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Sekundär- und moderne Literatur
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Bass William - Constitution - Super Frigate of many Faces - second phase 1802
Dieses bemerkenswerte Büchlein hätte eigentlich - auch von der Aufmachung - wunderbar in die AotS-Reihe gepasst. Aber der Autor musste es selbst verlegen - und es gibt wohl nur wenige Exemplare. Meine ist sogar handsigniert by Bill and Ethel Bass - und die "copy number 553" ...
Es ist das Buch der Eheleute Bass, die sich vor allem anhand der Corné-Darstellungen von 1803 und 1804 (Tripolis) intensiv mit dem Aussehen des Schiffes dieser Zeit beschäftigt haben und wunderbare Zeichnungen ihrer Interpretation (mit Herkules, mit Galerie- und Heckschmuck) angefertigt haben. Mir persönlich erscheint gerade die Heckansicht etwas zu statisch - die 8 Fenster (die beiden Flächen auf der Rückseite der Quartergalleys waren sicherlich Attrappen) - so haben wir es also im Prinzip doch mit einer frühen 6-Fenster-Konfiguration zu tun) sind mir einfach zu kerzengerade - es fehlt der Schwung, der sich aber wohl tatsächlich auch aus der meist schrägen Ansicht auf die geneigte und gewölbte Spiegelfläche ergeben mag - und bei Ansicht-von-hinten (im technischen Zeichnen) als "kerzengerade" darstellt.
Ach .. schön, dass ich das Buch für Euch aufgeschlagen habe - da ist ja alles wieder!!! Das ist sicher für viele eine deutlich hübschere Constitution. Man sollte ganz klar DIESE Version bauen - die neueren werden dann doch zu kalt und rational.
Ich mache Euch morgen mal ein Photo .. ein Augenschmaus!
Ansonsten: die Basses haben sich durch graphische Berechnungen die Positionen von Felice Corné beim Skizzieren der 1803er Seitenansicht erarbeitet und die Genauigkeit derselben durch Vermessungen belegt. Vieles wirkt auf dem kleinen Bild unpräzise - ist aber kaum genauer darzustellen - zumal mit "Wasserfarben"!
Es geht in einem Kapitel auch um die für Bass und Martin so misteriösen "Squared things" - die sie sich nicht erklären konnten. Für Speigatte des GunDeck seien sie zu tief - für Belüftungsöffnungen des Berth-Deck zu hoch. Bass favorisierte wohl die Idee, es handele sich um Bolzen, Muttern und rechteckige Druckeinleitungs-Unterlagscheiben von stählernen Querverstrebungen im Rumpf. Die Idee hat ihren Charme - man würde zumindest die Anschlagpunkte von solchen stählernen Querstreben sicher auch mit einer großen flachen "Scheibe" auffangen. Aber bei Betrachtung der digitalen Großaufnahme, bei Vergleich mit Roux´s USS President - denke ich: es sind Belüftungsklappen. Man müsste die Höhe im Verhältnis zu anderen Größen im Rumpf in Relation setzen, um das genauer zu prüfen. Es wäre höchst merkwürdig, wenn solche Extravaganzen und Schritte zum Holz-Stahl-Komposite-Bau hier unerwähnt geblieben wären, wo doch auch die diagonal riders erwähnt waren. Und es gäbe auch keinerlei Spuren von diesen Verstrebungen in der Geschichte. Wann entfernt? .. warum? .. Vorsicht: auf den 1870er Photos des Schiffes im Trockendock sind an ähnlichen Positionen tatsächlich wohl Bolzen und Unterlagen zu erkennen - aber die haben Werft-Technische Gründe!
Dieses Buch - zusammen mit dem Digitalen Mega-Jpg der Corné-Seitenansicht - sind eine ganz phantastische Grundlage für ein Modell - und ich würde wieder 120 $ zahlen, um es zu bekommen, hätte ich es nicht!
Die Bass´s haben - so wie ich das verstanden habe - das Buch wohl selbst verlegt, weil sie in den frühen 1980iger keinen Verlag gefunden haben, der es auflegt.
Hier eine graphische Rekonstruktion der vermutlichen Beobachtungsposition des Bootes, in dem Corné mutmaßlich Zeichnungen des Schiffes aufgenommen haben muss, als es 1803 oder davor noch im Hafen von Boston lag. Sie erklären einige der perspektivischen "Besonderheiten" dar Gemälde.
Linky eine leider sehr schwierig zu "lesende" schwarz-weiss-Vergrößerung des 1803 Corné-Side-View-Bildes.. rechts die darauf aufbauende "Bass´sche" Interpretation.
Hier die Darstellung des Unfalls, der zum Verlust des wunderschönen Herkules als Galionsfigur führte und die erste Version dieser langweiligen .. "Krull" notwendig machte.
Ein besonderes Kapitel ist diesen viereckingen "Squared Things" gewidmet, die man unterhalb der Kanonen sehen kann. Ich hatte darüber vor Jahren eine E-mail-Diskussion mit Cmd. Tyrone Martin, der mir erklärte, er habe mit W. Bass lange und ausführlich über mögliche Interpretation dieser "Rätsel" gesprochen. Für ein Speigatt / Scutter hielt es Tyrone Martin nicht, weil dafür die Position nicht korrekt wäre. Auch Lüftungsklappen für das Deck unter dem Gun-Deck scheinen nicht in der richtigen Höhe zu sein. Ihr "Ursprung" sind entsprechende "Markierungen" in der Corné Zeichung der Old Ironsides von 1803. Hier sind bewußt aufgemalte "Elemente" zu erkennen. Bass hat sie recht prominent in seinen Darstellungen gezeichnet.
Während Bass es wohl für "Bolzen und Viereckige "Scheibe" als Unterlage für eine Mutter" für eine stählerne "Querverschraubung" unter dem gesamten Deck hinweg hielt (also ein weiteres stählernes Element der aufkommenden Hybridbauweise), war Martin wohl auch der kritischen Meinung, dass es für solche Verstärkungen weder in den Unterlagen noch im dokumentierten oder aktuellen Schiff irgend einen Hinweis aus solcherlei Verstrebungen gibt. Er war sich damals nicht sicher, was er da sehen solle ..
Ich persönlich halte es für die Lüftungsklappen des Berthdeck - und diese vielleicht nicht an der "richtigen" Stelle angedeutet bei Corné .. aber.. das ist nur eine Vermutung und wer wäre ich, T. Martin zu widersprechen.
Leider haben die Bass´es es wohl nicht geschafft, ein weiteres Buch zu veröffentlichen, das die erste Phase oder spätere andere Phasen beleuchtet. Das ganze Projekt hat sich wohl finanziell nicht wirklich gelohnt. Sehr, sehr schade!
Leider haben sie es nur geschafft, diesen einen wunderschönen Band zu veröffentlichen. Ich vermute, dass es finanziell - und wenn ich Tyrone Martin richtig interpretiere - auch altersmäßig für keinen weiteren Band mehr reichte. Das Schiff wäre weitere Bänder dieser Art sehr wert!
Wobei natürlich: für die erste Phase gibt es nicht viel, was man als Bilder in einem Band zeigen könnte. Man hat ja da nur die Humphrey-Papers und Briefe und Berichte der Navy und Personen, die mit dem Schiff zu tun hatten.
Danach gibt es dann ja immer mehr Bilder und zu 1812 - 1815 ein Meer von Interpretationen !