt. Zahlreiche Stringer wurden eingenutet. Es sind diesmal mehr, da der Abstand der Mallen groß ist. Der oberste Stringer sitzt in Höhe des Decks. Hatte wieder Ärger. Meine Premiummaschine von Kingcraft kann nicht mehr. Die Kohlen sind runter. Im Internet hatte ich passende Kohlen geordert, aber sie kontaktieren nicht. Hansi (Krallenpflege) und ich haben das Gerät viel benutzt, nun haben wir so ein ähnliches Ding vom Baumarkt. In Bild 2 steht der Bilanderrumpf neben seinen Halbbrüdern. Der Bojer mit dem Sprietsegel ist älter, das Kanonenboot mit dem Gaffelsegel ist jünger. Beide benötigten Seitenschwerter um den Kurs zu halten. Das Heck des Hukers war gepiekt und der Kiel war tiefer. So konnte er ohne diese Schwerter segeln.
Die Heck- und Bugpartien wurden mit Raspel, Schablonen und Augenmaß in Form gebracht, die Mallenkonstruktion wurde gestrakt. Der obere Abschluss des Rumpfes wurde durch eine 2 mm starke Lindenholzleiste festgelegt. Die Rumpfbeplankung wird mit 2 mm starken Balsaholzbrettchen ausgeführt. Auf beiden Seiten bin ich bis zum Flach hinuntergekommen. Der Rest wird jetzt einfach werden.
Küstensegler gab es in großer Zahl. Ihre Namen und ihre Fahrten wurden vergessen. Sie waren meist nicht an den großen Ereignissen der Geschichte beteiligt. Hier sehen wir die HMS "Supply" (1759) neben dem Bilander. Beide Segler sind Briggs und im gleichen Maßstab. Die britische Brigg hatte eine Rumpflänge von 24,2 m, der Bilander war 19,2 m lang. Er ist historisch nicht verbürgt, denn ich habe ihn nur nach Abbildungen und Zeichnungen erstellt. Es gibt verblüffende Parallelen. Die "Supply" war 27 Jahre als Versorgungsschiff der Navy zwischen der Themse und den Kanalhäfen unterwegs, also auch im Küstenverkehr.
Dann segelte sie als kleinstes, ältestes und schnellstes Schiff mit der First Fleet nach Australien und war nach Cooks "Endeavour" das zweite britische Schiff in Down Under. Die Stäflingskolonie wurde gegründet und die Brigg machte 10 Versorgungsfahrten zum Außenposten Norfolk Island. Als Hunger in der Kolonie wütete, segelte sie Leutnant Henry Lidgbird Ball nach Batavia und kaufte Lebensmittel. Er charterte auch die niederländische Schnaubrigg "Waakzaamheid", die im Dezember 1790 mit Verpflegung in der Botany Bay einlief. Ihr Kapitän Detme Smit übergab einem Stafgefangenen Munition, Flinte, Kompass und Cronometer, worauf dieser die Governeursschaluppe stahl und mit seiner Lebensgefährtin sowie weiteren Sträflingen davonsegelte. Leutnant Ball hatte sich in Batavia mit Leptospirose infiziert und war weitgehend dienstunfähig. Sein Stellvertreter, Master David Blackburn, segelt die "Supply" 1791 über Kap Horn nach England zurück. Die kleine Brigg hatte somit die Welt umrundet. Die Navy verkaufte sie für 600 Pounds und bis 1806 transportierte sie Kohle nach London.
Dem Bélandre wünschte ich auch so eine interessante Historie.
Gruß Jörg
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
Dieses Bild mit den beiden Briggs will ich Euch noch zeigen. Sicher ist die "Supply" größer und hat mehr Verdrängung. Aber wenn man den Bilander auf ein Buch stellt - es muss nicht unbedingt der Mondfeld sein- und die beiden Modelle auf gleicher Wasserlinie sind, erkennt man die Besonderheit. Das neue Gefährt ist ein Plattbodenschiff und hat ein flaches Unterwasserschiff. Diese Art von Rumpfform eignet sich für geschützte Gewässer wie das Ijsselmeer, das Wattenmeer und für Binnengewässer. Durch die große Bugfläche neigen diese Schiffe bei rauem Wasser zu Stampfbewegungen. Durch das Flach (harter Übergang von Seite zu Boden) tendieren sie zum Rollen um die Längsachse. Plattbodenschiffe sind daher häufig nur bedingt hochseefähig.
Gruß Jörg
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
Ich habe da was herausgefunden. Das will ich Euch mitteilen. Der niederländische Bilander und die griechische Trechandiri haben zahlreiche Übereinstimmungen. Das erste Fahrzeug war eine Brigg, das zweite eine Brigantine. Beide wurden im Küstenverkehr eingesetzt. Der Bilander segelte zu den friesischen Inseln, nach Frankreich und England, die Trechandiri machte Fahrten in die Adria oder das tyrrenische Meer. Letztlich waren sie nie weit von der Küste oder von Inseln entfernt. Es waren keine großen Frachtschiffe, denn sie bedienten kleine Hafenorte mit geringerem Frachtaufkommen. Der Bilander war flach gebaut. Auch die Trechandiri hatte nicht viel Tiefgang. So konnten sie in Flussmündungen und unausgebaute Häfen gelangen. Auffällig ist bei beiden Schiffen das übergroße Schratsegel am hinteren Mast. Bei dem Bilander ist es ein Seteesegel, eine Sonderform des Lateinersegels, bei der Trechandiri handelt es sich um ein Luggersegel. Dazu scheibt der italienische Autor Luigi Divari, ein ehemaliger Offizier der Handelsmarine: "Diese Segelkombination bewirkte durch den stark nach achtern verlagerten Druckpunkt eine bei Bedarf betonte Neigung in den Wind zu gehen. Dies ermöglichte leichtere und sicherere Wendemanöver, die bei den rahgetakelten Schiffen der Zeit nicht immer der Fall war." (Zitat aus Bragagna & Zeese, Schwerin, 2016, keine Seitenangaben) Mit Hilfe des großen Schratsegels konnten also diese Frachtschiffe in eingeschränkten Gewässern besser und schneller navigieren.
Gruß Jörg
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
Auch der amerikanische Schiffshistoriker H. Chapelle erwähnt den Bilander in seinem Buch " The Search of Speed under Sail 1700 - 1855", London 1967, S. 99 . So gab es in den Kolonien eine Anzahl von Bilander für die Fracht- und Passagierfahrt über den Atlantik. Nachweislich brachten in den Kolonien registrierte Bilander in der Zeit von 1725 - 55 deutsche Auswanderer nach Nordamerika. 1742 wurde ein Bilander in Newport, Rhode Island zur Kaperfahrt hergerichtet. Chapelle vermutet, dass das charakteristische Rig von britischen Fahrzeugen übernommen wurde. So hat das oben abgebildete Schiff den Rumpf einer Fregatte und nicht den eines niederländischen Plattbodenschiffs. John Lyman weist in "The Mariner´s Mirror" Vol. 49, No. 2, May 1942, S. 142 f nach, dass einige dieser Fahrzeuge in den Kolonien gebaut worden waren.
Gruß Jörg
Das Bild stammt aus dem oben erwähnten Buch von H. Chapelle, S. 99
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
Und hier noch eine erfreuliche Darstellung über diesen seltenen Schiffstyp.
IMG_3321.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Erstaunlich sind die Vielseitigkeit und der Arbeitsfleiß des Autoren.
Gruß Jörg
PS.: Im Foto 1 erblicken wir die Bohrmaschine von Kingcraft, ein Premiumprodukt. Es ist das allerletzte Bild, denn die Maschin hatte einem Motorschaden. Dieser wurde durch die negative Aura des Miriquel ausgelöst. Es hat mich sehr geschmerzt.
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!