2010 war ein schönes Jahr - ich war Mal wieder in der Bretagne. Sowieso schon schön hatte ich ein besonders tolles Erlebnis, welches ich hier gerne mit euch teilen will :-)
Viele tolle Segelschiffe alter Bauart verschiedenster Größen waren in den verschiedenen Häfen anzutreffen. Deswegen bin ich auch nach Douarnenez gefahren, ein malerischer Hafen, ungefähr auf halber Strecke zwischen Quimper und der Point du Raz, wo es ein Freilichtmuseum mit verschiedenen alten Schiffen gibt, von denen ich Fotos machen wollte.
Gegenüber dem Museum entdeckte ich eine kleine Werft, auf der gerade ein 15 Meter Langoustier nach alten Vorbildern der 1920er Jahre nachgebaut wurde. Das Spantengerüst stand, das Deck war beplankt, die ersten Bordplanken saßen auch schon – einfach wow. Während ich Fotos machte, sprach mich einer der Herren an, die auf dem Schiff arbeiteten, doch herauf zu kommen. Da ich noch die Familie und die lieben Schwiegereltern im Schlepp hatte musste ich ein paar Tage später noch ein Mal hinfahren – und es war schlicht phantastisch, weil sich einer der Herren eineinhalb Stunden Zeit nahm, mir alles zu zeigen und meine Fragen zu beantworten.
Das Schiff ist die Skellig, benannt nach den Fanggründen vor Irland, was auch ein bisschen auf die ähnlichen Mentalitäten der Leute dort und der Bretagne anspielen soll. Der aktuelle Stand kann hier eingesehen werden. http://www.unlangoustierpourdouarnenez.org/blog/
Und was ich dort gezeigt bekommen habe, daran möchte ich euch hier auch teilhaben lassen :-)
Hier ein schöner Film mit Einstimmung auf zum Museumshafen von Douarnenez et der Werft der Skellig: http://www.wat.tv/video/vive-patrimoine-...2tp_2fqwb_.html Sprache ist französisch mit schönen Museums- und Segelbildern, lasst euch nicht von den Interviews abhalten :-)
Als Erstes das Bild des "Archives", gegenüber der Werft. Die ganze Konstruktion ist auf den Erhalt der traditionellen Bauart ausgelegt, so dass neben dem Wissen der nur mehr wenigen alten Schiffsbauern auch viele Wracks auf ihre Konstruktion untersucht werden mussten.
Danach wurden die Pläne gezeichnet. Diese Holztafel ist der Masterplan in der Werft, wenn man genau hinsieht erkennt man die Bleistiftlinien der Risse :-)
Dies ist der Hangar, in dem die ganzen Zuschnitte getätigt werden. Hier wurde auch das Spantgerüst zu Baubeginn zusammengesetzt. Wenn ich richtig verstanden habe, mussten sogar ein Teil der Hallenstützen und der Vorderfront entfernt werden, da sonst das Schiff nicht hätte rauskommen können, da die Tore zu klein waren :-)
An der Wand die Schablonen der Spanten in 1:1.
Daneben hängen kleine Schablonen, die den Winkel anzeigen, in dem die Spanten am Bug und am Heck angepasst werden müssen, damit die Planken sauber anliegen.
Und noch ein schon lädiertes Modell des Gerüstes das als Orientierung gedient hatte.
Hier ein paar Bilder des Kiels vom hinteren Bereich bis nach Vorne:
Der Kiel ist oben stufig, damit die Spanten rechtwinklig aufgesetzt werden können. Gut kann man die Sponung erkennen.
Die Herren Schreiner beim Anlegen der Straklatte um den Verlauf der Spanten für die nächsten Bordplanken zu prüfen.
Die Spanten sind jeweils dreiteilig, mit dem Knie jeweils am Ort der stärksten Krümmung. Stärke ist zweimal 8 cm, und damit für ein Arbeitsschiff, dass mindestens 80 Jahre halten sollte, ganz gut dimensioniert. Der Anschrägung der Spanten für den Verlauf der Bordwände wird schon vor dem Zusammenbau grob gefräst – dazu dienten die oben gezeigten kleinen Schablonen – aber wie man am frischen Holz sieht muss vor Ort einiges nachgehobelt werden.
Hier im Bugbereich musste die Sponnung nachgearbeitet werden, da die Bordplanken sonst nicht flach hätten aufliegen können.
Denn so sauber sollte es aussehen.
Und hier noch einige frisch gestrakte und nachbearbeitete Stellen: also auch im Original war Nacharbeit angesagt bis es passt :-)
Im Gegensatz zu den Thoniers – den Thunfischkollegen – hatten die Langoustiers einen etwas längeren Bürzel, damit mehr Körbe drauf verstaut werden können. Die Schiffslänge mit 15 Metern hatte einen einfachen Hintergrund: für längere Schiffe hätte man ein höheres Kapitänspatent benötigt.
Was mich verwunderte war, dass nicht von unten nach oben geplankt wurde, sondern dass immer Plankenbündel gesetzt wurden und einzelne Plankengänge dazwischen freigelassen wurden.
Das hat den Hintergrund, dass sich zum einen sonst Fehler von oben nach unten durchaddieren würden. Die Plankenbündel werden immer neu am Spant ausgemessen und sitzen dadurch immer am rechten Fleck. Die freibleibenden Planken dazwischen werden erst ganz am Schluss genau eingepasst, und zwar so, dass sie die angrenzenden Plankenbündel in sich selber noch ein Mal zusammengeschoben und somit weiter verdichtet werden – quasi als Quetschpressung – und die Spalten zwischen den einzelnen Planken dadurch noch weiter minimiert werden.
Die Planken bekommen vor dem EInbau auch auf der Innenseite die jeweilige Rundung der Spant spendiert, damits gut passt.
Schön zu sehen die Verjüngung der Plankenbreite zu Bug und Heck hin.
Sämtliche Fügungen liegen immer direkt auf auf den Spanten, bzw laufen über zwei bis drei Spantenpaare. Ist ja auch logisch, sonst hängen die Enden in der Luft :-)
Hier der Abschluss am Heck:
Wie zu sehen ist vor allem hier die Biegung der Planken extrem:
Da Lötkolben zu klein gibts es dafür einen ganz einfachen Dampfofen: 1,5 Stunden Dampf, dann bleiben 2 Minuten für das Anbringen. Und wenn ein Mal gebogen, passen die Stücke nicht mehr in den Dampftopf und sind Ausschuss: Dass heißt vorher gut anpassen und dann schnell und sauber arbeiten!
Unter der Hangardecke hängt noch ein wunderbares altes Beiboot:
Hier noch ein Bild aus dem Museumsteil der Werkstatt: Interessant sind die Bilder der mittleren Reihe, die zeigen, wie die Spanten auf der Werft ausgerichtet wurden. Straklatten geben den Verlauf außen vor und Stützen vom Boden regulieren den Winkel der Spanten nach außen und Latten im Innenraum regulieren die Öffnung oben. Kurze Querlatte längs der Kielrichtung regulieren den Abstand der zueinander.
Das Kalfatern Das Kalfaterset mit verschieden breiten Eisen, ganz rechts des Eisen zum Öffenen der Spalte:
Im Museum daneben stehen einige schöne Modelle, darunter eines, das der Cap Sizun aus Audierne gleicht. Die Cap Sizun ist mit ihrem einen Mast als Thonier als Sloup getakelt. Die Skellig als Langoustier wird mit ihrem zweiten Mast als Dundee bezeichnet. Der hintere Mast (Tapecul/Brotwinner) erhöhte die Manövrierfähigkeit beim Aussetzen und Einsammeln der Langustenkörbe.
In Audierne liegt ein Thonier, der fast identisch zur Skellig gebaut ist, die Cap Sizun. Größter Unterschied wie weiter oben erwähnt ist die Länge des Hinterteils.
Hier noch ein paar Bilder der Cap Sizun zum Abschluss.
Im alten Arsenal-Forum von Gerard Delacroix gibt es einen herrlichen Baubericht. Leider kommt man scheinbar nur mehr dran, wenn man sich vor dem Zusammenbruch eingeschrieben hatte: http://forum.aceboard.net/5500-1899-3196...langoustier.htm
Auch eine Monografie gibt/gab es meines Wissens zu dieser Art Schiff, ich suche momentan noch danach ...
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
Extrem beeindruckend, diese Bilder! Aufschlußreich sowieso, vor allem, was die vertikale Rundung der Außenplanken angeht. Die sind nicht etwa perfekt geschliffen, sondern nur grob gehobelt, so daß die Plankennähte in einer Ebene liegen. Bei solchen Booten ist dann auch immer jede Planke zu erkennen, auch wenn sie unter noch so dicken Farbschichten steckt. Ein Anreiz für Modellbauer, ihre Modelle vielleicht nicht allzu exakt und fein zu schleifen, denn wir wollen doch keine GFK-Rümpfe kopieren :-)